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Kriegsverbrechen im Ogaden (Äthiopien)?

GfbV: Schwere Vorwürfe gegen Äthiopien müssen vor G20-Gipfel geklärt werden!

Bozen, Göttingen, 14. Juni 2010

Karte Ogadens bzw. der heutigen Somali-Region. Karte Ogadens bzw. der heutigen Somali-Region.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Montag an die UN- Hochkommissarin für Menschenrechte Navanethem Pillay appelliert, den Vorwurf, Äthiopien habe im Osten des Landes schwere Kriegsverbrechen begangen, sofort zu untersuchen. Lokale Menschenrechtler berichten, dass äthiopische Soldaten bei Razzien im Ogaden unbewaffnete somalische Dorfälteste und Kleinbauern standrechtlich erschossen haben. Diesen Kriegsverbrechen sollen mehr als 70 Zivilisten zum Opfer gefallen sein.

Der GfbV wurde eine Liste mit den Namen von 34 Opfern zugeschickt, den die Menschenrechtsorganisation an die Vereinten Nationen weiterreichte. "Diese schweren Anschuldigungen müssen unbedingt vor der geplanten Teilnahme Äthiopiens am G20-Gipfeltreffen Ende Juni 2010 in Kanada geklärt werden", forderte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi wurde von den Industriestaaten eingeladen, am 26./27.Juni 2010 an einem Gipfeltreffen der Industrie- und Schwellenländer in Toronto teilzunehmen.

Die Morde sollen nach einem Angriff der Freiheitsbewegung "Ogaden National Liberation Front" (ONLF) auf die Garnisonsstadt Malqala am 18. Mai 2010 verübt worden sein. Bei der Attacke auf die Stadt an der strategisch bedeutsamen Straße zwischen Harar und Jigjiga im Nordwesten der von Somalis besiedelten Region in Äthiopien seien 94 äthiopische Soldaten getötet worden, hatte die ONLF verbreitet. Äthiopien hatte zwar bestritten, dass die Stadt durch die Rebellen eingenommen worden war. Die Armee durchkämmte jedoch umliegende Dörfer und riegelte sie hermetisch von der Außenwelt ab. In Fafen, Farso, Goray, Bambas und Galaalshe wurden Dorfälteste und Bauern zum Teil vor den Augen ihrer Familien erschossen, berichteten Augenzeugen. Nach Beendigung der Blockade seien viele Menschen aus der umkämpften Region geflohen.

"Nur Pillay und die Vereinten Nationen haben die Möglichkeit, die Vorwürfe von unabhängiger Seite auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen", sagte Delius. "Denn unabhängige Menschenrechtsorganisationen und Journalisten können im Ogaden nicht frei recherchieren. Selbst Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen sind massivem Druck der Behörden ausgesetzt."

Der vor allem von muslimischen Somali bewohnte Ogaden ist größer als Deutschland und Belgien zusammen. Nur rund acht Millionen Menschen leben in dem riesigen Gebiet, das zwischen Äthiopien und Somalia umkämpft ist. Bereits 2007/2008 hatten Menschenrechtsorganisationen Äthiopien Kriegsverbrechen im Ogaden vorgeworfen. Auch damals gingen äthiopische Soldaten mit aller Härte gegen unbewaffnete Somali vor, die pauschal beschuldigt wurden, die ONLF zu unterstützen. Die Freiheitsbewegung kämpft für mehr Selbstbestimmung der Somali sowie für ein Ende der Ölförderung durch ausländische Konzerne.