Sende diese Seite an deine FreundeSende diese Seite an deine Freunde
Offener Brief an den Vizepräsidenten der Regionalregierung Trentino-Südtirol, Roland Atz
Entschuldigen Sie sich und treten Sie zurück!
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 30.9.2001

Roland AtzSehr geehrter Herr Atz,
entschuldigen Sie sich und treten Sie zurück!

Ihre Äußerungen zu moslemischen Einwanderern sind eine Absage an die Menschenrechte, eine Absage an die Werte des christlichen Glaubens, eine Absage auch an Toleranz und Rechtsstaatlichkeit, die in Europa erst nach der Tragödie von Nationalsozialismus und Faschismus mühsam erkämpft werden konnten.

Ihr Aufruf, islamische Zuwanderer aus Südtirol auszusperren, ist ein eindeutiger Verstoß gegen das "Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung". Ihr Aufruf beinhaltet nämlich nicht - wie Sie sich selbst zu legitimieren versuchen - Maßnahmen zur Sicherheit der Bürger; Ihr Aufruf ist im Gegenteil eine pauschale Diskriminierung und Kriminalisierung einer gesamten Religionsgemeinschaft. Die Botschaft Ihres Aufrufs ist unmißverständlich: Islamische Zuwanderer sind eine Gefahr. Sie beschuldigen eine religiöse Gruppe kollektiv des Terrorismus. In Ihrer Logik handeln Sie auf dem gleichen Niveau wie die Islamischen Fundamentalisten, die den gesamten Westen als Feind ansehen. Die moslemischen Fanatiker rufen zum Krieg gegen den Westen auf; Sie gehen in Front gegen islamische Menschen. Wollen Sie den Krieg der Kulturen?

Ihr Aufruf zeugt von einer beschämenden Geisteshaltung. Sie nutzen die berechtigten Ängste der Bevölkerung für niederen Populismus aus, Sie versuchen aus dem Terroranschlag politisches Kleingeld herauszuschlagen. Das ist widerlich. Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung sind gerechtfertigt, doch Panikmache und Hetze gegen eine gesamte Religionsgemeinschaft und deren Kriminalisierung gehören zum Instrumentarium der rechtslastigen Politik. Wer Ihre bisherige politische Aktivität kennt, ist allerdings nicht überrascht, doch ist dies kein mildernder Umstand. Vielsagend ist diesbezüglich der Umstand, dass auch der Landtagsabgeordnete der neofaschistischen UnItalia, Donato Seppi, die Ausgrenzung der Moslems forderte und also mit Ihnen einer Meinung ist. Die Nachfolge-Partei des neofaschistischen MSI, Alleanza Nazionale, verlangte die Ausweisung von Afghanen aus den Arbeiterwohnheimen. Sie befinden sich also in ausgezeichneter Gesellschaft, rechts außen und weit weg von den Werten der Zivilisation.

Wir erinnern daran, dass viele Zuwanderer aus islamischen Ländern Flüchtlinge sind, vor den eigenen diktatorischen Machthabern, vor islamistischen Regimen. Wollen Sie sich durch die Abweisung dieser Menschen zum Komplizen dieser Regime machen? Ihre Haltung ist außerdem ein Beleg dafür, dass Sie Geschichte und Zeitgeschichte nicht kennen. Wie viele Christen waren und sind auch heute noch weltweit in übelste kriminelle Machenschaften involviert. Wir erinnern - um nur die jüngste Vergangenheit zu zitieren - an die bosnischen Muslime, die vor massakrierenden katholischen Kroaten und orthodoxen Serben flüchteten - und in Südtirol Unterkunft fanden (da Sie glücklicherweise diesbezüglich nicht das Sagen hatten). Im Namen ihrer christlichen Nation ermordeten 1995 serbische Soldaten in Srebrenica mehr     als 8.000 männliche Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Unter duldender Beobachtung des "zivilisierten" Westens. Ginge es auch hier nach Ihrer Logik, so müsste man zehntausende Christen aus verschiedenen Kontinenten in ihre Heimatländer zurückbeorden.

Mit Ihrer antiislamischen Attacke knüpfen Sie an Ihre berüchtigten Anti-Roma-Aussagen an, für die Sie vom Schiedsgericht Ihrer Partei gerügt wurden. Ihre moslemfeindlichen Aussagen diskreditieren Ihre Unterstützung für deutsche Minderheiten in Ost-Europa: Ein solch rechtslastiger Verbündeter erleichtert eine Delegitimierung der Forderungen der Minderheiten. Warum Ihr Engagement zugunsten der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen, in der auch Sprachgruppen moslemischer Religionszugehörigkeit vertreten sind? Werden Sie jetzt die Finanzierung der Fuev verhindern, weil dort auch Moslems Mitglieder sind? Doch kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass es Ihnen nicht um Minderheiten, sondern um kulturelle Hegemonie geht. Sie fordern eine verstärkte Aufnahme von Arbeitskräften aus jenen Ländern, wo deutsche Minderheiten leben. Muss man Deutscher sein, um bei Ihnen als "anständig" zu gelten?

Als Menschenrechtsorganisation fordern wir Sie eindringlich auf, sich bei den Moslems in der Region Trentino-Südtirol für die diskriminierenden Aussagen zu entschuldigen und als Mitglied der Regionalregierung zurückzutreten.


Siehe auch:
Linkwww.gfbv.it/2c-stampa/01-2/010731de.htmlLinkwww.gfbv.it/2c-stampa/01-3/010913de.html
Link an IndexINDEX
Link an HomepageHOME
Link an CopyrightCopyrightLink an SuchmaschineSuchmaschine - URL: www.gfbv.it/2c-stampa/01-3/010930de.html
WebDesign & InfoE-MailM. di Vieste