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Tschetschenien: Erinnerung, Wahrheit und Gerechtigkeit

Einmaliges Archiv über Kriegsverbrechen mit Videos, Fotografien und Audio-Aufzeichnungen ist online

Bozen, Göttingen, Ostermundigen, 24. Mai 2016

Tschetschenien: Einmaliges Archiv über Kriegsverbrechen mit Videos, Fotografien und Audio-Aufzeichnungen ist online. Tschetschenien: Einmaliges Archiv über Kriegsverbrechen mit Videos, Fotografien und Audio-Aufzeichnungen ist online.

Mit www.chechenarchive.org ist ein umfangreiches Video-Archiv über Verbrechen während der beiden Tschetschenien-Kriege zwischen 1994 und 2006 online gegangen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) teilte am Montag mit, dieses Archiv solle den Tschetschenen eine wichtige Grundlage für die juristische und historische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen, für die Einforderung von Gerechtigkeit und gegen das Vergessen geben. Die erschütternden Dokumente wurden von dem Verein Chechen Archive, dem die GfbV-Sektion Schweiz, FriedensFrauen Weltweit und Reporter ohne Grenzen Schweiz angehören, analysiert und digitalisiert. Zum Schutz der Zeuginnen und Zeugen ist im Internet lediglich eine Datenbank mit den wichtigsten Informationen über den Inhalt der Videos zu sehen; die Videos selbst und sensible Informationen werden nur auf Anfrage zugänglich gemacht.

Die tschetschenische Menschenrechtlerin Zaynap Gashaeva sowie andere Menschenrechtsaktivistinnen, Journalisten und Dokumentarfilmerinnen erfassten und filmten während der blutigen Kämpfe Kriegsverbrechen, die insbesondere durch die russische Armee begangen wurden, und Augenzeugenberichte. So zeigen die Videos Interviews mit Zeuginnen, Soldaten, Journalistinnen und überlebenden Opfern sowie zerstörte Orte. Darunter sind auch einmalige Aufnahmen der Reporterin Anna Politkowskaja, die 2006 vor allem wegen ihres Tschetschenien-Engagements ermordet wurde. Die Aktivistinnen versteckten die Videos über mehrere Jahre und brachten sie später außer Landes.

Eine systematische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen ist zurzeit weder in Tschetschenien noch in Russland denkbar. Umso wichtiger ist das Archiv für die historische Forschung und zur Unterstützung von Klagen der Opferfamilien vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Archiv wird dann einen besonderen Dienst erweisen, wenn das politische Umfeld in Tschetschenien und Russland eine juristische Aufarbeitung der Kriegsjahre ermöglicht oder eine Wahrheitsfindungskommission die Verbrechen am tschetschenischen Volk aufnehmen kann, ist die GfbV überzeugt.

Die Menschenrechtslage in Tschetschenien heute ist geprägt vom autoritären Regime Ramzan Kadyrows, dessen Wort in Tschetschenien Gesetz ist. Politische Gegner wurden genauso wie freie Medien oder eine freie Justiz ausgeschaltet. Menschenrechtler haben keinerlei Raum für ihre Arbeit, sie setzen sich höchster Gefahr aus.

Das Video-Archiv ist ab sofort abrufbar: www.chechenarchive.org