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Kommunalwahl in Brasilien (15. November)

Mehr indigene Kandidierende als je zuvor

Bozen, Göttingen, 11. November 2020

Indigener Frauenmarsch in Brasilien als Widerstand gegen die repressive Politik Bolsonaros. Foto: Eliane Fernandes / GfbV. Indigener Frauenmarsch in Brasilien als Widerstand gegen die repressive Politik Bolsonaros. Foto: Eliane Fernandes / GfbV.

Am kommenden Sonntag, den 15. November, finden in Brasilien Kommunalwahlen statt. Dabei sind 39 Bürgermeisterämter, 73 Stellvertreterposten und 2.082 Stadtratssitze neu zu besetzen. Für diese Posten kandidieren in diesem Jahr 2.194 Indigene, 28 Prozent mehr als bei der letzten Kommunalwahl vor vier Jahren. "Die politische Situation der Indigenen in Brasilien hat sich über die letzten beiden Jahre deutlich verschärft", erklärt Juliana Miyazaki, Referentin für indigene Völker bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Zunehmende Invasionen, verheerende Waldbrände und Umweltzerstörung, die stockende Demarkierung indigener Territorien und die Vernachlässigung indigener Gemeinschaften in der Pandemie - das alles besorgt die Menschen. Viele entscheiden sich darum für ein Engagement im Rahmen der demokratischen Strukturen."

Die politischen Positionen der indigenen Kandidierenden seien dabei keineswegs immer identisch: Sie verteilen sich in auf 32 teils sehr unterschiedliche Parteien. Doch einige Forderungen vereinen auch die unterschiedlichsten Kandidierenden, wie der Umweltschutz und das Streben nach Anerkennung indigener Territorien. "Das Land zu verteidigen bedeutet, die Landbewohner zu verteidigen" - das ist das Motto von Eloy Jacintho. Der 42-Jährige vom Volk der Guarani Nhandewa ist indigener Aktivist und war bereits Stadtrat der in Santa Amélia. "Indigene Stadträte sind heute notwendiger denn je. Es mangelt an Wasser, dafür gibt es zu viel Feuer und Krankheiten, und die Auswirkungen auf die Zukunft der indigenen Gemeinden werden verheerend sein", sagt er.

"In Boa Vista hatten wir noch nie indigene Stadträte, trotz der fast 20.000 Indigenen, die hier leben. Mehr denn je müssen wir in den Entscheidungsräumen sein. Es ist eine Form des Widerstands", erklärt Ariane Sussui, 23, vom Volk Wapichana. Sie kam als Ehrenamtliche für die Wahlkampagne der Bundesabgeordneten Joênia Wapichana zur Politik. Diese ist die erste (weibliche) indigene Abgeordnete im brasilianischen Parlament. Joênia wurde 2018 gewählt und ist Vorbild und Hoffnungsträgerin für viele, die dieses Jahr auf der Kommunalebene kandidieren.

"Solche Erfolgsgeschichten sind wichtig, weil sie andere ermutigen", bestätigt GfbV-Expertin Miyazaki. "Auch, wenn die Gründe für das Engagement oft dramatisch sind: Es ist gut, mehr indigene Kandidierende und am Ende auch mehr Indigene in den Rathäusern und Parlamenten zu haben. Sie bilden ein Gegengewicht zu den Interessen der Agrar- und Rohstoff-Lobby und nützen schließlich dem ganzen Land."

Die Dachorganisation der indigenen Völker Brasiliens APIB betreibt eine Datenbank indigener Kandidierender. Sie ist nur auf Portugiesisch unter http://campanhaindigena.org abrufbar.