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Dramatische Zuspitzung der Lage in Tibet

Fünf Selbstverbrennungen innerhalb einer Woche - Wann hört die Welt die Hilferufe der Tibeter?

Bozen, Göttingen, 14. August 2012

Das Baiju-Kloster in Gyantse in der Autonomen Region Tibet. Foto: Gerhard Palnstorfer. Das Baiju-Kloster in Gyantse in der Autonomen Region Tibet. Foto: Gerhard Palnstorfer.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor einer dramatischen Zuspitzung der Lage in Tibet. "Noch niemals zuvor haben sich fünf Tibeter innerhalb von nur einer Woche aus Protest gegen die chinesische Tibet-Politik selbst verbrannt", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Die internationale Staatengemeinschaft muss die Hilferufe verzweifelter Tibeter endlich ernst nehmen und China dazu drängen, seine Tibet-Politik zu überdenken. Sonst droht eine Spirale der Auseinandersetzungen, deren Verlierer nicht nur die Tibeter, sondern auch die chinesische Regierung sein werden."

Am gestrigen Montagabend hatten sich erneut zwei Tibeter in der überwiegend von Tibetern bewohnten Region Ngaba in der Provinz Sichuan selbst verbrannt. Ein Mönch aus dem Kloster Kirti und ein junger Tibeter hatten sich in Brand gesetzt, berichteten Augenzeugen. Über ihren Gesundheitszustand ist nichts bekannt. Beide Verletzte wurden von chinesischen Sicherheitskräften abtransportiert. Am Montag vergangener Woche hatte sich bereits der buddhistische Mönch Lobsang Tsultrim aus dem Kloster Kirti selbst verbrannt. Am Dienstag vergangener Woche hatte sich dann die Tibeterin Dolkar Tso mit Benzin übergossen und angezündet. Drei Tage später verbrannte sich am Freitag der 24 Jahre alte Nomade Choepa. Er erlag am Samstag seinen schweren Verletzungen.

"Viele Regierungen zögern leider noch immer, die Selbstverbrennungen als Hilferufe verzweifelter Menschen wahrzunehmen", kritisierte Delius. Sie werfen den Tibetern vor, mit dieser ungewöhnlichen Form des Protests Gewalt auszuüben. "Doch es geht nicht darum, ob wir Selbstverbrennungen gutheißen. Natürlich wünschen wir alle, dass niemand den Freitod wählt, um auf die dramatische Lage in Tibet aufmerksam zu machen. Doch die massive Zunahme der Selbstmordversuche macht deutlich, wie hoffnungslos viele Tibeter ihre Lage empfinden. Diese Botschaft muss die internationale Staatengemeinschaft endlich wahrnehmen."

Seit 2008 hat China die Verfolgung in Tibet deutlich verschärft und mit immer mehr Sicherheitskräften in vielen tibetischen Siedlungsgebieten Angst und Schrecken verbreitet. Mit dieser Repression können zwar öffentliche Proteste unterdrückt werden, aber den Tibetern wird nicht die Möglichkeit genommen, als letzten Ausweg den Freitod zu suchen. "So dokumentiert die Welle der Selbstmordversuche auch das Scheitern der rigorosen Tibet-Politik der Kommunistischen Partei", sagte Delius.