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Positionspapier des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zum

Weißbuch "Europäisches Regieren" der Europäischen Kommission

KOM (2001) 428 vom 25. Juli 2001

Berlin, November 2001 G/3 050-25
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 4.3.2002

Positionen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

1. Konsultationsprozesse legitimieren und strukturieren
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßt grundsätzlich die Bemühungen der Europäischen Kommission, die Konsultationsprozesse in Brüssel zu strukturieren. Er begrüßt, dass in diesem Zusammenhang die u. a. auch vom Deutschen Städte- und Gemeindebund vorgeschlagene Festlegung von Mindestkriterien der Konsultationsprozesse erfolgen soll. Hervorzuheben ist dabei aber, dass unter dem Begriff der konsultierten „Zivilgesellschaft“ kein Sammelbecken für jegliche Akteure öffentlicher oder privater Art gesehen werden darf, die nicht unmittelbar der staatlichen Ebene zuzurechnen sind. Daher fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund, dass im Rahmen der zukünftigen Konsultationsprozesse bei dem Konzept des „Europäischen Regierens“ deutlich unterschieden wird zwischen gewählten Vertretern, die sich auf ein legitimes und demokratisches Mandat berufen können, und solchen Akteuren der „Zivilgesellschaft“ im weiteren Sinne, die alles in allem nur sektorale Interessen ohne eine Verpflichtung auf das Gemeinwohl vertreten. Daher fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund, zu Konsultationsprozederen zu kommen, die den kommunalen Gebietskörperschaften und deren Verbänden eine besondere, herausgehobene Position geben.

2. Kenntnisse und Erfahrungen der kommunalen Vertreter stärker nutzen
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßt die Absicht der Europäischen Kommission, dass die EU den vorhandenen Bewegungsspielraum stärker nutzen möchte, um die Umsetzung der europäischen Politik vor Ort zu verbessern. Er teilt die Einschätzung der Kommission, dass die Einbeziehung der lokalen und regionalen Akteure in erster Linie eine Sache der nationalen Behörden entsprechend der jeweiligen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Regelungen ist. In diesem Zusammenhang spricht sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund dafür aus, den Ansatz des „Europäischen Regierens“ auf alle Ebenen in der Europäischen Union und in den Mitgliedsstaaten zu erstrecken. Insbesondere sollte die Forderung der kommunalen Akteure nach einer wirksameren und effizienten Einbindung in die Entscheidungsfindungsprozesse nicht nur auf die europäische Ebene beschränkt bleiben, sondern ebenso ggü. den nationalen und auch regionalen Akteuren erhoben werden. In diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass es auch und vor allem die Bundesländer sind, die ggü. den Institutionen der Europäischen Union eine verbesserte Beteiligung wünschen. Umgekehrt sollten sich die Bundesländer auch in ihrem eigenen Wirkungsbereich auf die Einhaltung dieser Forderungen besinnen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass es gerade die Kommunen sind, die durch die Kultivierung der demokratischen Strukturen vor Ort einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar am politischen Geschehen partizipieren können. Daher muss die Europäische Kommission im Rahmen des "Europäisches Regierens" wirksame Mittel und Wege entwickeln, den Prozess der Dezentralisierung stetig zu forcieren.

3. Vertrauen in die Expertenberatung stärken
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßt grundsätzlich den Ansatz der Kommission, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Beratung der politischen Entscheidungsträger durch Experten zu stärken. Die Vielgestaltigkeit und Komplexität unseres Gesellschaftssystems macht die sinnvolle Nutzung von Expertenwissen unumgänglich. Gleichzeitig verweist der Deutsche Städte- und Gemeindebund allerdings darauf, dass aus der EU keine „Expertenunion“ werden darf. Die gezielte Konsultation von Expertenwissen darf nicht zur weiteren Verkomplizierung der bereits bestehenden aufwändigen Systeme führen. Politik und Gesetzgebung der europäischen Ebene, aber auch der nationalen Ebene, müssen klar, transparent und für den Bürger verständlich sein und bleiben. Auf der europäischen Ebene ist dabei vor allem zu berücksichtigen, dass das Expertenwissen gezielt eingesetzt werden soll, um die notwenigen Rahmenregelungen zu finden, deren konkrete Ausgestaltung auf der kommunalen und auf der regionalen Ebene effektive Handlungsspielräume belässt.

4. Klarere Definition der politischen Ziele der EU
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützt die Absicht der Europäischen Kommission, zu einer klareren Definition der politischen Ziele der Europäischen Union zu kommen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die laufenden Diskussionen über neue europäische Kompetenzabgrenzungsregelungen mit Blick auf die nächste Regierungskonferenz im Jahr 2004. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht sich dafür aus, diese Diskussion möglichst konstruktiv zu führen. Dies heißt, dass es im Rahmen der so genannten „Kompetenzabgrenzungsdebatte“ nicht nur darauf ankommen darf, Kompetenzen voneinander abzugrenzen, sondern auch, Verantwortungen untereinander im Interesse der Bürgerinnen und der Bürger bestmöglich aufzuteilen. Mögliche neue Kompetenzregelungen sind dabei in alle Richtungen möglich. Sie müssen dazu führen können, in solchen Bereichen, wo insbesondere Internationalisierungsprozesse es erforderlich machen, den europäischen Zuständigkeits- und Kompetenzbereich ggü. dem Status quo noch zu erweitern. Umgekehrt muss es auch möglich sein, offen darüber zu diskutieren, ob Politikbereiche, die bislang in der europäischen (Mit-)Zuständigkeit standen oder stehen, wieder auf niedrigere Ebenen zurückzuführen. Das Subsidiaritätsprinzip muss dabei stets Leitbild des Regierungshandelns sein.

5. Vereinbarungen zwischen den Akteuren
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält den Vorschlag der Europäischen Kommission, zu Vereinbarungen zwischen den Ebenen EU, Mitgliedsstaaten und Regionen sowie Kommunen zu kommen, für einen diskussionswürdigen Ansatz. Er betont in diesem Zusammenhang, dass die deutschen Städte und Gemeinden dazu bereit sind, nicht nur eine verbesserte Einbindung in die Entscheidungsfindungsprozesse der höheren Ebenen einzufordern, sondern umgekehrt auch selbst wirksam und konstruktiv zu diesen Prozessen beizutragen. Die Verbindlichkeit der vorgeschlagenen Vereinbarungen muss kritisch diskutiert und mit Blick auf den Handlungs- und Gestaltungsspielraum der Kommunen und Regionen nach der jeweiligen Verfassungs- und Verwaltungslage offen gehalten werden. Da das Konzept des „Europäischen Regierens“ insgesamt von einem konzertierten, gemeinsamen Willen aller beteiligen Akteure und Ebenen ausgeht, hält es der Deutsche Städte- und Gemeindebund für sinnvoll, insbesondere hinsichtlich des kommunalen Bereiches von einer freiwilligen Selbstverpflichtung bei der Teilnahme am Konzept „Europäisches Regieren“ zu sprechen.

6. Errichtung von EU-Regulierungsagenturen
Zum Vorschlag der Kommission zur Errichtung von so genannten "Regulierungsagenturen" in den EU-Mitgliedsstaaten zur Überwachung und Einhaltung ihrer Politiken merkt der Deutsche Städte- und Gemeindebund kritisch an, dass das Konzept des „Europäischen Regierens“ in seinem Grundsatz davon ausgeht, dass die kommunale Ebene zur weiteren Entwicklung und Integration der Europäischen Union beitragen möchte. Unter Beachtung der bestehenden Zuständigkeiten und Handlungsoptionen und des Subsidiaritätsprinzips ist damit die Einrichtung von Regulierungsagenturen entschieden abzulehnen. Für weitere Verwaltungsebenen und europäische Überwachungsbehörden besteht kein Bedarf. Es ist darauf hinzuweisen, dass hier leicht der Eindruck entstehen könnte, dass die Europäische Kommission mit der Einrichtung von Regulierungsagenturen unmittelbar auf der subnationalen Ebene als Akteurin auftreten möchte. Dies widerspricht gerade dem Geist des Weißbuches „Europäisches Regieren“. Angezeigt ist vielmehr, die Formen der Zusammenarbeit der Europäischen Kommission mit den bereits vorhandenen Behörden auf regionaler und kommunaler Ebene zu verbessern.

7. Rolle und Verantwortlichkeiten jeder Institution klarstellen
Es entspricht den Forderungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, auf der europäischen Ebene im Dienste der Bürgerinnen und Bürger Kompetenzen, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten klar zu definieren und zuzuordnen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich das bislang festgelegte Mandat der Regierungskonferenz im Jahr 2004 lediglich darauf beschränkt, die Zuständigkeiten zwischen den Ebenen Europäische Union und Mitgliedstaaten zu klären. Die Kompetenzbereiche der Kommunen und der Regionen ergeben sich daher hieraus lediglich mittelbar. Dennoch hält es der Deutsche Städte- und Gemeindebund für unerlässlich, dass auch im europäischen Primärrecht unmittelbar eine Absicherung der kommunalen Selbstverwaltungstätigkeit erfolgt. Zielführend könnte es hier sein, das Subsidiaritätsprinzip dahingehend zu schärfen, dass die Kompetenzen auf der überörtlichen Ebene bis hin zur europäischen Ebene selbst mit Blick auf bestehende kommunale und regionale Selbstverwaltungsrechte nach den jeweiligen nationalen Verfassungsordnungen ausgeübt werden müssen. Außerdem sollte es explizit Bestandteil des Gebotes der Achtung der nationalen Identität nach dem EU- und dem EG-Vertrag werden, dass diese auch nach nationalem Recht bestehende kommunale und regionale Selbstverwaltungsrechte umfasst. Hinsichtlich des offenen Koordinierungsverfahrens, bei dem die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten ohne die Einhaltung des europäischen Rechtsetzungsverfahrens Politiken miteinander absprechen, koordinieren und umsetzen, merkt der Deutsche Städte- und Gemeindebund an, dass gerade hier eine enge Einbindung der für die Umsetzung verantwortlichen kommunalen Ebene erforderlich ist. Zudem dürfen Kompetenzabgrenzungen auf europäischer Ebene nicht durch den Einsatz des offenen Koordinierungsverfahrens unterlaufen werden.

8. Verbesserung der europäischen Rechtsetzungstätigkeit
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßt die Pläne und Absichten der Europäischen Kommission, die Qualität der europäischen Rechtsetzung und Politik zu verbessern. Er unterstreicht den Ansatz, dass Regelungen und Vorgaben von höheren Ebenen grundsätzlich auf das notwendige Maß nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beschränkt werden und im Übrigen soweit möglich auch nur Rahmenvorgaben enthalten, die kommunale und regionale Handlungsspielräume achten und eröffnen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund regt an, zur Verbesserung der Qualität der europäischen Rechtsetzungstätigkeit ein Modell pflichtiger Gesetzesfolgenabschätzung durchzuführen. Gesetzesfolgenabschätzung meint inhaltlich, dass Gesetze und Vorgaben dahin überprüft werden, ob sie zur Erreichung des angepeilten Zieles die geeigneten Maßnahmen enthalten und diese auch die bestehenden Rechte der Normadressaten am geringsten belasten. Zudem erfordert es die Gesetzesfolgenabschätzung, schon in der Phase der Gesetzesentstehung zu klären, ob die geplante Regelung administrativ zu verwirklichen ist, welche Kostenfolgen hieraus resultieren und wie diese Kosten aufzubringen sind. Insofern fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund auch die umfassende Verwirklichung des so genannten Konnexitätsprinzips, das besagt, dass Regelungen mit Kostenfolgen stets auch die Frage der Finanzierung beantworten müssen.

9. Konsultation effektiv durchführen und absichern

a. Grundsätzliche Aussagen
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht sich dafür aus, den Konsultationsprozessen weitest gehende Legitimität einerseits, aber auch Verbindlichkeit andererseits zu verleihen. Er bedauert ausdrücklich, dass das Konzept des "Europäischen Regierens" nach Ansicht der Kommission ohne eine Absicherung in den europäischen Verträgen erfolgen soll. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass die Diskussion des aktuellen politischen Themas "Europäisches Regieren" in Brüssel nicht davon entbindet, die Fragen nach einer europäischen Verfasstheit zu beantworten und fordert daher eine möglichst breite Debatte über eine zukünftige Europäische Verfassung. Insbesondere aus der Sicht der legitimierten Vertretungen der Kommunen ist es wünschenswert, die Beteiligungsrechte der Kommunen zu stärken. Dies betrifft sowohl die partnerschaftlichen Dialog- und Konsultationsprozesse im ganz frühen Stadium der Entstehung europäischer Politik und europäischer Gesetzgebung, aber auch die institutionelle Stärkung der Regionen und Kommunen über den beratenden Ausschuss der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Europäischen Union (AdR). Zu denken wäre in diesem Zusammenhang insbesondere daran, dem AdR die formelle Rolle eines Hüters des Subsidiaritätsprinzips zuzuweisen, und den AdR bei Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Europäischen Gerichtshof klagebefugt zu machen.

b. Positionen zur praktischen Verwirklichung
Ziele des "Europäischen Regierens" Mit dem Weißbuch zum „Europäischen Regieren“ sollten vor allem folgende Ziele verfolgt werden:

- Verstärkung der Transparenz, der Lesbarkeit und der Verständlichkeit der Europapolitik und der europäischen Gesetzgebung
- Konsequente Beachtung und Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips: Dies heißt insbesondere, dass europäische Regelungen bei europäischen Fragen zum Tragen kommen sollen, mitgliedstaatliche Entscheidungen bei Fragen auf nationalstaatlicher Ebene erfolgen sollen und schließlich regionale und kommunale Fragen von regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften erledigt werden sollen.
- Einführung einer verlässlichen Gesetzesfolgenabschätzung.
- Ausgeprägte Verhältnismäßigkeit der europäischen Politik und Gesetzgebung. Das heisst insbesondere:
- Alle Entscheidungen und Regelungen sollen nur dann ergehen, wenn eine Regelung auch wirklich erforderlich ist. Ist diese erforderlich, so muss sie die zweckmäßigste Lösung bei möglichst geringer Belastung der Bürger und der Gesellschaft enthalten.
- Definition und Umsetzung einer partnerschaftlichen Politik und Gesetzgebung in der Europäischen Union.


10. Partnerschaftliche Politik
Die Verwirklichung des Partnerschaftsprinzips hat in Politik und Gesetzgebung eine wichtige Rolle für Bürgernähe. Dies bedeutet nicht, dass die im Europäischen Parlament und in den nationalen Parlamenten repräsentierte Volksvertretung in diesem Zusammenhang in Frage gestellt oder ersetzt werden soll. Auch institutionalisierte Anhörungsgremien der EU, vor allem der Ausschuss der Regionen und der Wirtschafts- und Sozialausschuss, sollen von dieser Form der partnerschaftlichen Zusammenarbeit nicht erfasst werden. Für diese Gremien sind besondere Aufgaben im EG-Vertrag geregelt, das Mandat des Internationalen RGRE und der kommunalen Spitzenverbände ist demgegenüber viel weiter gefasst. Das Augenmerk ist vielmehr darauf zu richten, dass das Partnerschaftsprinzip insbesondere für die Europäische Kommission Möglichkeiten und Perspektiven eröffnet, zu echten Dialog- und Konsultationsverfahren mit den Bürgerinnen und Bürgern und Entscheidungsträgern an der Basis zu gelangen.

11. Repräsentative Partnerschaftsdialoge
In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass den Verbänden der kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen eines partnerschaftlichen Dialogs eine besondere Rolle zukommen muss. Dies gilt vor allem, weil die Europäische Kommission in der Förderung der partizipativen Demokratie einen der Hauptgründe dafür sieht, die partnerschaftliche Zusammenarbeit zu fördern und zu verbessern. Es sind gerade die kommunalen Gebietskörperschaften, die einerseits nicht unmittelbar staatliche Einrichtungen sind, andererseits aber auf demokratisch legitimierte Beschlussfassungsorgane verweisen können, die die bürgernächste und unmittelbarste Form der Politikgestaltung vor Ort repräsentieren und Bestandteil der öffentlichen Gewalt sind. Zudem sind es in der EU durchweg die Kommunen, die Entscheidungen "aus Brüssel" zu Hause vor Ort in konkrete Politik umzusetzen und diese vor dem Bürger zu vertreten haben. Diesem Umstand sollte eine Weiterentwicklung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit seitens der Europäischen Kommission Rechnung getragen werden.

12. Kriterien demokratischer Legitimität in der Partnerschaft
Gleichwohl ist es, den Konsultationsverfahren im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit demokratische Legitimität zu geben. Denn das dialogische Konsultationsverfahren zwischen der Europäischen Kommission und den Partnern in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik hat eine nicht unerhebliche Bedeutung für die Gestaltung der Politik auf Europäischer Ebene insgesamt. Aus grundlegenden Legitimitätsüberlegungen heraus müssen diese Partizipationsmöglichkeiten daher ein Mindestmaß an demokratischer Legitimität und Gemeinwohlorientierung aufweisen. Insbesondere um die Ziele einer größeren Transparenz und erreichen zu können, ist es unerlässlich, dass die von der Europäischen Kommission ausgewählten Partner Mindestkriterien der Repräsentativität erfüllen. Als maßgebliche Parameter in diesem Zusammenhang können gelten:

- Struktur und Mitgliederzahl der repräsentativen Vereinigung,
- Transparenz des Aufbaus und der Arbeitsweise,
- inhaltlich-fachliche Kompetenz für die Beratung im bestimmten Politikbereichen und
- die Fähigkeit, den Informations- und Meinungsaustausch zwischen der Kommission und dem Bürger in Gang zu bringen und zu halten.
Auch ist darauf hinzuweisen, dass eine ausreichende Repräsentativität der Partner im Rahmen des „Europäischen Regierens“ dadurch gewährleistet werden kann, dass die innere Struktur dieser Vereinigungen nach deren Statuten auf demokratische Entscheidungsfindungsprozesse verweisen kann. Dieses Element scheint deshalb unverzichtbar zu sein, um zu gewährleisten, dass das Ziel eines Dialogs mit einem möglichst breiten und repräsentativen Spektrum erreicht werden kann. Zudem ist zu berücksichtigen, dass bei der Konsultation von Partnern aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft auch besonders die Rolle von anerkannten Einrichtungen wie Kirchen und Wohlfahrtsverbände zu berücksichtigen ist.

13. Transparenz der Partnerschaft
„Europäisches Regieren“ im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit sollte zudem bedeuten, dass auch die Konsultationsprozesse im Rahmen der Partnerschaft selbst möglichst offen und transparent geführt werden. Aus diesem Grund ist daran zu denken, die Partner der Europäischen Kommission zu registrieren und die Informationen hierüber der Öffentlichkeit in geeigneter –Form zugänglich zu machen. Transparenz der partnerschaftlichen Zusammenarbeit ist notwendig, um der Öffentlichkeit gegenüber die Legitimität dieser Konsultationsprozesse darzulegen.

14. Effektivität der Konsultationen
Hinsichtlich der praktischen Aspekte der Konsultationen ist anzumerken, dass sich nach unseren Erfahrungen als Interessenvertreter auf der Ebene der Bundesrepublik Deutschland folgende Anregungen machen lassen:

- Hinsichtlich der Fragen, die sich auf die Informationsflüsse zwischen der Europäischen Kommission und den Partner beziehen, kann es sinnvoll sein, vor allem internet- und e-mail-gestützte Informationssysteme zu etablieren. Diese zukunftsorientierten Informationstechnologien stellen die effizienteste und unmittelbarste Form der Weitergabe von Informationen dar.
- Um einen möglichst breiten Bereich abdecken zu können, sollten die konkreten Konsultationsprozedere selbst breit gefächert und gestreut sein. Das heißt, dass es neben der schriftlichen Konsultationsmöglichkeit auch ein unmittelbares dialogisches Element in Form von Anhörungen geben sollte.
- Um ausreichend qualifizierte inhaltliche Stellungnahmen der Partner ermöglichen zu können, sollte das Prozedere Mindestfristen enthalten, um im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit Positionen und Stellungnahmen zu Vorschlägen gegenüber der Europäischen Kommission abgeben zu können. Diese Mindestfristen sollten nach unseren Erfahrungen einen Zeitraum von acht Wochen nicht unterschreiten.
- Die Europäische Kommission sollte Möglichkeiten und Wege überdenken und prüfen, die Partner bei ihrer Zusammenarbeit zu unterstützen. Modellcharakter hierfür könnten Maßnahmen der Technischen Hilfe haben.
- Die Kommunikation in allen Amtssprachen der EU muss gewährleistet sein.
Ein wichtiges Element eines effektiven Dialoges mit den Partnern ist zudem die Einführung von Feedback-Elementen in das partnerschaftliche Konsultationsverfahren. Konkret könnte diese geschehen, indem die Europäische Kommission mit vertretbarem Aufwand die Beiträge im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit kurz kommentiert, und ausführt, ob und in welcher Weise dort gemachte Anregungen beachtet oder aber aus welchen Gründen nicht beachtet werden konnten. Somit könnte für die partnerschaftliche Zusammenarbeit Effizienzgewähr herbei geführt und gleichzeitig die Motivation zur Teilnahme beim „Europäischen Regieren“ erhöht werden.

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Siehe auch:
Für ein Europa der Sprachen: Sprachenpluralismus und Sprachendemokratie – die Gfbv-international fordert Minderheitenrechte in der EU-Verfassung
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-sprach.html
Sprachenrechte sind Bürgerrechte. Sprachenrechte sind Menschenrechte! Eine verbindliche EU-Verfassung ist notwendig!
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-verfassung.html
Für eine pluralistische Union: Minderheitenrechte gehören in die EU-Grundrechtecharta
Linkwww.gfbv.it/3dossier/costeuro-dt.html
Markt, Macht und Monopole. EU-Grundrechtscharta für eine kosequente Menschenrechtspolitik nutzen!
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/eu-monopole.html
Einen Regenbogen der Minderheiten. Welche Politik brauchen Minderheiten heute?
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/regenbogen.html
Eine neue Kultur des Zusammenlebens. Minderheiten und Mehrheiten im Projekt der österreichischen Grünen
Linkwww.gfbv.it/3dossier/eu-min/oegruen.html
European Bureau for lesser used Languages (EBLUL)
Linkwww.eblul.org
Minderheiten und Medien - Minderheiten in Medien
Linkwww.gfbv.it/3dossier/rai3-99/min-medien-de.html
Konvent
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