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Von Bosnien, nach Tschetschenien und New York:
Massaker an Moslems. Der Fall von Srebrenica.
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 26.9.2001


 

Russische Panzer in TschetschenienDie Welt vergisst schnell – vor sechs Jahren ermordeten Soldaten der sogenannten jugoslawischen Volksarmee in Srebrenica mehr als 8.000 wehrlose Muslime. Der mutmaßliche Terror-Stratege Osama bin Laden wird heute – nach den blutigen Anschlägen in den USA – als Waffenlieferant der bosnischen Muslime hingestellt. Wird damit nachträglich das Massaker von Srebrenica gerechtfertigt? Bin Laden soll sich auch mit terroristischen Aktionen in den tschetschenischen Krieg eingemischt haben. Auch eine Rechtfertigung für die Massaker der russischen Armee an tschetschenischen Zivilisten? Die Attentate in den USA sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie auch der russische Krieg in Tschetschenien und das Massaker von Srebrenica. Vergeßt nicht die Opfer von Srebrenica! Was ist damals vor den Augen der Öffentlichkeit paßiert?

Bosnienkrieg 1992: Durch die Offensive serbischer Truppen seit April 1992 waren die bosnischen Städte Sarajevo, Bihac, Gorazde, Zepa und Srebrenica eingekesselt worden. Unter dem Eindruck schwerer Völkermordverbrechen durch serbische Einheiten stellten die Vereinten Nationen diese Städte unter ihren Schutz. In diesen Schutzzonen stationierten sie kleine Einheiten von Blauhelmsoldaten und entwaffneten Angehörige der bosnischen Regierungsarmee.
Im ostbosnischen Srebrenica und seinen Vororten lebten seit 1993 etwa 40 000 muslimische Bosnier, darunter Tausende von Flüchtlingen und Vertriebenen aus anderen Städten und Dörfern der Region. Im Oktober 1994 empfing die Gesellschaft für bedrohte Völker über Funk verzweifelte Hilferufe aus der belagerten Stadt. Seit Monaten waren kein Hilfskonvoi, keine Nahrung und keine Medikamente mehr dort angekommen. Doch die Welt mochte die Schreie aus Srebrenica und den anderen Schutzzonen nicht mehr hören.

Srebrenica wird überrannt und die Blauhelme schauen zu
Am 11. Juli 1995 wurde Srebrenica von serbischen Truppen unter dem Kommando von General Ratko Mladic eingenommen. Die sogenannten UNO-Schutztruppen leisteten keinen Widerstand. Auf die Besetzung der Stadt folgte eines der schwersten Massaker des Bosnienkrieges, bei dem schätzungsweise 8000 muslimische Bosnier ermordet wurden. Dieses Kriegsverbrechen wurde durch UNO-Sonderberichterstatters Tadeusz Mazowiecki sorgfältig dokumentiert. Doch auch ihm hörte damals schon niemand mehr zu.
Noch im Juli hatte er in der Region Tuzla unter Flüchtlingen aus Srebrenica umfangreiche Befragungen durchgeführt. Daraus geht hervor, dass serbische Einheiten am 12. Juli auf einem Fabrikgelände im Vorort Potocari - in unmittelbarer Nähe des UN-Quartierts, in dem niederländische Blauhelme stationiert waren - Tausende Muslime zusammentrieben. Sie selektierten Frauen und Kinder, um sie auf Bussen und Lastwagen Richtung Tuzla abzutransportieren.
Die zurückgebliebenen Männer - darunter auch Jungen und Greise - wurden abgeführt. Internationale Beobachter wie der unabhängige serbische Journalist Zoran Petrovic hörten Schüsse und Schreie aus den Fabrikhallen. Sie sahen die Leichen von Exekutierten sowie Berge von zurückgelassenen Kleidern und Habseligkeiten. Einige Männer wurden unter den Augen der Blauhelme durch Kopfschüsse ermordet.
Im Dorf Kravica hatten sich 2 000 Männer den Truppen Mladics ergeben. Sie wurden auf LKW's verladen und stundenlang in brütender Hitze herumgefahren. In der Nacht führte man sie bei Bratunac zu einem Platz im Freien, stellte sie zu fünft oder zehnt nebeneinander auf und erschoss sie. Ein Zeuge dieses Blutbades überlebte, indem er sich tot stellte und einige Stunden später in Sicherheit brachte. Amerikanische Satellitenaufnahmen von Bratunac zeigten die frisch umgebaggerte Erde von Massengräbern.

Abenteuerliche Flucht
Der Konvoi der Frauen und Kinder wurde mehrfach von serbischen Einheiten angehalten. Um die Weiterfahrt zu erkaufen, mussten die Menschen Geld und Schmuck abgeben, junge Frauen wurden von Soldaten aus den Lastwagen herausgezerrt. Etwa sechs Kilometer vor der Frontlinie hielten die Fahrzeuge an. Von dort aus mussten sich die Insassen zu Fuß auf das von der bosnischen Regierung kontrollierte Gebiet durchschlagen.
Ein Teil der Männer von Srebrenica hatte sich retten können. Schon am 10. Juli machten sich etwa 15 000 Menschen zu Fuß auf den Weg, vorwiegend Zivilisten, aber auch etwa 3 000 leicht Bewaffnete als Begleitschutz. Für viele dieser Menschen wurde es ein Todesmarsch. Immer wieder wurden die Fliehenden von serbischen Einheiten beschossen, über Megaphon forderte man sie auf, sich zu ergeben. Wenn sie dies taten, wurden sie häufig exekutiert. Die Kolonne zog sich in die Länge und fiel auseinander. Kleinere Gruppen und Einzelpersonen wurden von serbischen Soldaten willkürlich herausgegriffen und niedergemetzelt, während sich die anderen hilflos weiterschleppten.

Maulkorb für die Blauhelme
Niemand soll behaupten, das Massaker in der UN-Schutzzone Srebrenica sei überraschend gekommen. Längst war allen Regierungen im UNO-Sicherheitsrat klar geworden, dass das kleine Häufchen niederländischer Blauhelme im besten Fall sich selbst verteidigen würde. Der wochenlange Aufmarsch vor der Schutzzone war nicht verborgen geblieben. Bevor General Mladic den Großangriff befahl, ließ er provokativ einige Panzer auffahren, um festzustellen, dass die NATO-Luftwaffe nicht reagierte. Nachdem er Srebrenica eingenommen hatte, stieß der UN-Kommandeur mit ihm auf seinen Erfolg an. Wochenlang untersagte das niederländische Verteidigungsministerium den zurückgekehrten Soldaten, über die Morde an den Bosniern Aussagen zu machen.

Das Massaker von Srebrenica: Ein abgekartetes Spiel
Der Fall von Srebrenica war kein Versagen der internationalen Gemeinschaft, sondern ein abgekartetes Spiel. Die Großmächte haben die Vertreibung und Ermordung Tausender muslimischer Bosnier bewusst in Kauf genommen, um die ethnische Teilung des Landes zu besiegeln. Angesichts der Schreckensbilder aus Srebrenica entschlossen sich UNO und NATO zwar Ende August, die serbische Aggression mit Luftangriffen zu stoppen und die Friedensverhandlungen von Dayton zu erzwingen. Das Massaker von Srebrenica markierte somit den Anfang vom Ende des Bosnienkrieges.
Lebendig werden die Ermordeten davon jedoch nicht. Sonderberichterstatter Mazowiecki legte mit seinem Abschlußbericht zum Fall von Srebrenica sein Mandat nieder. In einem Brief an den Vorsitzenden der UNO-Menschenrechtskommission erklärte er, daß er, der in Polen gegen ein totalitäres Regime und für die Vision eines besseren Europa gekämpft habe, nicht länger daran mitwirken wolle, wie der Schutz von Menschenrechten bloß vorgespiegelt werde.


Siehe auch:
Linkwww.gfbv.it/2c-stampa/01-2/010731de.htmlLinkwww.gfbv.it/2c-stampa/01-3/010913de.html
Linkwww.gfbv.it/3dossier/cecenia/010613cecenia.htmlLinkwww.gfbv.it/3dossier/bosnia/indexbih.html (nur italienisch)
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