In: Home > News > Türkei: GfbV warnt vor einer aggressiven Islamisierungspolitik der Türkei im In- und Ausland
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Bozen, Göttingen, 16. Februar 2022
Flüchtlingslager in der Region Shahba, Nordaleppo, Nordsyrien. Foto: Kamal Sido / GfbV 2019.
Während die Nato mit den Gefahren eines russischen
Einmarsches in die Ukraine beschäftigt sind, setzt das
Nato-Mitglied Türkei seine aggressive Islamisierungspolitik
unvermindert fort und schafft Tatsachen. "Vor dem Hintergrund
seiner sinkenden Popularität könnte Präsident
Erdogan zu noch härteren Mitteln greifen, um die
nächsten Wahlen zu gewinnen. Neue Angriffskriege gegen die
kurdische Bevölkerung in Syrien oder im Irak sind nicht
auszuschließen. Innenpolitisch ist es in seinem Sinne, die
Bevölkerung der Türkei noch mehr zu spalten,
konservative und säkulare Kräfte gegeneinander
aufzubringen und so die Konservativen auf seiner Seite zu
halten", warnt Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV). Aus Erdogans Umfeld gebe es
gar Bestrebungen, ihn zum Kalifen aller Muslime weltweit zu
ernennen.
Um die politische Opposition zu spalten und das wachsende
Vertrauen der Bevölkerung in sie zu brechen, könnte
Erdogan mittels einer Provokation einen Ausnahmezustand
herbeiführen. "Eine mögliche Provokation wäre, den
Islam offiziell zur Staatsreligion zu erklären. Schon jetzt
erlaubt der türkische Nationalismus kaum Freiräume
für die 20 Millionen Menschen starke kurdische
Bevölkerung im Land. Wird der sunnitische Islam zur
Staatsreligion, schwindet aber auch für die alevitische
Bevölkerung, mehr als 15 Millionen Menschen, jede Hoffnung
auf Verbesserung ihrer Lage", befürchtet Sido.
Auch wenn Erdogan das Land schon jetzt weitgehend islamisiert
habe, sei das Alevitentum weit verbreitet. Der nicht offiziell
anerkannten Religion folgten türkische, kurdische und
arabische Gläubige. In den vergangenen Jahrzehnten
hätten viele von ihnen die traditionellen alevitischen
Siedlungsgebiete im ländlichen Zentralanatolien verlassen
und seien in die großen Städte gezogen oder
ausgewandert.
Die Einführung des Islam als Staatsreligion in der
Türkei wäre auch für die Frauen im Land sowie
für die wenigen verbleibenden christlichen, yezidischen und
jüdischen Gläubigen verheerend. Denn sie werden schon
jetzt diskriminiert und benachteiligt. Angehörige dieser
religiösen Minderheiten können nur noch in
Großstädten wie Istanbul leben, weil sie dort weniger
auffallen.
"Erdogan instrumentalisiert die Religion des Islam immer wieder,
um konservative Muslime im In- und Ausland für seine
machtpolitischen Interessen zu mobilisieren", erinnert Sido. Im
Juli 2020 ließ er die für die Christenheit heilige
Hagia Sophia in eine Moschee umwanden. Das als Sophienkirche
bekannte Bauwerk des damaligen Konstantinopels wurde im
Osmanischen Reich ab 1453 für 482 Jahre als Moschee genutzt.
Von 1935 bis 2020 war das ikonische Gebäude ein Museum.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2022/220117de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2021/211007de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2021/210610de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2021/210601de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2021/210419de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2021/210225de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2021/210118de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/201203de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/201008de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/200512de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/200311de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2020/200116de.html
| www.gfbv.it/3dossier/kurdi/afrin.html
| www.gfbv.it/3dossier/kurdi/rojava.html
| www.gfbv.it/3dossier/kurdi/nordsiria2017.html
in www:
www.gfbv.de/fileadmin/redaktion/Reporte_Memoranden/2016/Northern-Syria-research-trip-2016.compressed.pdf