An das Parlament, an die Regierung, an den Verfassungsgerichtshof der Republik Kroatien
z.K. an die Botschaft der Republik Kroatien in Italien
Die rechte der italienischen Bürger Kroatiens
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Bozen, 17.5.2001


Es ist zu bedauern, daß die kroatische Regierung den politischen Spielraum der kroatischen Staatsbürger italienischer Muttersprache in Istrien einschränken will. Als Menschenrechtsorganisation kritisieren wir den Versuch des Staates, die Anerkennung der italienischen Sprache in Istrien verhindern zu wollen. Unsere Solidarität gilt der Regionalregierung und der interethnischen Partei Dieta democratica istriana, die die Zweisprachigkeit Istriens festschreiben wollen. Die vom Justizministerium vorgebrachte Kritik ist fadenscheinig und richtet sich konsequent gegen die Interessen der italienischen Sprachgruppe.

Es ist überraschend, daß die kroatische Regierungskoalition zur nationalistischen Rethorik der Tudjman-Ära zurückkehrt. Nur Nationalisten können sich gegen die Forderung der italienischen Sprachgruppe wenden, an den Pflichtschulen in Gemeinden it italienischer Bevölkerung Italienisch als Pflichtfach einzuführen. Diese Forderung hat beispielsweise die slowenische Sprachgruppe im österreichischen Bundesland Kärnten bisher auch erfolglos verlangt. Genauso legitim ist der Wunsch der italienischen Sprachgruppe in Istrien, ein Vetorecht zu erhalten, wenn Belange der Minderheit von politischen Entscheidung des Staates und der Region betroffen sind. In der autonomen Provinz Bozen-Südtirol gilt diese Regelung schon lange. Zum Vorteil nicht nur der deutschen Minderheit, sondern auch des italienischen Staates. Wir fordern deshalb das kroatische Parlament und die kroatische Regierung dazu auf, die von der istrischen Regionalregierung getroffenen Entscheidungen zu genehmigen. Wir bitten außerdem den Verfassungsgerichtshof, die Verfassungsmäßigkeit der Sprachentscheidungen der Region Istrien zu bestätigen.

Wir erinnern daran, daß sich Kroatien in seiner Verfassung zum Schutz der Minderheiten bekennt und zudem die Charta der Regional- und Minderheitensprachen des Europarates ratifiziert hat. In diesem Geiste sollten die Beschlüsse der istrischen Behörden anerkannt werden. Wenn der Verfassungsgerichtshof, das Parlament und die Regierung die berechtigten Ansprüche ihrer italienischsprachigen Staatsbürger ablehnen, kehrt Kroatien zu seinen nationalistischen Wurzeln zurück. Dies bedeutet nicht nur eine verspielte Chance Kroatiens, sich unter die demokratischen Länder zu reihen, sondern auch die Chance für die politische Rechte in Italien, sich zur Schutzmacht der italienischen Minderheit in Istrien aufzuspielen.
 

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