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Volkszählung und Proporz:
Auf der einen Seite Schutz für die Mehrheit, auf der anderen Seite Diskriminierung der Minderheit
von Mateo Taibon
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 16.10.2001

Gewisse politische Kräfte in Südtirol wehren sich vehement gegen eine auch nur leichte Abänderung der aktuellen Methode der Volkszählung. Man beschwört eine politische Weltuntergangsstimmung und bläst im gleichen Atemzug zum ideologischen Kampf gegen jene, die eine andere Methode fordern. Die Art und Weise des Vorgehen hat durchaus Fanatisches an sich.

Die Volkszählung und der - dadurch ermöglichte - Proporz seien eine Säule der Autonomie, heißt er zur deren Verteidigung in den immergleichen Propagandaparolen. Doch nicht ob es eine Säule der Autonomie sei oder nicht, ist die wesentliche Frage, sondern ob die aktuelle Regelung den Menschenrechten entspricht und inwieweit sie tatsächlich Minderheitenschutz festschreibt. Mit den Menschenrechten und mit dem Minderheitenschutz hat der Proporz aber größere Probleme - sicherlich auch der Grund, warum gewisse Politiker den Proporz so vehement und mit verbalen Hieben nach links und rechts verteidigen.

Mit dem Proporz werden alle öffentlichen Stellen proporzional nach der Stärke der Volksgruppe vergeben. Die Proporzregelung ist damit eine Garantie für die deutsche Mehrheit im Lande (entgegen vielen politischen Parolen sind die Deutschen nicht Minderheit, sondern Mehrheit), für die Minderheit jedoch kehrt sich der Proporz in Diskriminierung um. Für die deutsche Sprachgruppe ergeben sich eine Fülle von Garantien, für die italienische Sprachgruppe bereits weit weniger. Vor allem aber für die ladinische Minderheit - die einzig Minderheit in Südtirol - ist der Proporz Quelle der Diskriminierung.

Die Ladiner erhalten durch den Proporz zwar gewissen Garantien. Gleichzeitig bedeutet die Aufteilung nach Volksgruppenstärke jedoch, dass die kleinste Gruppe immer wieder ausgegrenzt wird. Die Ladiner werden durch den Proporz aus jenen Berufen gesetzlich ausgeschlossen, wo es wenige Stellen zu vergeben gibt! Rein rechnerisch bedeutet dies, dass ein Ladiner erst dann eine Stelle bekommt, wenn 24 Stellen zu vergeben sind. Ist man ein guter Jurist und Ladiner - Staatsanwalt wird man nie, weil man Ladiner ist. Die ladinische Sprachgruppe ist aus einer ganzen Reihe von Berufen - die hochstehenden, wohlgemerkt - gesetzlich ausgeschlossen.

Der Proporz verstösst hier also gegen das erste Prinzip der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: Alle Menschen sind gleich an Rechten geboren. Durch den Proporz werden Bürger aufgrund ihrer Sprache aus bestimmten Ämtern und Berufen ausgeschlossen. Das ist nicht Minderheitenschutz, das ist Rassismus.

Der Ausschluß der Ladiner aus den höchsten Ämtern im Land ist nicht eine unerwünschte Nebenwirkung, diese wird immer wieder ganz bewußt eingesetzt. So wurde beispielsweise der ladinische Landtagsabgeordnete Carlo Willeit (Ladins) von den Gesetzgebunskommissionen ausgeschlossen - weil er Ladiner ist. Als Grund wurde hergenommen: Der Proporz. Angewandt auf die einzelnen Kommissionen jedoch und nicht auf die Gesamtzahl der Mitglieder der Gesetzgebungskommissionen. Vorher seiner Wahl war ein Ladiner sehr wohl vertreten - er war in der Mehrheitspartei SVP! So wird Proporz bewußt eingesetzt, um die Ladiner zu diskriminieren. Der ladinische Landtagsabgeordnete Carlo Willeit hat auch Rekurs eingereicht beim Verfassungsgerichtshof in Rom - und dieser hat ihm Recht gegeben. Doch in Bozen hat man dies ignoriert! Proporz also als paratotalitäres Machtinstrument, in Übergehung von Menschenrechtsprinzipien und der Verfassung eines demokratischen Staates.

Der Proporz in der heutigen Form ist eine diskriminiserende Regelung. Die Verteidigung dieser Regelung in der heutigen Form ist die Verteidigung auch von Ungerechtigkeiten.

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