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Offener Brief

Österreich: Gebt endlich die Federkrone zurück

Bozen, 14. Mai 2021

An den Präsidenten der Republik Österreich, Alexander von der Bellen
An den Bundeskanzler der Republik Österreich, Sebastian Kurz
An den Präsidenten des Nationalrates, Wolfgang Sobotka
An die zweite Präsidentin des Nationalrates, Eva Bures
An den Direktor des Weltmuseums, Christian Schicklgruber

Die zapatische Delegation. Foto: enlacezapatista.ezln.org.mx. Die zapatische Delegation. Foto: enlacezapatista.ezln.org.mx.

Seit Ende April ist eine indigene Delegation aus Chiapas mit einem Schiff nach Europa unterwegs. In Erinnerung an die Eroberung und Zerstörung des aztekischen Staates vor 500 Jahren. Der plündernde Eroberer Cortez und seine marodierende Truppe erhielt den Auftrag vom Habsburger Kaiser Karl V.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Zapatisten und des Indigenen Rates werden im Juni in der galicischen Hafenstadt Vigo erwartet. Die indigene Delegation plant - wenn es die Pandemie zulässt - eine Rundreise durch Europa. Die Nachfahren der indigenen Hochkulturen wollen die europäische Öffentlichkeit über die anhaltende Kolonialisierungspolitik des mexikanischen Staates informieren.

Es wäre erfreulich, wenn das Weltmuseum Wien die indigene Delegation empfangen würde. Das Museum beherbergt eine stattliche Federkrone eines aztekischen Priesters. 1519/1520 soll der aztekische Herrscher Montezuma II diesen Schmuck dem Spanier Cortes geschenkt haben. Wahrscheinlich ist, dass der spanische Massenmörder die Krone stehlen ließ. Über den spanischen Hof gelangte die Federkrone Ende des 16. Jahrhunderts in den Besitz von Erzherzog Ferdinand II von Tirol. Die Federkrone wurde Teil der ethnographischen Sammlung der Habsburger.

Die Republik Österreich geht deshalb davon aus, dass die Federkrone legal erworben wurde und der Erwerb geraubten Gutes auch rechtmäßig sei. Letztendlich handelt es sich doch aber um Raubkunst.

Seit Jahrzehnten fordern die Nachfahren der Azteken vergeblich die Rückgabe der Federkrone. Drei Anträge der SPÖ und der Grünen auf Rückgabe, Schenkung und Dauerleihgabe (vom 11.05.2005, 07.03.2007 und 11.03.2009) blieben unbeantwortet und wurden vertagt. Bereits 1996 hatte Bundespräsident Thomas Klestil eine Rückgabe der Federkrone zugesichert als Zeichen der Dankbarkeit dafür, dass Mexiko als erstes Land 1938 im Völkerbund gegen die Annektion Österreichs durch das NS-Regime protestiert hatte. Jedoch geschah nichts.

Auch der linke mexikanische Präsident Obrador drängte Österreich auf die Rückgabe der Federkrone. Sie sollte aber an die indigenen Völker Mexikos zurückgegeben werden und nicht an einen Präsidenten, der in Chiapas - und in anderen Bundesstaaten mit starker indigener Bevölkerung - einen schmutzigen Krieg gegen die indigenen Gemeinschaften führt.

Wir appellieren an Österreich, an den Bundespräsidenten, an den Bundeskanzler, an das Präsidium des Nationalrates und an das Weltmuseum Wien, die aztekische Federkrone nach 500 Jahren Exil an die indigenen Völker zurückzugeben - und zwar an die indigene Delegation aus Chiapas, die Ende Juni in Europa erwartet wird.

Macht Euch nicht länger zu Komplizen der Mörder und Verbrecher der damaligen Zeit. Die Rückgabe ist ein Akt der Menschlichkeit und der symbolischen Wiedergutmachung. Gebt den indigenen Völker Mexikos zurück, was ihnen gehört.