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Brasilien / Belo Monte

Indigener Widerstand gegen Staudamm Belo Monte nimmt zu - brasilianische Regierung reagiert nervös

Bozen, Bern, Göttingen, 11. November 2011

Der Xingu Fluss in Brasilien fließt am Dorf der indigenen Gemeinschaft der Asurini vorbei. Foto © Rebecca Sommer. Der Xingu Fluss in Brasilien fließt am Dorf der indigenen Gemeinschaft der Asurini vorbei. Foto © Rebecca Sommer.

Ende Oktober protestierten Hunderte von Indigenen, Fischern und Flussanwohnern friedlich gegen den Bau des Staudamms Belo Monte. Noch am gleichen Tag erwirkte die Bauherrin Norte Energia (NESA) die Räumung der Blockade. Recherchen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zeigen, dass nun auch diejenigen indigenen Völker genug haben, die bisher an Verhandlungen über das Projekt mit der Regierung und der NESA teilgenommen haben. Sie wollen juristische Schritte gegen das Megaprojekt einleiten.

Am 27. Oktober um 4 Uhr morgens besetzten Hunderte von Indigenen, Fischern und Flussanwohnern die Baustelle des Megastaudamms Belo Monte bei Altamira im Amazonas. Noch am selben Tag verfügte ein Richter des brasilianischen Bundesstaates Pará aufgrund einer Klage des Baukonsortiums NESA die Räumung der Blockade, unter Androhung einer Verhaftung der Protestierenden. Die Protestierenden entschlossen sich daraufhin, die Blockade aufzulösen.

Recherchen der GfbV International-Vertreterin Rebecca Sommer in den betroffenen Gebieten zeigen, dass sich nun auch diejenigen indigenen Völker, die bisher noch an Verhandlungen mit der Regierung und der NESA teilgenommen haben, vom Staudammprojekt distanzieren. Mitte Oktober haben Vertreter der Kayapo-Xicrin die Bundesanwaltschaft eingeschaltet und wollen nun juristische Schritte gegen das Megaprojekt einleiten. Sie kritisieren, dass sie während der Verhandlungen mit der NESA nicht offen über alle möglichen Folgen informiert worden sind, welche der Bau des Belo-Monte-Staudamms auf ihr Leben und ihr Umfeld haben könnte. Zudem beklagen sie, dass sich die NESA nicht an die gemeinsamen Vereinbarungen wie etwa die Zahlung von Kompensationen halte.

"Die brasilianische Regierung und die Bauherrin NESA werden bald mit zusätzlichen Klagen seitens der betroffenen indigenen Gemeinschaften konfrontiert sein", so Christoph Wiedmer, Geschäftsleiter der GfbV. "Die brasilianische Regierung sollte jetzt mit den betroffenen indigenen Gemeinschaften endlich ernsthafte Verhandlungen führen. Sollten die Indigenen das Projekt ablehnen, muss dies respektiert werden. Zudem muss die Regierung den besonders verletzlichen unkontaktierten indigenen Gemeinschaften, die in der Region leben, grossflächig Schutz gewährleisten."

Die brasilianische Regierung agiert zunehmend nervös: So blieb sie kürzlich einem Treffen der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte fern und verweigerte der Organisation Amerikanischer Staaten ihren Mitgliedschaftsbeitrag - sie hatten Brasilien im Zusammenhang mit dem Bau des Belo-Monte-Staudamms kritisiert. Die staatliche Indigenenschutzbehörde FUNAI entliess zudem kürzlich den Kayapo-Häuptling Megaron Txucarramãe - gemäss dessen Aussagen wegen seiner Kritik am Staudamm.

Hintergrund
Anfangs Juni 2011 erteilte das brasilianische Umweltinstitut IBAMA die definitive Baubewilligung für den Bau des weltweit drittgrössten Wasserkraftwerks Belo Monte, ohne das Einverständnis der vom Bau des Staudamms betroffenen indigenen Bevölkerung einzuholen. Die brasilianische Verfassung verlangt für die indigene Bevölkerung jedoch spezifische Schutzmassnahmen. Die Unterzeichnung der Indigenenkonvention ILO 169 und die Zustimmung zur UNO-Erklärung der Rechte indigener Völker verpflichtet die Regierung des Weiteren, die indigenen Gemeinschaften über alle sie betreffenden Projekte zu informieren und ihr Einverständnis einzuholen. Zurzeit hat das regionale Bundesgericht den Bau sistiert. Bundesanwälte haben bisher bereits 13 Klagen gegen das Projekt eingereicht. Die interamerikanische Kommission für Menschenrechte der Organisation der Amerikanischen Staaten verlangte ebenfalls einen Baustopp.