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Erste Todesurteile wegen Unruhen in Tibet 2008

Opfern der Gewalt in Tibet widerfährt keine Gerechtigkeit

Bozen, Göttingen, 8. April 2009

Nomadenkind in Tibet. Nomadenkind in Tibet.

Nach der Verhängung der Todesstrafe gegen zwei Teilnehmer an den Demonstrationen in Tibet 2008 am heutigen Mittwoch hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) den chinesischen Behörden vorgeworfen, den Opfern der Gewalt in Tibet jede Gerechtigkeit zu verweigern. "Die Todesurteile sind Ausdruck einer Unrechtsjustiz, die alle international anerkannten juristischen Grundregeln ignoriert", erklärte der GfbV- Asienreferent Ulrich Delius. So sei den Angeklagten jeder angemessene Rechtsbeistand verweigert worden. Ihr Urteil habe im Prinzip schon vor Beginn der Verhandlung festgestanden.

Die beiden Männer wurden heute wegen ihrer Beteiligung an gewaltsamen Protesten in der tibetischen Hauptstadt Lhasa im März vergangenen Jahres von einem chinesischen Gericht zum Tode verurteilt. Die Strafe wird nicht sofort vollstreckt, sondern hat aufschiebende Wirkung. Zumeist wird sie nach einer gewissen Zeit in lebenslange Haft umgewandelt.

"Statt nach den Ursachen des Gewaltausbruchs in Lhasa zu fragen, werden seit Monaten wahllos Tibeter in geheimen Gerichtsverfahren verurteilt, um jeden neuen Protest im Keim zu ersticken", sagte Delius. Doch Peking müsse endlich die Zuwanderung aus anderen Landesteilen Chinas nach Tibet eindämmen, um eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern. Außerdem kritisierte der Menschenrechtler, dass chinesische Sicherheitskräfte, die für den Tod von mehr als 200 tibetischen Demonstranten seit März 2008 verantwortlich seien, bisher nicht zur Rechenschaft gezogen wurden.

Mit dem heutigen Urteilsspruch wurde erstmals die Todesstrafe gegen Tibeter seit Beginn der Unruhen im März 2008 verhängt. "Während in den meisten tibetischen Siedlungsgebieten die Proteste friedlich blieben, kam es in Lhasa auch zu gewalttätigen Übergriffen von Tibetern", berichtete Delius. Bis heute hätten die chinesischen Behörden noch nicht untersucht, warum gerade in Lhasa die Proteste nicht friedlich geblieben seien. "Ein Hauptgrund für diese Gewalt ist der massive Zuzug von immer mehr Han- Chinesen in die tibetische Hauptstadt." Tibeter stellten heute nur noch 20 Prozent der Bevölkerung Lhasas und so würden die Spannungen zwischen Tibetern, die immer mehr verarmen, und zugezogenen chinesischen Migranten zunehmen.