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Ägypten: Streit über Regeln für den Bau neuer Kirchen beigelegt

Hoffnungszeichen - Kopten und Muslime einigen sich nach jahrelangen Auseinandersetzungen

Bozen, Göttingen, 10. November 2011

Eine Koptische Kirche. Foto: GfbV-Archiv. Eine Koptische Kirche. Foto: GfbV-Archiv.

Als ein "Zeichen der Hoffnung" und einen "bedeutenden Schritt zur Sicherung der Glaubensfreiheit in Ägypten" hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die nun erzielte Einigung über Regeln zum Bau neuer Kirchen in Ägypten bezeichnet. Vertreter der Koptisch-Orthodoxen Kirche und der Große Scheich der Al Azhar-Moschee haben in den beiden vergangenen Tagen Gespräche über Bestimmungen für die Errichtung neuer religiöser Stätten aller Konfessionen abgeschlossen. "Damit geht ein jahrelanger Streit zwischen Kopten und Muslimen zu Ende und es gibt die Chance, eine Jahrzehnte lang bestehende Diskriminierung der Christen endlich zu beenden", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen.

Der Streit um den Bau neuer Gotteshäuser hat seit Jahren immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen geschürt. Zuletzt hatte der Disput um den Wiederaufbau einer koptischen Kirche in dem Dorf Mirinab in der oberägyptischen Provinz Assuan Anfang Oktober 2011 massive Proteste von Kopten ausgelöst, die am 9. Oktober 2011 von der ägyptischen Armee blutig niedergeschlagen wurden. Bei dem Massaker wurden 27 Kopten getötet.

Seit Jahren fordern koptische Christen allgemeine und rechtsstaatliche Regeln zum Bau religiöser Stätten. So beklagen sie, dass Muslime ungehindert Moscheen errichten können, während es fast unmöglich ist, für die Renovierung alter Kirchen eine Genehmigung zu erhalten. So fehlt es überall in Ägypten an christlichen Gotteshäusern. Oft werden Gläubige verletzt, wenn behelfsmäßig errichtete Kirchen einstürzen. Bislang wurde der Neubau und die Renovierung alter Kirchen gemäß dem "Hamayouni Dekret" aus dem Jahr 1856 geregelt. Sogar für Reparaturarbeiten musste demzufolge eine Erlaubnis beim Innenministerium eingeholt werden.

Im Juni 2011 hatte der amtierende Militärrat Ägyptens einen Gesetzentwurf zur allgemeinen Regelung des Baues von religiösen Stätten vorgelegt, der aber von den christlichen Kirchen wegen zahlreicher Beschränkungen abgelehnt wurde. In Verhandlungen mit führenden Muslimen konnten die christlichen Kirchen nun durchsetzen, dass es keine Mindestgrößen für Kirchen mehr gibt und dass alle Einrichtungen, die von Gläubigen zur Religionsausübung genutzt werden, auch als religiöse Stätten anerkannt werden. Außerdem wurde das Verfahren für den Bau neuer Kirchen deutlich vereinfacht. Die Gouverneure in den Provinzen müssen innerhalb von 60 Tagen über Anträge zum Bau neuer Kirchen entscheiden und Ablehnungen schriftlich begründen. Auch konnten die Kopten durchsetzen, dass bei Zuwiderhandlung nur Geldstrafen und keine Haft drohen.

"Die Praxis muss zeigen, wie sehr Gouverneure bereit sind, auch gegen den Widerstand radikaler Muslime den Bau neuer Kirchen zu genehmigen", sagte Delius. "In jedem Fall ist dieses rechtsstaatliche Verfahren aber ein großer Fortschritt."