Logo


In: Home > News > Libyen: interethnische Kämpfe eskalieren: Flüchtlingsfrage ungelöst

Sprachen: DEU | ITA


Libyen: interethnische Kämpfe eskalieren

EU-Außenminister-Rat ignoriert dramatische Lage in Libyen: Flüchtlingsfrage ungelöst

Bozen, Göttingen, 20. Januar 2014

Libyen. Foto: EU Humanitarian Aid and Civil Protection (CC BY-ND 2.0). Libyen. Foto: EU Humanitarian Aid and Civil Protection (CC BY-ND 2.0).

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert das Desinteresse der Europäischen Union an der eskalierenden Gewalt und Rechtlosigkeit in Libyen. "Fast drei Jahre nach dem Beginn der Militärintervention zahlreicher europäischer Staaten gegen das Gaddafi-Regime versinkt Libyen in immer mehr Gewalt. Doch Europa schaut weg", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag zum Auftakt des Treffens der EU-Außenminister in Brüssel. "Was muss in Libyen noch passieren, damit sich die EU-Außenminister endlich mit der dramatischen Situation beschäftigen? Europa trägt Mitverantwortung für die katastrophale Sicherheitslage. Wer aktiv den Sturz eines diktatorischen Regimes betreibt, muss sich später auch angemessen um den Aufbau eines demokratischen Gemeinwesens kümmern."

Besonders alarmierend ist die Lage im Süden Libyens. Dort nehmen die Spannungen zwischen arabischen und afrikanischen Volksgruppen ständig zu. So sind in den vergangenen fünf Tagen bei interethnischen Auseinandersetzungen zwischen afrikanischen Toubou und arabischen Clans in der Stadt Sebha 31 Menschen getötet und 65 Personen verletzt worden. Seit dem Sturz von Diktator Gaddafi starben in der 90.000-Einwohner-Stadt bereits mehrere hundert Menschen bei Kämpfen zwischen Toubou und Arabern. Alle Vermittlungsbemühungen scheiterten bislang. Auch in der Stadt Kufra haben die Spannungen zwischen Toubou und arabischen Zwai nach zwei politisch motivierten Morden in der vergangenen Woche deutlich zugenommen. Toubou fordern eine bessere Vertretung ihrer Bevölkerungsgruppe in politischen Gremien sowie mehr Entwicklungshilfe für ihre unterentwickelten Regionen. Nur so könnte der Schmuggel mit Waren, Drogen und Menschen wirksam eingedämmt werden, in den die meisten Bewohner Süd-Libyens verstrickt sind.

Die 35.000 traumatisierten Flüchtlinge aus der Stadt Tawergha warten mehr als 1000 Tage nach Beginn der Militärintervention am 19. März 2011 noch immer darauf, zurückkehren zu können. Trotz zahlloser Appelle der Betroffenen und von Menschenrechtsorganisationen hintertreiben die Behörden eine Rückführung der afrikanischen Bewohner der Stadt, die im August 2011 vor schweren Übergriffen von Milizen aus der arabischen Nachbarstadt Misrata fliehen mussten. Eine von der libyschen Regierung eingesetzte Kommission zur Rückführung aller Flüchtlinge in Libyen ignoriert die Tawergha-Flüchtlinge. Denn der Vorsitzende der Kommission stammt aus der verfeindeten Nachbarstadt Misrata. "Es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, dass die Flüchtlinge aus Tawergha aufgrund ihrer Hautfarbe von der arabischen Mehrheitsgesellschaft ausgegrenzt und rassistischen Gründen diskriminiert werden", erklärte Delius.