Osttimor: Mitverantwortung westlicher Regierungen für Völkermordverbrechen verdrängt
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Bozen, Göttingen, den 31. August 1999
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt den weitgehend friedlichen Ablauf der Volksabstimmung in Osttimor, die einer von Genozid betroffenen Nation die Möglichkeit gegeben hat, in freien Wahlen über den zukünftigen Status ihres Landes zu entscheiden. Die verständnisvolle umfassende internationale Berichterstattung, die das osttimoresische Problem jetzt in den Medien der westlichen Welt erfährt, ist erfreulich. Sie erinnert aber auch daran, dass der Völkermord in Osttimor weitgehend unter Ausschluß der Weltöffentlichkeit geschehen konnte. In dem Vierteljahrhundert der indonesischen Unterdrückung, Verfolgung und Vernichtung der Osttimoresen gab es weder ein öffentliches Interesse noch eine erwähnenswerte Berichterstattung der meisten Medien der westlichen Welt.

Menschenrechtsorganisationen wie die GfbV, die bereits Anfang 1976 die grauenhaften Verbrechen in Osttimor dokumentierten und öffentlich zu machen suchten, fühlten sich zwei Jahrzehnte lang allein gelassen. Sie stießen auf sehr wenig Echo, so dass Proteste gegen den Genozid meist ungehört verhallten. Erst die Verleihung des Friedensnobelpreises an den osttimoresischen Bischof Belo und José Ramos Horta führte zu einem deutlichen Medieninteresse. Der nicht weniger mutige osttimoresische Bischof de Costa Lopez starb verbittert und einsam im portugiesischen Exil, nachdem er vom Vatikan wegen seines wiederholten friedlichen Widerstandes gegen das Völkermordverbrechen abberufen worden war.

Die GfbV erinnert an die Mitverantwortung westlicher Regierungen für die Ausrottung von einem Drittel der Bevölkerung Osttimors. Einen Tag vor dem indonesischen Überfalls auf Osttimor ermutigten der amerikanische Außenminister Henry Kissinger und Präsident Henry Ford den indonesischen Diktator Suharto am 6. Dezember 1975, schnell zu intervenieren. Australien erkannte die Annexion Osttimors durch Indonesien an, obwohl indonesische Truppen schon am 20. Oktober 1975 fünf australische Fernsehjournalisten und am Tag des Überfalls, den 7. Dezember 1975, den australischen freien Journalisten Roger East ermordet hatten.

Bereits einen Monat nach dem indonesischen Überfall - im Januar 1976 - legitimierte die deutsche Regierung unter Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher den indonesischen Überfall in der Vollversammlung der Vereinten Nationen durch Stimmenthaltung, obwohl inzwischen bekannt war, dass bis zu diesem Zeitpunkt schon 60.000 Timoresen, darunter 20.000 Osttimorchinesen, ermordet worden waren.
 

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