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Riesige Staudammprojekte bedrohen die Ureinwohner

Die Fälle Yacyretà, Chixoy und Katse

Das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser gerät zunehmend in Gefahr. Riesige Staudammprojekte und damit viel Geld sind meist wichtiger als die Bedürfnisse von Minderheiten und Ureinwohnervölkern. Am lukrativen Geschäft beteiligt sich auch der italienische Konzern Impregilo. Er errichtet die Staudämme Yacyretà an der Grenze zwischen Argentinien und Paraguay, Chixoy in Guatemala und Katse in Lesotho.

INDEX
Vorwort | Yacyretà | Chixoy | Katse | Abschließende Bemerkungen

Vorwort .: oben :.

Tausende von Menschen haben in den vergangenen Jahren auf der ganzen Welt gegen den Bau von Großstaudämmen protestiert. Dies führte dazu, dass die Weltbank schließlich gezwungen war, den Untersuchungsausschuss "Inspection Panel" ins Leben zu rufen. Er hat die Aufgabe, Projekte unabhängig und kompetent zu untersuchen und zu bewerten. Die Staudämme haben bislang meist mehr gekostet als ursprünglich vorgesehen war, die sozialen und biologischen Folgekosten nicht einmal mitberechnet. Die Anlagen haben schlussendlich weniger Energie produziert als vorher versprochen und auch weniger Wasser zur Bewässerung abgegeben als geplant.

Vorteile gab es nur für Großgrundbesitzer, Agrokonzerne und Spekulanten. Sie haben auf Kosten der Kleinbauern, der Landarbeiter, der Fischer und der indigenen Völker und Minderheiten den Gewinn abgeschöpft und sich damit aus dem Staub gemacht. Daher sollten Regierungen, internationale Konzerne und Investoren zunächst einmal folgende Bedingungen einhalten, bevor weitere Großkraftwerke gebaut werden:

- Es darf keine Gewalt oder Einschüchterung gegen Personen geben, die gegen ein Staudammprojekt sind.
- Werden Personen umgesiedelt, müssen sie mit einem gleichwertigen Grundstück und den entsprechenden Häusern und Infrastrukturen wie Straßen und Stromleitungen entschädigt werden.
- Die durch das Projekt entstehenden Schäden an der Umwelt müssen beseitigt werden.
- Indigene Völker müssen besonders geschützt werden. Sie müssen mit Landrechten und Grundstücken entschädigt werden, die ihnen die Fortführung ihrer bisherigen kulturellen und wirtschaftlichen Lebensweise erlauben. Sollte das nicht möglich sein, muss das Staudammprojekt anderswo realisiert oder ganz fallen gelassen werden.

Diese Punkte stehen im Einklang mit der ILO-Konvention Nr. 169 (ILO: Internationale Arbeitsorganisation - International Labour Organisation, eine Unterorganisation der UNO mit Sitz in Genf), dem bislang umfassendsten völkerrechtlichen Abkommen zum Schutz indigener Völker in aller Welt. In 44 Artikeln wird neben der Gleichberechtigung von Ureinwohnern in der Arbeitswelt auch das Recht auf das eigene Territorium, die eigene Lebensweise, Kultur und Sprache festgeschrieben. Zu den Unterzeichnern der ILO-Konvention gehören unter anderem auch Argentinien, Paraguay und Guatemala.

Daneben sehen noch eine ganze Reihe anderer internationaler Abkommen (z. B. die "Declaration on Indigenous Peoples Rights" oder die "Charter on Industrial Hazards and Human Rights") den Schutz von Ureinwohnervölkern und der Umwelt vor.

Das vielbeschworene Recht auf Selbstbestimmung der Völker wirkt sich natürlich auch auf die indigenen Völker aus: Demnach müssten sie in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden, über ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung bestimmen und auf das eigene Gewohnheitsrecht pochen können. Doch dem ist bei weitem nicht so.

Yacyretà .: oben :.

Der Bau des Großstaudammes am Paranà, an der Grenze zwischen Argentinien und Paraguay, wurde 1973 beschlossen. Gleichzeitig riefen die beiden Unterzeichner des "Yacyretà-Vertrages", der argentinische Präsident Juan Domingo Perón und Paraguays Diktator Alfredo Stroessner, die Entitad Binacional Yacyretà (EBY) ins Leben. Ihre Aufgabe war es, das Projekt durchzuziehen und dafür zu sorgen, dass Argentinien elektrische Energie bekommt. Zehn Jahre später vergab EBY die Bauarbeiten für das Projekt für 1,4 Milliarden Dollar an die italienische Firma Impregilo und die französische Dumez. Den Bau der Turbinen und der elektrischen Anlagen sicherte sich ein Konsortium der amerikanischen Firma Allis Chalmers und der englischen Boving.

Wie sich noch vor dem Beginn der Arbeiten herausstellte, gab es große Vorkommen an Gas in der argentinischen Provinz Salta, mit denen man billiger Energie produzieren hätte können. Außerdem versank das Projekt rasch im Korruptionssumpf und gilt als eines der korruptesten in ganz Lateinamerika. Sogar die Weltbank hat mittlerweile zugeben müssen, dass der Yacyretà-Staudamm nie hätte begonnen werden dürfen.

Die wirtschaftliche Analyse und jene der Kosten war völlig falsch gemacht worden. In der Tat schnellten die Kosten für die Planung vier Mal und jene für die Verwaltung sogar sieben Mal nach oben. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die produzierte Energie dreimal so viel kostet wie im internationalen Durchschnitt. Die Arbeiten, die bis 1990 hätten abgeschlossen werden sollen, sind noch im Gange. Sogar der Abschlussbericht der Weltbank "Performance Audit Report" räumt ein, dass das Yacyretà-Projekt nicht die Lösung mit den geringsten Kosten und dem größten Nutzen im Hinblick auf die Energieerzeugung in Argentinien war. Außerdem habe die Weltbank die Möglichkeit gehabt, "das Projekt zu stoppen, bevor die Planungsarbeiten zu weit fortgeschritten waren."

Im Jahr 1994 füllte man den Stausee mit Wasser. Er sollte 83 Meter tief werden. Geworden sind es schließlich 76 Meter, denn es gab Probleme mit der ansässigen Bevölkerung, die den Wassermassen nicht weichen wollte. Sie hatte sich inzwischen zur NGO Sobrevivencia zusammengeschlossen und im Jahr 1996 einen Rekurs bei der Weltbank gemacht: Die Richtlinien für Wiederansiedelung, die Umwelt und indigene Völker seien verletzt worden. Dazu ist zu sagen, dass in den ersten zehn Jahren bis 1983 weder die Weltbank noch die Regierung jemals mit diesen Menschen gesprochen hatte. Auch danach verliefen die ersten Treffen ohne Ergebnis. Dabei mussten rund 13.000 Personen vor allem im Gebiet Paraguays bereits das Feld räumen; das ursprüngliche Projekt sieht vor, dass 52.000 umgesiedelt werden müssen.

Die Mbya Guaranì
Wird das Staubecken ganz aufgefüllt, sind vor allem die Bewohner auf dem Land betroffen, die in der Gegend von Encarnaciòn, mit 55.000 Einwohnern der zweitgrößten Stadt Paraguays, und der argentinischen Stadt Posadas (220.000 Einwohner) leben. Das indigene Volk der Guaranì ist davon direkt betroffen. Die Gruppe Mbya der Guaranì hatte auf den Inseln des Paranà gelebt bis mit dem Bau des Staudammes begonnen wurde. Die rund 500 Ureinwohner, die sich mit Fischfang und Handel mit Handwerksprodukten über Wasser gehalten hatten, wanderten in die beiden Städte ab; im Jahr 1989 wurde einigen von ihnen im Rahmen eines Wiederansiedelungsprojektes ein kleines Stück Land zugewiesen - denn die Inseln sind mit dem Stausee im Wasser versunken.

Doch die meisten Mbya Guaranì leben heute versprengt in den Städten. Dabei hatte die Weltbank im Rahmen ihres Kredits an EBY eine Studie in Auftrag gegeben, die über die sozialen und anthropologischen Auswirkungen des Staudammprojektes auf die Ureinwohner der Region Aufschluss geben sollte. Davon sollten die weiteren Kredite abhängen. Bis heute ist dieses Dokument jedoch nicht veröffentlicht worden und es sieht so aus, als ob die Weltbank auch nicht besonders interessiert daran ist. Nach Informationen von Insidern sieht die Studie hohe Kompensationsbeträge für die Wiederansiedlung von Indigenen vor. Die Weltbank will von solchen Mehrkosten aber anscheinend nichts mehr wissen. Außerdem beschreibt die Studie die Folgen der Umsiedlungen von Ureinwohnern nach 1987: Verlust der traditionellen Sprache, Fehlen des Zugangs zu natürlichen Resourcen, Abkehr von traditionellen Anbaumethoden, mangelnde technische Unterstützung von Seiten der zuständigen Behörden und frühzeitiger Verfall der Häuser, die mehr schlecht als recht als Kompensation errichtet worden waren.

Schuhmacher, Klempner, Bäcker - sie alle haben ihre Arbeit verloren ohne eine neue zu finden. In den neuen Häusern sind die hygienischen Zustände schlechter geworden. Das zeigt sich am Beispiel einer Gruppe von 20 Familien bestehend aus rund 75 Personen. Nach Informationen der Weltbank wurde ein Gebiet von 370 Hektar Land für diese Mbya Guaranì ausgesucht, und zwar in Pindo. Das Land befindet sich zwischen einer Hauptverkehrsachse und einer Hochspannungsleitung, die Trinidad und Ayolas verbindet. Nach Angaben der Weltbank hat die Gemeinschaft das Gebiet selbst gewählt, um Zugang zur Elektrizität zu haben und um die Baumwolle, die sie auf ihren Äckern von nun an produzieren wollte, direkt an der Straße verkaufen zu können.

Der Bericht des Untersuchungsausschusses "Inspection Panel" hat hingegen ergeben, dass es sich um ein sehr unwirtliches Stück Land handle: "Die Mbya-Familien sind gemeinsam mit anderen Mbya-Gruppen, die bis dahin in einer völlig anderen Umwelt gelebt hatten, nach Pindo verlegt worden. Das Land, auf dem sie sich niederlassen sollen, ist völlig ungeeignet dafür, weil es viel zu klein ist und außerdem nicht über die nötigen Resourcen verfügt."

Dabei sieht die im Jahr 1994 reformierte Verfassung Argentiniens vor, dass indigene Völker von da an als solche akzeptiert werden und die vollen staatsbürgerlichen Rechte erhalten. Im Artikel 75, Komma 17, heißt es: "Anerkennung der ethnischen und kulturellen Existenz der indigenen Völker Argentiniens. Ihre Identität muss gewahrt werden, genauso wie das Recht auf eine zweisprachige und multikulturelle Erziehung. Ihre Gemeinschaften sind als juridische Personen ebenso zu akzeptieren wie der Besitz und das gemeinsame Eigentum des Landes, auf dem sie traditionellerweise leben. Dort können sie all ihre Tätigkeiten durchführen, die sie für die menschliche Entwicklung brauchen. Keines dieser Rechte darf durch Hypothekten oder Verbote gestört werden. Es muss gesichert sein, dass sie ihre Ressourcen und andere Dinge, die sie betreffen, selbst verwalten können."

Die Mbya Guaranì Argentiniens, die vom Projekt betroffen sind, leben in der Provinz Misiones, deren oberste Verwalter für ständige Verletzungen der Rechte Indigener verantwortlich sind. Ein Provinzialgesetz (Nr. 2435), das im Jahr 1989 herausgegeben worden ist, gesteht den Guaranì eine Teilautonomie zu und sieht die Rückgabe ihrer Erblande vor (mit einer geschätzten Ausdehnung von über 350.000 Hektar). Außerdem wird ihnen damit eine Vertretung bei der Provinzialregierung garantiert, daneben der Einsatz spezieller Entwicklungs-, Erziehungs- und Wohnprogramme. Aber bis heute ist nicht einmal die Demarkation der 18.000 Hektar erfolgt, die die Mbya erhalten haben. Sie können also theoretisch jederzeit von dort wieder vertrieben werden.

Paraguay und die Rechte der Indigenen
Das Land hat rund vier Millionen Einwohner. 70.000 von ihnen sind indigener Abstammung, die sich in 17 ethnische Gruppen unterteilen. Aber sie leben am Rande der Gesellschaft. Sie kämpfen mit Unterernährung und Tuberkulose. Die Indigenen erhalten Gehälter, die kleiner sind als der nationale Mindestlohn; gleichzeitig haben sie keine soziale Absicherung. Noch schlimmer sieht es mit den Landrechten aus. Nach einem Dekret aus dem Jahr 1825 mussten alle Bürger Paraguays ihre Landrechte nachweisen. Natürlich hatten die Ureinwohner keine schriftlichen Beweise, daher ging ihr Land automatisch in das Eigentum des Staates über.

Trotzdem gilt die paraguayanische Verfassung, die im Jahr 1992 nach dem Sturz des Diktators Alfredo Stroessner überholt worden ist, als eine der fortschrittlichsten in Lateinamerika. Sie enthält im Artikel 63 den Passus, das "den indigenen Bevölkerungsgruppen Paraguays das Recht, ihre ethnische Identität zu schützen und weiterzuentwickeln, garantiert werden muss" - und zwar in ihrer traditionellen Umgebung. Artikel 64 sieht vor, dass die Indigenen "das Recht haben, jenes Land zu besitzen, das sie für die Bewahrung und Entwicklung ihrer besonderen Lebensweisen benötigen. Der Staat muss ihnen dieses Land kostenlos zur Verfügung stellen." Außerdem sei der Verkauf dieses Landes ohne Einwilligung der betroffenen indigenen Bevölkerungsgruppe verboten. Zusätzlich hat Paraguay im Jahr 1993 die ILO-Konvention 169 unterschrieben (siehe oben).

Probleme mit dem Stausee
Der Yacyretà-Stausee ist rund 100.000 Hektar groß, die Böden sind bis heute verseucht. Verschuldet haben das hauptsächlich die Fabriken, die unter Wasser gesetzt worden sind, und das Abwasser, das ungeklärt in den Stausee geleitet wird. Die Ausrottung von verschiedenen Tierarten geht damit einher. Hochrechnungen haben ergeben, dass 60 Arten stark bedroht sind.

Doch auch die Menschen, die am See leben, leiden an verschiedenen Krankheiten, die hauptsächlich das Verdauungssystem, die Haut und die Atemwege betreffen. Nach den Daten des Gesundheitsministers Paraguays sind diese Krankheiten zwischen 1990 und 1994 angestiegen. Daneben ist mit einem Anstieg von Malaria und anderen Krankheiten zu rechnen, die von Mücken übertragen werden. Die Qualität des Wassers in den Brunnen ist merklich gesunken, der Fischfang zurückgegangen - auch das trug zur Unterernährung der ärmsten Schichten bei. Auffallend ist, dass gerade in den regenreichen Zeiten die Sterblichkeitsrate hoch ist. Die sanitären Dienste sind ungenügend und mit der Umsiedlung auch nicht ausgeweitet worden. Im Fall Yacyretà kann man sogar von einer Auslagerung der Risiken, die mit dem Projekt verbunden sind, in ein anderes Land sprechen, wenn man bedenkt, dass die produzierte Energie in Argentinien verwendet wird, während die Bevölkerung Paraguays die negativen Auswirkungen zu spüren bekommt.

Argentinien und Paraguay müssen erst noch das Geld für den "Environment Mitigation Plan" auftreiben, der zum Ziel hat, die Umwelt in den Gebieten zu schützen, die den ausgesiedelten Menschen als Entschädigung überlassen worden sind. Außerdem müsste die EBY den Kauf von Land aus privater Hand endlich zu Ende bringen. Zurzeit scheinen beide Maßnahmen aufgrund der prekären Wirtschaftslage kaum realisierbar.

In Argentinien fanden im Jahr 1997 Verhandlungen zur Privatisierung des Kraftwerkes statt, die sich jedoch nicht erhärtet haben. Durch die Privatisierung wären die noch ausstehenden Entschädigungszahlungen wahrscheinlich endgültig verloren gewesen. Zum Kraftwerk bleibt noch zu bemerken, dass die 20 Turbinen derzeit nur mit einer Leistung von zwei Dritteln des Potenzials arbeiten. Nur die Auffüllung des Sees von 76 auf 83 Meter würde hier Abhilfe schaffen - und gleichzeitig Tausende von Menschen in tiefes Leid stürzen.

Chixoy .: oben :.

Das Chixoy-Projekt wurde während der Militärdiktatur in Guatemala entwickelt - dabei wurden die Rechte der ansässigen Personen schlichtweg übergangen. Fast 400 Menschen wurden bei Zusammenstößen zwischen den Staudamm-Gegnern und Militärs getötet.

Im Jahr 1975 hatte das "Instituto Nacional De Electrificación" (INDE) das Projekt publik gemacht. Es sollte Guatemala aus der Krise helfen, nachdem die Kosten für den Einkauf von Erdöl in astronomische Höhen gestiegen waren. Die Finanzmittel für das Projekt kamen von der Weltbank - die schon vorher mit dem Aufbau des Energiesektors in Guatemala beschäftigt war - und von der Interamerikanischen Entwicklungsbank: 72 Millionen Dollar von der ersten und 105 Millionen von der zweiten. Weitere Finanziers waren zum Beispiel auch die "Cooperazione bilaterale italiana", die im Jahr 1992 14 Milliarden Lire als Hilfskredit zur Verfügung stellte; er sollte die Führungskosten der Elektrozentrale Chixoy abdecken, zu Gunsten der Cogefar-Impresit. Das Konsortium Lami, Berater der INDE, hatte ursprünglich vier Staudämme geplant, um täglich 550 Megawatt zu produzieren. Die erste Phase sah den Bau einer 100 Meter hohen Staumauer bei Pueblo Viejo vor, der das Wasser über einen 26 Kilometer langen Tunnel auf die Turbinen bei Quixal (300 MW) leiten sollte.

Doch die ursprünglichen Kosten waren nach dem Erdbeben von 1976 von 270 Millionen Dollar auf 800 Millionen geschnellt. Gleichzeitig gab es entscheidende Veränderungen im Projekt, da die geologischen Voraussetzungen völlig andere waren als ursprünglich errechnet. So blieb die erste Staumauer die einzige, die erbaut wurde.

Hauptsächlich berücksichtigte man beim Projekt aber nicht die Personen, die mit dem Staudamm ihre Heimat verlassen mussten. Sie wurden weder konsultiert noch informiert. Dazu steht in der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 1975: "Die Bevölkerung der Gegend ist vor allem indigen ... das betroffene Gebiet ist daher praktisch unbewohnt."

Die ersten Kontakte wurden im Jahr 1976, nach dem Beginn des Baus des Staudamms hergestellt: Die Vertreter des INDE begaben sich mit dem Hubschrauber zum Rio Negro, um die Bevölkerung zu informieren, dass der Staudamm gebaut und der See schon bald das Land, auf dem sie wohnten, unter Wasser setzen werde. Nach langer Diskussion beschlossen die Ureinwohner eine Abordnung in die Hauptstadt zu schicken, die über die Wiederansiedelung verhandeln sollte. Aber diese Verhandlungen erfolgten in einem Klima der Einschüchterung und des Terrors. Die Einwohner von Rio Negro sind mehrmals bedroht und von den Vertretern des INDE an der Nase herumgeführt worden. Im Jahr 1980 sind zwei Ureinwohner zerstückelt wiedergefunden worden, nachdem sie sich zum INDE-Büro begeben hatten, um mittels eindeutiger Papiere, dem Libro de Acta, ihre Rechte auf das Land geltend zu machen.

Die Hauptbetroffenen des Stausees sind die Maya Achì, von denen es in der Region Verapaz heute noch rund 75.000 gibt. Diese Ureinwohner sprechen Achì. Die Gemeinschaft am Rio Negro zählte Ende der 70er Jahre etwa 500 Personen. Jede Familie bebaute ihr eigenes Stück Land, einige hielten auch Kühe und Pferde. Keine Straße führte zum Rio Negro. Rabinal, der nächste Markt war nur über einen Fußmarsch von acht Stunden erreichbar.

Bericht des "Foro por la vida" Am ersten Tag des Forums "Foro por la vida", das vom 21. bis 24. März 2002 in Guatemala stattfand, berichteten mehrere Organisationen aus verschiedenen Ländern von ihren Protesten und Kämpfen gegen Staudammprojekte. Zur Debatte stand natürlich auch der Staudamm am Rio Chixoy, der in den Jahren 1976 bis 1983 erbaut worden war. "Damals", so kann man im Protokoll nachlesen, "wurden mehr als 20 Gemeinden überflutet. In dieser Zeit herrschte Krieg in Guatemala, in dem ca. 140.000 Menschen von den Militärs ermordet wurden; auch viele, die sich gegen den Bau des Staudamms aussprachen, wurden umgebracht oder verschwanden spurlos. Die Regierung versprach den vom Bau des Staudamms betroffenen Bewohnern neue Häuser, fruchtbares Land, Lastwägen und Boote, um den Staudamm überqueren zu können. Nichts davon wurde je eingehalten. Das Land, welches ihnen zugewiesen wurde, war so klein, dass es nicht einmal genügend Platz für die Tierhaltung gab. Die Lebensbedingungen haben sich grundlegend verschlechtert und durch die Enge haben Nachbarschaftskonflikte stark zugenommen."

Drei Männer aus der betroffenen Comunidad Rio Negro berichteten beim Forum, dass damals in diesem Zusammenhang über 400 Menschen ermordet wurden. Nüchtern zählten sie auf: "Am 30.2.1982 wurden 73 Campesinos ermordet, am 3.3.1982 wurden 70 Frauen und 107 Kinder ermordet, innerhalb September 1982 wurden noch einmal 117 Einwohner des Dorfes Rio Negro umgebracht, nachdem sie sich geweigert hatten, ihre Heimat zu verlassen und in das von der INDE vorgesehene Gebiet umzusiedeln ..."

Die Männer erzählten, dass sie damals keine Vorstellung davon hatten, was ein Staudamm sei. Sie befragten die Ältesten im Dorf, deren Meinung war, dass von Menschen Hand kein Fluss so vergrößert werden könne, die Macht dazu hätte nur Gott alleine. So gab es hier nur relativ wenige, die sich gegen den Bau des Staudamms aussprachen. Der Tag, an dem das Tal überflutet wurde, brachte den Menschen eine soziale und ökologische Katastrophe. Die ihnen versprochen Boote haben sie nie erhalten, sodass es bis zum heutigen Tag für die Menschen der jeweils anderen Seite des Stausees keine Möglichkeit mehr gibt sich zu treffen und so auch der Handel mit Waren nicht mehr stattfinden kann. Vor dem Bau wurde ihnen erzählt, dass der See acht Kilometer lang werden wird, heute hat er eine Länge von 52 Kilometern.

Alle Berichte, die im Forum gemacht worden sind, handeln von der übereinstimmenden Erfahrung, dass die zuvor gegebenen Versprechungen der Regierungen aus Ländern wie Costa Rica, Belize, Kolumbien und der Dominikanischen Republik nach Fertigstellung der Staudämme so gut wie nie eingehalten wurden. Der jeweils nationale Strombedarf dieser Länder ist fast abgedeckt, der Strom, der mittels der Staudämme produziert wird, ist hauptsächlich für den Export in die USA und für Projekte im Rahmen des PPP (Mexikos Präsident Vicente Fox verkündete im Jahr 2000 den Start des Plan Puebla-Panama; es handelt sich dabei um ein riesiges Projekt zum Aufbau von Infrastruktur, um große Unternehmen in die Region zu locken, die aus den neun südöstlichen Bundesstaaten Mexikos und den sieben mittelamerikanischen Ländern besteht) bestimmt, z.B. für die internationalen Produktionsstätten, die so genannten Maquiladoras (siehe unten). Im Vergleich zu anderen mittelamerikanischen Ländern bezahlt beispielsweise die Bevölkerung von Belize für den dort privatisierten Strom einen dreifach höheren Strompreis. Selbst in Kanada, dem Herkunftsland des Energiekonzerns, der in Belize das Monopol hält, ist der Strom preiswerter.

Trotz der publik gewordenen Massaker und der Beweise für Korruption und Misswirtschaft haben sowohl die Weltbank als auch die Interamerikanische Bank für Entwicklung das Projekt Chixoy weiterhin finanziert - ohne mit der Wimper zu zucken.

Die Umsiedlung Nach den Massakern von 1982 begann man damit, den Stausee zu füllen - die Bevölkerung musste ihm zwangsläufig Platz machen. Das neue Dorf Pacux wurde als Vorzeigedorf angelegt, das das Guatemaltekische Militär dazu benutzte, um die Gureillas zu kontrollieren. Gleich daneben legte man einen Militärstützpunkt an, von dem aus die Bevölkerung ständig kontrolliert werden konnte.

Allerdings legen die Richtlinien der Weltbank fest, dass die ursprünglichen Lebensbedingungen wiederhergestellt werden müssen. Aber auch in Chixoy ist das überhaupt nicht passiert. Das Dorf war nicht sehr einladend, ohne Bäume, die Qualität der Häuser ließ zu wünschen übrig und das Land war viel zu klein für die Anzahl der Menschen. Statt der 561 versprochenen Acker teilte man nur 240 zu, von denen ein Teil für die Bebauung ungeeignet war. Wasser und Strom wurde zwar geliefert, aber nur zu bestimmten Tageszeiten und gegen Bezahlung. Die Bevölkerung lebte und lebt auch heute noch in äußerster Armut. Es gibt keine Arbeit in der Gegend, sodass die Männer gezwungen sind, in den Zeiten der Aussaat und der Ernte in die größeren Plantagen abzuwandern. Das im Moment günstigste Arbeitsangebot für einen Jugendlichen in Pacux scheint der dreijährige Militärdienst zu sein, der immerhin Kleidung, Unterkunft, Essen und einen Monatslohn von 60 Dollarn garantiert.

Ironie des Schicksals: Die Söhne jener, die Anfang der 80er Jahre von Militärs massakriert worden sind, dienen jetzt selbst beim Militär. Wie im Fall Yacyretà sind 18 Familien, frustriert von den Lebensbedingungen in Pacux, an die Ufer des Stausees zurückgekehrt. Dort leben sie in Strohhütten von Fischfang, Jagd und dem Anbau einiger weniger Pflanzen. Im neuen Rio Negro ist das Leben schwer - ohne Elektrizität und ausreichende Nahrung - aber viele ziehen es jenem in Pacux vor.

Auch die Entschädigungen für die Ureinwohner sind noch nie - auch noch nicht 20 Jahre nach der Auffüllung des Sees - vollständig ausbezahlt worden. Und wenn sie erstattet worden sind, handelt es sich um Beträge, die jeder Entschädigung spotten: Sie bewegen sich zwischen 8 und 172 Dollar! Außerdem haben sie großteils noch keine Besitzrechte für die neu zugewiesenen Güter in Pacux erhalten.

Die fehlende Effizienz der Anlage Nach der Auffüllung des Sees im Jahr 1983 ging das Kraftwerk in Betrieb. Nach fünf Monaten wurde es aber wieder gestoppt, weil man den Zusammenbruch des Tunnels befürchtete, durch den das Wasser vom Stausee zum Kraftwerk gelangte. Die Anlage wurde erst wieder im Jahr 1985 nach den Sanierungsarbeiten eröffnet, aber das Kraftwerk produzierte niemals mehr als 70 Prozent der ursprünglich vorgesehenen Energie. Die laufenden Kosten sind sehr viel höher als ursprünglich geplant und technische Probleme erforderten immer wieder kostspielige Reparaturarbeiten.

Jetzt besteht auch noch die Gefahr, dass das Gebiet um den Stausee zur Wüste wird, nachdem die Wälder rundherum schonungslos abgeholzt worden sind; alle bisherigen

Wiederbewaltungsversuche sind jedenfalls gescheitert - vielleicht auch deshalb, weil sie zu spät gestartet wurden. Auch die Verlandung des Sees geht sehr viel schneller vor sich als ursprünglich errechnet, bereits in 20 Jahren könnte er verlandet sein. Weder die Weltbank noch die INDE haben vor dem Bau eine Prüfung der Umweltverträglichkeit durchführen lassen.

Das Projekt stellte sich auch als Desaster in finanzieller Hinsicht heraus. Vor allen Dingen hilft das Kraftwerk kaum den Energiebedarf des Landes zu decken, wenn auch die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen gesunken ist; doch Guatemala gibt jährlich immer noch 150 Millionen Dollar für die Energiegewinnung aus. Das Chixoy-Projekt kostet jährlich mindestens 8 Millionen Dollar und nur wenn es voll arbeitet, können 50 bis 70 Prozent des Bedarfs des Landes gedeckt werden - ein Zustand, der nicht oft erreicht wird.

Nur 30 Prozent der Bevölkerung Guatemalas verfügen über elektrische Energie. Eine Erhebung der Weltbank im Jahr 1996 ergab, dass "die durchschnittliche jährliche Produktion in Chixoy 1.300 Gigawatt beträgt". Bedenkt man die Kosten für die Anlage von 1,2 Milliarden Dollarn (521 Prozent höher als ursprünglich vorgesehen), ist das natürlich eine geringe Leistung.

Katse .: oben :.

Das Lesotho Highlands Water Project (LHWP) ist im Jahr 1986 mit einem Vertrag zwischen der Republik Südafrika und der Regierung von Lesotho geboren worden. Das Projekt sieht insgesamt fünf Staumauern vor, 200 km Tunnels, die die Maluti-Berge durchschneiden, und eine Elektrozentrale von 72 Megawatt, die Lesotho mit Energie versorgen soll. Das Hauptziel des Projekts war es, der südafrikanischen Provinz Gauteng Wasser aus den Flüssen Malibamatso und Senqunyane - beides Nebenflüsse des Oranje - zu liefern. Gauteng ist eine hochindustrielle Provinz, in der sich auch die Städte Pretoria und Johannesburg befinden. Der Abschluss des Projekts war für 2017 vorgesehen. Laut Vertrag muss Südafrika alle Kosten des Projekts tragen, außer jene für die Produktion der elektrischen Energie. Auch das nach Südafrika gelieferte Wasser verpflichtete sich Südafrika an den Binnenstaat zu bezahlen.

Die Weltbank bezahlte 110 Millionen Dollar für die Phase 1A und 120 Millionen für die Phase 1B und ist wieder einmal die treibende Kraft in einem Megaprojekt. Daneben kamen 50 Millionen Dollar von der Afrikanischen Bank für Entwicklung, 57 Millionen vom Europäischen Entwicklungsfonds und 230 Millionen von der Südafrikanischen Bank für Entwicklung. Insgesamt sieht das Projekt Investitionen von acht Milliarden Dollar vor.

Bis heute ist erst eine Staumauer, jene von Katse, fertiggestellt worden. Sie ist 185 Meter hoch und gehört zur Phase 1A, zu der auch der 48 Kilometer lange Tunnel zählt, durch den das Wasser vom Stausee zur Elektrozentrale Muela fließt. Von dort wird das Wasser weiter nach Gauteng geleitet. Derzeit beginnen die Arbeiten für die Staumauer Mohale, die 55 Meter hoch werden soll. Das Wasser aus diesem See soll dann durch einen 16 km langen Tunnel in den Katse-Stausee fließen.

Hier einige der primären Ziele Lesothos, die von nationalem Interesse sind: Bekämpfung der Armut; Schutz und Förderung der Gesundheit; Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitskräfte; Integration der Bereiche Umwelt und Entwicklung in den Entscheidungsprozess; Förderung einer nachhaltigen Entwicklung der Bergregionen; umsichtige Führung der Wasserreserven; Prüfung von Projekten auf ihre Umweltverträglichkeit; Stärkung der NGOs als potentielle Entwicklungspartner. Vergleicht man diese Ziele mit dem Katse-Staudamm-Projekt wird sehr schnell klar, dass nahezu keines verfolgt bzw. auch nur in Erwägung gezogen worden sein kann.

Die Basotho
Die lokale Bevölkerung ist wieder einmal nicht gefragt worden - weder als der Vertrag abgeschlossen worden ist noch während des Baus des ersten Staudammes. Betroffen sind die Basotho, die Teil des Mehrheitsvolkes von Lesotho sind. Der Staat, der völlig von Südafrika umschlossen ist, ist 30.000 Quadratkilometer und damit etwa gleich groß wie Belgien.

Um für das Projekt zu arbeiten, kamen rund 20.000 Personen, vorwiegend aus Südafrika, in das Hochland. Dadurch wurde die lokale Bevölkerung der Basotho, die knapp 25.000 Menschen zählt, beinahe verdoppelt. Das führte unweigerlich zu Spannungen. Jene Basotho, die als Handlanger angestellt worden waren, wurden sehr schlecht behandelt. Als sie sich im Jahr 1996 organisiert hatten und einen Streik begannen, wurden fünf von ihnen umgebracht. Die Weltbank setzte daraufhin zwar eine angeblich unabhängige Kommission ein, unterstützte das Projekt aber weiterhin.

Die LHDA (Lesotho Highlands Development Authority), die das Projekt in seiner Gesamtheit durchzieht, zog nach dem Abschluss der Phase 1A in Erwägung, die Gehälter der Arbeiter zu kürzen. Dazu ist in einem internen Dokument der Weltbank zu lesen: "In der Phase 1A waren die Gehälter nach den Mindestlöhnen berechnet worden, die in Südafrika bezahlt werden. Wenn in der Phase 1B der Mindestlohn Lesothos angewandt wird, könnte das zu Problemen mit den Arbeitern und mit dem Fortschreiten der Arbeiten führen." In der Tat ist der Mindestlohn in Lesotho um 50 Prozent niedriger als in Südafrika.

Ein weiteres Problem, das mit den Arbeitern aus Südafrika in die Heimat der Basotho kam, waren neue Krankheiten wie AIDS, die sich schnell ausbreiteten. Daneben stiegen die Prostitution und der Alkoholismus rapide an.

2.000 Menschen erlebten die Konsequenzen der Staubeckenfüllung am eigenen Leib. Sie verloren 300 Häuser, 1.000 Hektar kultivierbares Land, 3.000 Hektar Weide und damit ihre Existenz. Dabei ist das Hirtentum für die Basotho in traditioneller und kultureller Hinsicht sehr wichtig. Als die Menschen wegziehen mussten, ergaben sich große Probleme für sie. Sogar die Weltbank räumte ein, dass es nicht möglich sei, die ursprünglichen Bedingungen im neuen Siedlungsgebiet wiederherzustellen.

Das LHWP-Projekt sah zwei Formen von Kompensierung vor: eine direkte und einen landwirtschaftlichen Entwicklungsplan (Rural Development Plan, RDP). Die direkten Maßnahmen betreffen die Errichtung der Häuser, die jährliche Lieferung von Saatgut oder die Auszahlung von Geld für 50 Jahre sowie Futter für das Vieh; wie viel jeder erhalten sollte, hing von den verlorenen Hektar ab und von der mittleren Ernte. Wer Bäume oder Land verloren hatte, erhielt eine bestimmte Summe Geldes. Besonders der Verlust von Land war sehr schlimm, denn es existierten keine realen Möglichkeiten der Kompensation, vor allem wenn man bedenkt, dass nur neun bis zehn Prozent des Landes Lesothos kultivierbar sind.

Der Bau der Hütten ging sehr schleppend voran: Die Häuser, die ab den Jahren 1990/91 entlang der Hochspannungsleitung erbaut worden sind, waren im Oktober 1995 noch immer nicht bezugsfertig wie aus dem Bericht der Weltbank hervorgeht. Der RDP, der mit dem Verkauf des Wassers gekoppelt werden sollte, ist nach wie vor ein Plan auf dem Papier geblieben. Nach einem Bericht der LHDA aus dem Jahr 1993 ist die Mehrheit der Personen sehr unzufrieden mit der Entschädigung - sei es in Form von Geld, sei es in Form von Nahrungsmitteln. Der Nährwert der angebauten Produkte (97 Prozent Getreide, 3 Prozent Gemüse) ist sehr gering, sodass sich infolge der Unterernährung Krankheiten ausbreiten.

Erdbeben und Wassermangel
Im Oktober 1995 wurde der Stausee gefüllt. Danach kam es zu einer Reihe von Erdbeben: 95 Erdstöße in 16 Monaten. Sie waren wahrscheinlich von den 350 Millionen Tonnen Wasser verursacht worden, die sich im See stauten. Ein Spalt von 1,5 Kilometer Länge hat sich im Dorf Mapeleng aufgetan. Daneben sind einige Trinkwasserquellen ausgetrocknet. Diese Ereignisse haben die Befürchtungen der Bevölkerung noch verstärkt. Natürlich wurde auch dieses Projekt ohne eine umfassende Prüfung der Umweltverträglichkeit begonnen; dafür sind 35 Studien über die Flora und Fauna des Gebietes durchgeführt worden. Sie dienen als Grundlage für die Eröffnung eines botanischen Gartens in Katse. Zu diesem Zweck sind 350 verschiedene Arten aus dem ursprünglichen Gebiet des Stausees entnommen worden. Außerdem sollten die Bewohner mittels Videobildern über die Natur und ihre Umgebung geschult werden: Man will also jene Personen schulen, die bereits ihre Umgebung kennen - eine zumindest seltsame Art der Schulung.

Dafür sind für die nächste Phase des LHWP genauere Maßnahmen vorgesehen und ein Budget für Prävention und Information: "Während der Phase 1A wurde kein integriertes System für den Schutz der Gesundheit angewandt; es sind zwei parallele Sanitätssysteme im Gebiet entwickelt worden, eines für die angestellten Arbeiter und das andere für die lokale Bevölkerung; die Phase 1B sollte ein Sanitätssystem enthalten, die beide Gruppen berücksichtigt."

Jüngste Studien belegen, dass die ursprünglich gemachten Schätzungen über das Wasservorkommen in Lesotho zu optimistisch waren. Im Hochland gibt es demnach zu wenig Wasser, um alle fünf vorgesehenen Stauseen zu speisen.

In der nächsten Phase, mit dem Bau des Mohale-Staudammes, müssten geschätze 1.500 Personen im Distrikt Thaba Tseka, eines der ärmsten Gebiete in Lesotho, ihr Land verlassen. Und es gibt keine Garantie, dass die Entschädigung in korrekter Art und Weise erfolgt. Daher fordern diverse NGOs, dass:
- die noch ausstehenden Entschädigungen sofort bezahlt werden;
- eine öffentliche Diskussion stattfinden müsse über den Nutzen des gesamten Projekts;
- auf den Bau der drei noch fehlenden Staudämme verzichtet wird;
- die Weltbank auf eine weitere Finanzierung des Projektes verzichtet.

Abschließende Bemerkungen .: oben :.

Die Staudammprojekte sind allesamt zentralistisch beschlossen worden und haben ausschließlich die Interessen einzelner berücksichtigt. Lokale Bedürfnisse fanden keine oder nur kaum Beachtung. Die Finanzierungsgesellschaften waren maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Projekte durchgeführt worden sind. Damit Hand in Hand gingen die wirtschaftlichen Interessen der Baufirmen. All diese Faktoren führten dazu, dass alternative Projekte gar nie in Frage kamen.

Im Jahr 1985 schickte sich die Weltbank beispielsweise an, mit einem Kredit von 450 Millionen Dollar einen monströsen Staudamm in Sardar Sarovar zu unterstützen, einem heiligen Tal in Indien. Der Staudamm gehörte zu einem schier unglaublichen Projekt, das den Bau von 30 Megastaudämmen, 135 mittleren und 3.000 kleineren Staudämmen vorsah. Dieses "Narmada-Valley-Project" sollte 40 Millionen Menschen mit Energie und Wasser versorgen. Allein in Sardar Sarovar sollten 250.000 Menschen ausgesiedelt werden, das gesamte Projekt hätte 1 Million Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.

Erst jahrelange Proteste der Aktivisten des Narmada Bachao Andolan in Indien und verschiedener Menschenrechtsbewegungen weltweit, zwangen die Weltbank dazu eine Kommission einzusetzen. Diese schloss ihre Erhebungen im Jahr 1992 mit einem Bericht ab, der die Weltbank zu einem Ausstieg aus dem Projekt bewog.

Jetzt sah sogar die Weltbank ein, dass es gewisse Kontrollorgane für zu finanzierende Projekte braucht; sie gründete den Untersuchungsausschuss "Inspection Panel". Sein erster Fall betraf im Jahr 1995 wieder einen Staudamm. Und zwar jenen von Arun III in Nepal, der zwar bereits projektiert, aber noch nicht erbaut worden war. Die lokalen Organisationen liefen Sturm gegen das Projekt und auch NGOs im Westen schlossen sich dem an. Gemeinsam entwickelten sie einen Plan für die alternative Entwicklung des Tales. Er sah unter anderem den Bau von mehreren kleineren Staudämmen vor. Dazu kam, dass der damals seit wenigen Wochen an den Schalthebeln der Weltbank sitzende James Wolfensohn ein Zeichen des guten Willens setzen wollte, nachdem die Proteste vor allem in Nepal, in den USA und in Deutschland massivst geworden waren. Die Weltbank zog sich damals überraschend aus dem Projekt zurück.

Plötzlich stand die italienische Firma Cogefar - die die Arbeiten bereits in der Tasche gehabt hatte - mit leeren Händen da. Aber nicht lange. Wenig später gewann sie die Ausschreibung für die Arbeiten an einem Megastaudamm in der nepalesischen Region Mustang. Als Finanzier des Projektes in Kali Gandaki trat diesmal die Asian Development Bank auf.

Und die Cogefar war auch in Südamerika erfolgreich. Am Bio-Bio-Fluss in Chile errichtete sie einen Staudamm bei Pangue. Obwohl auch hier ein Rekurs bei der "Inspection Panel" eingereicht worden war, ging das Projekt durch. Die Begründung dafür war mehr als fadenscheinig: "Inspection Panel" sei nur für zwei Strukturen der Weltbank - IDA und IBRD - zuständig, nicht aber für jene, die den Bau diesmal finanziert hatte. Geldgeber ist im Fall des Stauwerkes am Bio Bio auch die deutsche Dresdner Bank. Andere Banken, die sich immer wieder an Großprojekten beteiligen, sind zum Beispiel Lehman Brothers, C.S. First Boston, J.P. Morgan, Morgan Stanley, Smith Barney, BankAmerican Corporation, ABB, die deutsche Hermes und die italienische SACE.

Nach dem Bau der Staudämme bleiben die umgesiedelten Menschen mit ihren Problemen meist allein. Die Fälle in Argentinien, Paraguay, Guatemala und Lesotho zeigen dies sehr deutlich. Vor allem aber bleiben die Ureinwohner immer von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Viel wäre zu tun, vor allen Dingen müsste man die gemachten Erfahrungen so verwenden, dass man in Zukunft jene Fehler, die begangen worden sind, vemeidet. Doch Staaten, Konzerne und Banken zeigen nur wenig Bereitschaft dafür. Als sich beispielsweise der Internationale Gerichtshof der Indigenen Völker in Denver im Juni 1997 mit den drei Projekten beschäftigte, wurden verschiedene Urteile gefällt: Sie sahen vor, dass alle drei noch einmal genau untersucht werden müssen. Im Fall von Katse dürfte die Phase 1B niemals begonnen werden, in Chixoy müssten die Entschädigungen noch einmal überdacht und korrekter ausbezahlt werden. Der Gerichtshof hat auch die italienische Regierung zum Handeln aufgerufen: Sie sollte die einzelnen Finanzierungsprojekte für die einzelnen Staudämme genauestens untersuchen und eventuelle Unregelmäßigkeiten ahnden. Bis heute ist es beim Aufruf geblieben.


HasankeyfSiehe auch:
* www.gfbv.it:
Die Wächter der Wälder: "Unsere Zukunft ist eure Zukunft" (www.gfbv.it/3dossier/klima/indexklima.html)
- Land unter Wasser: Die Vinschger Erfahrungen mit dem "nationalen Interesse" >>>
- Dighe e genocidio: Il caso Vajont: una calamità artificiale >>>
- Wasser-Strom: Das Ende der Ölzeit >>>
- Eingedämmte Umwelt >>>
- Staudämme gegen die Wächter der Erde >>>
- Flüsse wieder renaturieren >>>
- Adivasi - indische Stammesvölker >>>
- Der Überlebenskampf der Adivasi >>>
- Staudämme am Narmada-Fluss >>>
- Indiens größtes Staudamm-Projekt >>>
- IWF und Weltbank >>>
- Die Richtlinie OD 4.20 >>>
- Lieber ertrinken als weggehen >>>
- Adivasi gegen den Staudamm >>>
- Neue Hoffnung auf Selbstbestimmung >>>

- Grandi dighe, diritti dei popoli e dell'ambiente: I casi di Yacyretà, Chioxy, Katse, ... >>>

* www:
ILISU
>>> - The Ilisu dam project (Foto, Link)
>>> - TURCHIA: Una diga contro Maometto
>>> - Web site of the Campaigne Ilisu (by Kurdish Human Rights Project, The CornerHouse, Friends of the Earth and Mark Thomas.)
>>> - The CornerHouse
>>> - Mark Thomas' Ilisu page
>>> - Kurdish Media
>>> - Save Hasankeyf
>>> - Friends of the Earth UK
>>> - Berne Declaration, Ilisu campaign, Switzerland
>>> - HERMES campaign, Germany
>>> - Friends of the Earth US
>>> - International Rivers Network
>>> - Environmental Defense, US
>>> - Export Credit campaign - ECA-Watch
>>> - Friends of the Earth, Sweden
>>> - Kurdistan Web
>>> - ERN European River Network "Ilisu campaign"
>>> - UK Export Credit Guarantee Department web-site
>>> - Kurdistan Web Database - Environment, Dams

>>> - Mammutkraftwerke (Ilisu, Bujagali-Staudamm in Uganda, Drei-Schluchten-Projekt in China)
>>> - Progetto PPP in Messico
>>> - Del diritto alla buona acqua (Fond. Franceschi)

Letzte Aktual.: 13.7.2004 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/3dossier/h2o/staud.html | XHTML 1.0 / CSS | WEBdesign, Info: M. di Vieste
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