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Indigene Völker und Klimawandel

Die Auswirkungen der Globalisierung auf den Klimawandel und auf das Leben Indigener Völker

Von Max Tengler

Bozen, Mai 2009

Rauchschwaden von Brandrodungen für neue Ölpalm-Plantagen - Foto: Kristina Neubauer. Rauchschwaden von Brandrodungen für neue Ölpalm-Plantagen - Foto: Kristina Neubauer.

Der Begriff Globalisierung stammt ursprünglich aus der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft und wird erst seit wenigen Jahren verwendet. Er bezeichnet den Prozess einer zunehmenden Vernetzung der Menschen und Gesellschaften auf der ganzen Welt. Die Bedeutung von geographischen Distanzen hat sich im Laufe der Jahre deutlich verringert. Die Möglichkeit grenzenloser Kommunikation und die freie Zirkulation von Kapital sowie der weltweite Güterverkehr sind alles Folgen der Globalisierung. Der Anfang der Globalisierung lässt sich nur schwer festmachen, denn es hat in der Geschichte schon immer vielfältige Kontakte und Beziehungen zwischen den Menschen gegeben.

Die Entdeckungsreisen der Seefahrer im 15. Jahrhundert sowie die Industrielle Revolution waren sicher Meilensteine im Bezug auf die verstärkte Vernetzung der Menschheit. Doch in den letzten 50 Jahren hat sich der Prozess stark beschleunigt. Durch den rasanten technologischen Fortschritt und die Entwicklung internationaler Kommunikationsnetze, insbesondere dem Internet, wurde der Informationsaustausch auf eine neue Ebene gebracht und Beziehungen auf größeren Ebenen wurden um ein vielfaches leichter. Eine weitere grundlegende Voraussetzung für die rasante Entwicklung der Globalisierung war die neue Weltordnung, welche aus dem 2. Weltkrieg hervorgegangen ist. Um diese zu stabilisieren wurden mehrere Organisationen gegründet. Die wichtigsten sind die Vereinten Nationen, die Weltbank sowie der Internationale Währungsfond.

Der Zusammenbruch des kommunistischen Systems in den 80er Jahren war ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung wirtschaftliche Verflechtung und es kam zu einer wirtschaftspolitischen Ideologie, welche die ganze Erde als einen globalen Markt ansieht und in dem sogenannte multinationale Unternehmen das Geschehen bestimmen. Diese MNU sind riesige Konzerne, die durch das grenzenlose wirtschaftliche Wachstum und durch weltweite Fusionen zwischen Unternehmen entstanden sind. Aufgrund ihrer enormen wirtschaftlichen Bedeutung sind sie selbst zu politischen Schwergewichten geworden und beeinflussen dementsprechend auch die politischen Entscheidungen. Ihre Macht ergibt sich daraus, dass sie bei Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen mit dem Abwandern ihrer Produktionsstandorte in ein anderes Land drohen können. Die einzelnen Länder werden so gegeneinander ausgespielt, schließlich ist ein Arbeitsplatz unter schlechten Bedingungen immer noch besser als kein Arbeitsplatz.

Jenseits der umstrittenen wirtschaftlichen Entwicklungen können auch positive Aspekte der Globalisierung erwähnt werden. Durch die globale Vernetzung, sind die Menschen offener gegenüber anderen Kulturen und Ideologien geworden und Vorurteile wurden abgebaut. Heute ist es auch selbstverständlich dass Menschenrechte und Umweltschutz durch die Staatengemeinschaft unterstützt werden. Auf der anderen Seite überwiegen die Schattenseiten der Globalisierung jedoch eindeutig. Die Prozesse der wirtschaftlichen Vernetzung verteilen sich nämlich extrem ungleich auf die Regionen der Erde. Der Anteil der 48 ärmsten Länder der Erde am Welthandel beläuft sich auf genau 0,5%. Die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern der Globalisierung hat sich nicht nur zwischen Ländern, sondern auch innerhalb von Staaten stark vergrößert. Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern bestehten zwischen den (kleinen) Eliten und der (großen) Masse starke Unterschiede. Die Weltmärkte sind rasch gewachsen, ohne dass parallel dazu die wirtschaftlichen und sozialen Institutionen aufgebaut wurden, die für eine reibungslose Funktionsweise erforderlich sind. Es ist also nicht die Globalisierung an sich, die große Probleme verursacht hat, sondern die mangelhaften "Spielregeln" waren der Auslöser der großen Ungleichgewichte.

Adivasi in Indien. Adivasi in Indien.

Am schwersten von den negativen Auswirkungen der Globalisierung betroffen sind das Klima und die Indigenen Völker. Ein Phänomen, das mit dem Prozess der weltweiten Vernetzung einhergeht, ist die sogenannte Metropolisierung, welche eine Fragmentierung der urbanen Dynamik entlang der großen Verkehrswege beschreibt. Dadurch besteht die Gefahr einer sich immer rascher ausbreitenden Versiegelung der Böden. Doch wenn man vom Klimawandel spricht, sind andere Gefahren wie die Erderwärmung, die Verknappung der natürlichen Ressourcen und das Waldsterben die dominanten Themen. Die globale Durchschnittstemperatur schwankte seit dem Jahr 1000 laut Wissenschaftler nur um einige Zehntelgrade, doch seit der Industriellen Revolution kam es zu einer Erwärmung um 0,8 Grad Celsius. Ein Anstieg von 2,2 bis 6,6 Grad gegenüber dem Durchschnitt im 18. Jahrhundert wird für das Jahr 2100 prognostiziert. Die polaren Eismassen werden weiter abschmelzen und dadurch wird der Meeresspiegel, Berechnungen zufolge, bis zu einem Meter steigen. Einige Inselstaaten wären dadurch schon vom Untergang bedroht. Auch heftige Stürme und Regenfälle sind Zeichen des Klimawandels. Die Anzahl der Tornados und Überschwemmungen nimmt von Jahr zu Jahr konstant zu.

Mit zunehmender Umweltverschmutzung könnte auch die Wasserknappheit ein Thema werden, welchem sich Europa zu stellen hat, denn nur 2,5 Prozent des Wassers auf der Erde ist Süßwasser. Auch das Abholzen des tropischen Regenwaldes trägt erheblich zum Klimawandel bei. Wird in diesem Tempo mit der Rodung weitergemacht, so wird in 100 Jahren nichts mehr vom Regenwald und den dort lebenden Tierarten übrig bleiben. Maßnahmen mit dem Ziel des Klimaschutzes sind bisher wenige getroffen worden. Das Kioto-Protokoll zur Verringerung der Treibhausgase kommt letztendlich paradoxerweise ausgerechnet der Atomindustrie zugute und auch sonst sind viele der sogenannten "Lösungen" zum Klimawandel nicht nur erfolglos sondern erlauben Umweltverschmutzern, ihre Abgase weiterhin auszustoßen. Die UNO, die Weltbank, Regierungen und sogar manche Non-Profit-Organisationen unterstützen diese Haltung. Die falschen Lösungen verletzen nicht nur die Naturgesetze sondern auch die Rechte vieler Indigener Völker. Generell kann man 3 Typen von falschen Lösungen zum Klimawandel festmachen: Der Carbon Markt, auf dem Rechte zum "Verschmutzen", sogenannte "carbon credits", gekauft und verkauft werden, die nukleare Energie, welche die Hauptursache für den Klimawandel darstellt und drittens die Privatisierung und Manipulation von Lebewesen.

Der Carbon Markt privatisiert die Luft und kommerzialisiert die Atmosphäre. Unter dem Projekt REDD (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation), welches von der Welt Bank und von Regierungen gegründet wurde, werden "carbon credits" vergeben, wenn versprochen wird, Wälder und Plantagen nicht zu roden und so Emissionen aus der Entwaldung und Schädigung von Wäldern zu reduzieren. Wenn dem in den Bäumen enthaltenen Kohlenstoff ein wirtschaftlicher Wert beigemessen wird, kann der Erhalt von Wäldern in wirtschaftliche Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden. Doch werden mit diesem System auch die Wälder privatisiert. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die UNO Wälder so definiert, dass der Begriff auch bewaldete Monokultur Plantagen umfasst. Diese Plantagen wurden durch Waldrohdungen und durch das Zerstören von Biodiversität errichtet. So könnte dieses Projekt in massivem Landraub ausarten, welcher vor allem die indigenen Völker betreffen würde, da diese die meisten Urwaldgebiete der Erde bewohnen. Diese "Lücken im System" wurden mittlerweile auch von der UNO anerkannt. Trotzdem wurden Pilotprojekte bereits in 9 Ländern gestartet.

Die wohl größte Ursache für den starken Klimawandel ist der Gebrauch von nuklearer Energie. Momentan gibt es weltweit 400 Nuklear-Reaktoren, welche auf 17.000 ausgeweitet werden sollen zum Zweck der Bekämpfung des Klimawandels. Nukleare Energie ist zwar billiger als regenerative Energie und verursacht weniger CO2 Abgase, wenn man jedoch die Umweltkosten der Uranminen und des hochradioaktiver Atommülls, der weder durch physikalische noch durch chemische Einflüsse oder Reaktionen beeinflusst werden kann dazurechnet, dann schwindet der Vorteil sofort und übrig bleiben die krebsauslösenden und erbgutschädigenden Folgen der Atomenergie. Ein weiterer Risikofaktor besteht vor allem aus den Sicherheitsrisiken, welche die Stromerzeugung in Kernkraftwerken mit sich zieht. Ein Reaktorunglück kann wie z.B. in Tschernobyl verheerende Folgen haben. Auch Methangas und Hydrogen sind Energien welche äußerst schlechte Auswirkungen auf das Klima haben. Die Indigenen Völker sind am meisten von dem Testen von nuklearen Bomben und dem Uranabbau betroffen. Einige Zahlen bestätigen dies: 700 Atombombentests wurden auf dem Gebiet des Indianerstammes der Shoshonen ausgeführt und 70% der Uranminen befinden sich auf Indigenem Land.

Die dritte "falsche Lösung" zum Klimawandel betrifft das sogenannte Geo-Engineering. Hierbei handelt es sich um Versuche, auf technischem Weg in biologische Vorgänge einzugreifen, um die Klimaerwärmung oder die Versauerung der Meere zu bremsen. Versuche wie Schmutzpartikel in die obere Atmosphäre zu schießen, um die Sonnenstrahlen zu reflektieren, Wüsten in weißes Plastik zu hüllen oder das Hinzufügen von mehr Wolken in den unteren Teil der Atmosphäre (der Troposphäre) sowie schwefelhaltiges Salz in die Atmosphäre zu spritzen, sind einige der Ideen zum Geo-Enineering. Doch auch diese Lösung stößt schon bald an ihre Grenzen, denn Wissenschaftler sehen 500.000 Tote wegen Feinstaub Verschmutzung voraus, wenn z.B. schwefelhaltiges Salz-Spray verwendet werden sollte. Viele Indigene Völker welche auf ein intaktes Ökosystem angewiesen sind, könnten negativ beeinträchtigt werden. Auch die Idee, genetisch veränderte Organismen, Saatgut oder Bäume zu kreiren ist äußerst riskant, da z.B. solche Bäume nicht fruchtbar sind und natürliche Bäume durch destruktive und höchst unnatürliche Züge gefährden können und so automatisch den Lebensraum von Indigenen Völkern gefährden. Das Klonen oder Verändern von Lebewesen stellt außerdem ein ungelöstes moralisches Problem dar.

All diese "Lösungen" werden von wirtschaftlichen Interessen getragen und können sich so auf internationalen Konferenzen behaupten und realisiert werden. Bestes Beispiel dafür war die internationale Arktiskonferenz in Berlin am 11.03.09, oder auch die Sitzung des permanenten Forums der UNO am 2.5.08 in New York, wo jeweils die Rechte der Indigenen Völker übergangen wurden. In New York haben sich die Vertreter der Indigenen Völker erstmals lauthals gewehrt und haben gegen die dortige Vorgehensweise protestiert, doch hatte diese Aktion nur mäßigen Erfolg. Trotzdem war dies ein Zeichen welches starke Reaktionen ausgelöst hat und als Mai-Revolte international für Aufmerksamkeit sorgte. In zukünftigen Versammlungen wollen die Vertreter der indigenen Völker stärker und energischer für ihre Rechte kämpfen. Es bleibt abzuwarten ob dieses Vorhaben Erfolg haben wird.

Max Tengler hat im Mai 2009 ein Praktikum bei der GfbV-Südtirol absolviert. Quellen: Le Monde diplomatique (Atlas der Globalisierung).