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Nigeria: Widerstand gegen eskalierende Umweltzerstörung im Nigerdelta

Ureinwohner protestieren gegen Verkauf von Öl-Feldern

Bozen, Göttingen, 6. November 2013

Ölförderung im Nigerdelta (Gas flaring). Ölförderung im Nigerdelta (Gas flaring).

Ureinwohner im Nigerdelta Nigerias haben mit der Besetzung von Ölfeldern der nigerianischen Shell Petroleum Development Company (SPDC) gedroht, sollte das Unternehmen ein Ölfeld im Bundesstaat Delta wie geplant verkaufen. In einem an den Gouverneur des Bundesstaates Delta gerichteten Schreiben forderten die indigenen Gemeinschaften der Olota, Esanma und Gbaregolor am Dienstag von Shell, die Verantwortung für das Öl-Feld und den Schutz der Umwelt weiterhin zu übernehmen und eine entsprechende Vereinbarung zu unterzeichnen.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisierte den geplanten Rückzug von Shell und anderen Öl-Konzernen scharf als "kalkulierten Schachzug zur Gewinnmaximierung auf dem Rücken der Ureinwohner". "Für die indigenen Gemeinschaften im Delta ist ein Verkauf von Ölfeldern an lokale Unternehmen ein schwerer Rückschlag, denn diese werden noch weniger Rücksicht auf die Gesundheit der Menschen und den Umweltschutz nehmen", erläuterte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen die Befürchtungen der Betroffenen. "Wenn die Förderung des Öls an lokale Unternehmen ausgelagert wird, werden die internationalen Öl-Konzerne das Öl weiter verkaufen und so profitieren. Doch Shell, Total, Chevron und Eni dürfen sich nach Jahrzehnten der Verwüstung des Nigerdeltas durch rücksichtslose Ölförderung so nicht aus ihrer Verantwortung für die katastrophale Zerstörung der Umwelt der indigenen Völker stehlen."

Für die Konzerne sei ein Verkauf der Ölfelder auf dem Festland eine kostengünstige Lösung, sagte Delius. So müssen sie sich nicht länger mit den Folgen des verbreiteten Öl-Diebstahls aus Pipelines, mit Leckagen und protestierenden Anwohnern auseinandersetzen. Mit der Ausgliederung der Öl-Felder auf dem nigerianischen Festland wollen die Unternehmen nicht nur Geld sparen, sondern auch vermeiden, dass ihr Ruf durch den ständigen Streit mit den Bewohnern des Deltas weiter Schaden nimmt. Fortan wollen sich die Öl-Konzerne auf den Betrieb der vor der Küste im Meer gelegenen Öl-Felder konzentrieren. Doch ungeklärt ist bis heute, inwieweit die Unternehmen auch zukünftig für Schäden bei der Öl-Förderung auf dem Festland haftbar gemacht werden können.

Shell, Total, Chevron und Eni haben bereits Ölförder-Lizenzen im Nigerdelta verkauft oder planen einen Verkauf. Anfang Oktober 2013 hat ein Konsortium von Shell, der französischen Total und der italienischen Eni die Förderlizenzen 18, 24, 25 und 29 zum Kauf angeboten. Shell soll seit 2010 bereits acht Bohrlizenzen (4, 26, 30, 34, 38, 40, 41, 42) für mehr als zwei Milliarden US-Dollar verkauft haben, wird aus der Öl-Industrie berichtet. Die seit 46 Jahren im Nigerdelta tätige US-amerikanische ConocoPhillips erhielt 1,7 Milliarden US-Dollar für ihre Bohrlöcher. Shell will auch die besonders bedeutsame Nembe-Creek-Pipeline veräußern, die 2012 mehrfach wegen Öl-Diebstahls geschlossen werden musste. Rund 100.000 Barrel Öl verschwinden jeden Tag im Nigerdelta aufgrund von Öl-Diebstahl.