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Iran: Sicherheitskräfte zerstören Satelliten-Schüsseln

Westeuropäische Firmen lieferten Überwachungstechnologie für Internet

Bozen, Göttingen, 4. August 2009

Frauenkundgebung 2006 in Iran. Foto: GfbV-Archiv. Frauenkundgebung 2006 in Iran. Foto: GfbV-Archiv.

Iranische Sicherheitskräfte haben in kurdischen Ortschaften an der iranisch- irakischen Grenze gezielt Satelliten-Anlagen zerstört, offenbar um den Fernseh- und Rundfunkempfang ausländischer Sender zu unterbinden. Dies berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag. Mitarbeiter der internationalen Menschenrechtsorganisation, die im autonomen Bundesstaat Irakisch Kurdistan mit einer unabhängigen Sektion vertreten ist, hatten telefonisch mitgeteilt, dass in Mahabad, Bokan, Saqis, Baneh und Marivan Satelliten-Schüsseln und Empfangsteile von Polizisten demoliert wurden.

"Unabhängig von den staatlich kontrollierten Print-Medien im Iran können sich die Betroffenen jetzt nur noch im Internet informieren", sagte der GfbV- Nahostreferent Kamal Sido. "Das ist für sie jedoch gefährlich, weil das Regime ein sehr ausgeklügeltes Internet-Überwachungssystem betreibt." So müssten alle Internetanbieter die Datenverbindungen über einen einzigen Knotenpunkt, das staatliche "Telekommunikationsunternehmen des Iran" (TCI), herstellen. Mit einer Ausrüstung der Firma Nokia Siemens Network, einem Joint Venture Unternehmen der deutschen Siemens AG und der finnischen Nokia Corp., könne das TCI nicht nur Internetseiten blockieren und Verbindungen abschalten, sondern auch die individuelle Kommunikation kontrollieren, Absender und Empfänger identifizieren und Bewegungen einzelner Nutzer im weltweiten Datennetz nachvollziehen. Die Spionagevorrichtungen wurden von Nokia Siemens Network im Rahmen eines Telekommunikationsabkommens installiert, das unter anderem auch ein Mobilfunknetz umfasste.

Mit SmartFilter soll auch ein von der US-amerikanischen Firma Secure Computering entwickeltes gewerbliches Filterprogramm eingesetzt worden sein. Die Firma bestreitet jedoch, dass ihre Software im Iran benutzt wird. Außerdem hat das Regime die Entwicklung einheimischer Filter- und Überwachungsprogrammen gefördert, so dass Online-Inhalte wie in China durch landeseigene Technologie kontrolliert werden.

Mutige Internetnutzer könnten die Datenfilter zwar über sogenannte Proxyserver umgehen und verbotene Internetseiten wie facebook.com oder youtube.com aufrufen, sagte Sido. Doch unauffindbar seien sie für das Regime nicht. So seien Berichten iranischer Menschenrechtsgruppen zufolge noch immer 41 Journalisten, vier Blogger und ein französischer Student inhaftiert, die Bilder und Nachrichten über Protestaktionen per E- Mail versandten. Die iranische Bloggerszene besteht aus etwa 60.000 Aktiven.

Im Iran gibt es rund 23 Millionen Internetanschlüsse. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen wurden mindestens 38 neue Webseiten im Iran zensiert, einschließlich der persischen BBC, die die populärste ausländische Internetseite des britischen Nachrichtensenders ist.