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Yezidische Region Sinjar im Irak

Bagdad und Arbil streiten um Status von Sinjar. Bundesregierung soll sich für Sonderstatus einsetzen

Bozen, Göttingen, 20. Oktober 2020

Zerstörter yezidischer Friedhof im Nordirak. Foto: Prof. Dr. Jan Ilhan Kizilhan. Zerstörter yezidischer Friedhof im Nordirak. Foto: Prof. Dr. Jan Ilhan Kizilhan.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert die deutsche Bundesregierung auf, die Bemühungen um eine Einigung über den politischen und administrativen Status von Sinjar (Shingal) im äußersten Nordwesten des Iraks zu unterstützen. Die yezidische Bevölkerung, die Regionalregierung Kurdistan und die irakischen Zentralregierung in Bagdad streben eine entsprechende Einigung an.

Anfang Oktober wurde bekannt, dass sich Bagdad und Kurdistan im Grundsatz über den Status von Sinjar geeinigt haben, aber über dessen Umsetzung streiten. "Wegen der Streitereien zwischen Bagdad und Kurdistan über das yezidische Kerngebiet Sinjar können hunderttausende von Yezidinnen und Yeziden, die im August 2014 durch den sogenannten Islamischen Staat vertrieben wurden, nicht aus den Flüchtlingslagern in ihre Heimat zurückkehren", erklärte Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der GfbV, heute in Göttingen.

Nachdem der IS 2015 aus Sinjar vertrieben wurde, sind dort verschiedene Verwaltungen entstanden, die unter der Kontrolle dieser oder jener Miliz oder politischen Partei stehen. "Dieser Umstand führt dazu, dass sich jeder und niemand für den Wiederaufbau und die Sicherheit von Sinjar zuständig fühlt", so Sido. "Die vielen Verwaltungen und konkurrierenden Milizen haben Chaos in einer Region verursacht, die schon vor dem Völkermord an der yezidischen Bevölkerung benachteiligt war."

Die GfbV fordert bereits seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein 2003 immer wieder einen Sonderstatus für das yezidische Sinjar. "Die Menschen vor Ort müssen selbst entscheiden dürfen, wie sie leben möchten. Artikel 140 der irakischen Verfassung sieht diese Möglichkeit vor", berichtet Sido. "Die yezidsiche Bevölkerung befürchtet, andernfalls weiter von Muslimen majorisiert zu werden. Die Mehrheit der yezidischen Bevölkerung will an allen Entscheidungen über die Zukunft des Sinjar beteiligt werden." Nur so lasse sich vermeiden, dass Yezidinnen und Yeziden erneut ihrem Schicksal überlassen und von Radikalislamisten massakriert werden. Die Opfer des Völkermordes bräuchten endlich Schutz, Sicherheit, Freiheit und Gerechtigkeit. Am 3. August 2014 wurden die 400.000 Yezidinnen und Yeziden des Sinjar von IS-Terrormilizen angegriffen. Tausende wurden getötet oder entführt. Die gefangenen Frauen wurden vergewaltigt, zwangsverheiratet oder auf Sklavenmärkten verkauft.