Langer-Preis für serbische Menschenrechtlerin Sonja Biserko gefordert
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Bozen, 11.1.2000

Die Gesellschaft für bedrohte Völker-Südtirol schlägt als Kandidatin für den Langer-Preis die serbische Menschenrechtlerin Sonja Biserko vor. Biskero, das Helsinki-Komitee und die Intellektuellen-Gruppe "Belgrader Kreis" zählten zu den wenigen serbischen nichtnationalistischen Oppositionsgruppen. Biserko hat schon frühzeitig vor der Politik des serbischen Präsidenten Milosevic gewarnt, besonders informierte sie über die Pläne und Politik der ethnischen Säuberung des Milosevic-Regimes.
Die GfbV hat von Biserko und ihrem Kreis viele vom serbischen Regime unterschlagenen Informationen erhalten. Nach der Unterzeichnung des Dayton-Vertrages war Biserko einige der wenigen serbischen Intellektuellen, die eine strikte Bestrafung der serbischen Kriegsverbrecher verlangte und die Rückkehr aller Vertriebenen.

Sonja Biserko wurde 1948 geboren, war als Diplomatin Jugoslawiens in London und in Genf stationiert. 1991 trat sie wegen Milosevic aus der KP aus. Sie leitete das Belgrader Helsinki-Komitee und war Mitglied im "Belgader Kreis", einem renommierten Intellektuellenzirkel.
Sonja Biserko hat den Krieg im ehemaligen Jugoslawien ungeschminkt als serbischen Aggressionskrieg bezeichnet. Laut Biserko planten die serbischen Kriegsherrn die Vertreibung der Nicht-Serben. Die Massaker waren Teil der ethnischen Säuberung. Für Biserko hat sich Milosevic, sein Regime und die Armee eines Genozids und Völkermords schuldig gemacht (in Kroatien und in Bosnien).

Biserko hat den Nato-Einsatz gegen Serbien begrüßt. Die serbische Verfolgung von "Terroristen" in Kosova hat laut Biserko den Westen gezwungen, den Konflikt endlich als eine Abfolge von Angriffs- und Eroberungskriegen zu benennen. Biserko wirft Milosevic im Kosova-Konflikt vor, die vollständige Vertreibung der Kosova-Albaner geplant zu haben.

Biserko richtet ihre Vorwürfe aber auch an die breite Mehrheit der serbischen Bevölkerung. Die Bevölkerung weigert sich, mit den Grausamkeiten, die in ihrem Namen im ehemaligen Jugoslawien geschehen sind, auseinanderzusetzen. Die Menschen in Serbien unterliegen einer umfassenden Selbstverleugnung, die in sich selbst gleichrangig ist mit dem Verbrechen, das vor den Augen der Welt stattfand.

Warum den Langer-Preis an Biserko? Zur Erklärung ihr Artikel über die "Entnazifierung", Demokratisierung und Internationalisierung Serbiens, erschienen in IWPR´S Balkan Crisis Report, Nr. 23:

Serbien weigert sich, sich der Politik der Vergangenheit zu stellen, ganz zu schweigen von den Verbrechen, für die es in den vergangen zehn Jahren verantwortlich ist. Milosevic ist der Hauptverantwortlich für die vom Regime verursachte Katastrophe in Slowenien, Kroatien, Bosnien und Kosova. Es folgt darin jedoch dem kollektiven Bewußtsein eines großen Teils der serbische Elite und verlieh im Ausdruck. Ein solches Serbien kann nicht ohne massive Unterstützung der internationalen Gemeinschaft auf eine Integration in den "mainstream" der europäischen Strukturen hoffen. Nach einem Jahrzehnt gescheiteter Balkanpolitik ist es entscheidend, daß die Demokratien in den USA und Europa Langzeitvisionen für die gesamte Region entwerfen. Sie muß beginnen mit der Entnazifierung Serbiens. Ein Marshall-Plan und eine langfristig angelegte Struktur der Sicherheitsorgane sind ebenfalls grundlegende Vorbedingungen für dauerhaften Frieden und Stabilität.
Im Januar 97 hat Biserko und das Helsiniki-Komitee einen Runden Tisch zum Thema Flüchtlinge in Belgrad organisiert. Die Forderungen damals, auch heute noch aktuell:

Sonja Biserko hat zweimal einen serbisch-albanischen Runden Tisch organisiert. Der Dialog war möglich, so ihre These. Heute plädiert sie dafür, ein UN-Protektorat auf das gesamte ehemalige Jugoslawien auszudehnen - mit der Auflage, das Land zu "entnazifizieren". Der Langer-Preis an Biserko ist ein Signal an jene, die sich seit langem gegen den Nationalismus stellten. Der Preis ist auch eine Anerkennung für eine Person, die sich dafür entschuldigte, daß auch in ihrem Namen Verbrechen verübt wurden. Eine Haltung, die für Alexander Langer immer vorbildlich war.
 
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