Logo


In: Home > News > Spanien: Parlament diskutiert Auslieferung zweier kurdischer politischer Flüchtlinge

Sprachen: ITA | ESP | DEU


Spanien: Parlament diskutiert Auslieferung zweier kurdischer politischer Flüchtlinge

Gesellschaft für bedrohte Völker appelliert um Schutz und Einhaltung der internationalen Abkommen

Bozen, Göttingen, 21. Mai 2009

Verlassenes Dorf in Kurdistan. Verlassenes Dorf in Kurdistan.

In Bezug auf das am 24. März 2009 in Spanien auf Antrag der Türkei eingeleitete Auslieferungsverfahren gegen die kurdischen Exilpolitiker Dr. Remzi Kartal und Faruk Doru appelliert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dringend an die spanische Regierung, das Auslieferungsverfahren einzustellen und den beiden Flüchtlingen Schutz zu gewähren. Beide werden beschuldigt, Mitglieder einer terroristischen Organisation zu sein. Dabei ist aus dem Auslieferungsantrag an Deutschland im Jahre 2005 nicht ersichtlich, um welche terroristische Mitgliedschaft es sich dabei handeln soll.

In einem offenen Brief an den spanischen Premierminister José Luis Zapatero, erinnert die GfbV daran, dass die Türkei noch immer alle in Europa gegründeten Verbände und Vereinigungen, die für das kurdische Volk verschiedene kulturelle und ethnische Rechte verlangen, als terroristische Organisationen bewertet. Diese sind auch die Anschuldigungen gegen Dr. Remzi Kartal, der bereits Abgeordneter des türkischen Parlaments für die demokratische DEP-Partei war und sich gezwungen sah, ins Exil zu flüchten. In der Türkei wurden dort gebliebene DEP-Abgeordnete von einem türkischen Staatssicherheitsgericht verurteilt und kamen erst nach einer zehnjährigen Haft wieder frei. Diesbezüglich gibt es auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), welche die Anschuldigung sowie das Urteil als einen gravierenden Verstoß gegen die EGMR verurteilt. Damals verlangte die Europäische Union deren Freilassung und als Anerkennung ihres Status als Verfolgte wurde ihnen in Person von Leyla Zana der Sakharov-Preis verliehen.

In türkischen Gefängnissen sitzen immer noch mindestens 3835 kurdische politische Gefangene, die meisten von ihnen seit mehr als 20 Jahren, mehr als ein Drittel ohne jede Gerichtsverhandlung. Die Gerichte sind trotz Novellierung des Verfahrensrechts immer noch nicht unabhängig und entscheiden auf Grund des bestehenden Strafgesetzes, welches sehr viele Aktivitäten sanktioniert, die aber in einem demokratischen System selbstverständlich wären. Kurdisch sprechen im Parlament, bei Behörden, in Schulen oder Universitäten ist verboten. Mindestens zwei Millionen Menschen aus rund 4.000 Dörfern, die vom türkischen Militär zerstört wurden, warten vergeblich auf Wiederaufbau und Rückkehr. Alle Forderungen der Kurden nach Gleichberechtigung von Sprache, Identität und Kultur werden von den Regierenden zurückgewiesen. Autonomie oder regionale Selbstverwaltung gelten als "absurde Forderungen von Terroristen". Letztendlich darf nicht vergessen werden, dass in der Türkei noch immer die Folter als Verhörmethode praktiziert wird.

Remzi Kartal und Faruk Doru sind anerkannte Konventionsflüchtlinge, denen gemäß der Genfer Konvention Schutz zusteht. Spanien hat die Genfer Konvention ratifiziert und ist deshalb dazu verpflichtet, Personen, die aus politischen und ethnischen Gründen verfolgt werden, Heimat zu bieten und Schutz zu gewähren. Deshalb appelliert die GfbV an Spanien, den eingegangenen internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen und das Auslieferungsverfahren von Remzi Kartal und Faruk Doru sofort ein zu stellen, wie dies Deutschland bereits 2005 getan hat.