INDEX
TEIL II
TEIL III
Der Report des Österreichischen Volksgruppenzentrums an die drei EU-Weisen
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Inhaltsverzeichnis - TEIL I

Einleitung | Allgemeiner Überblick: Historischer Überblick | Siedlungsgebiet der Volksgruppen | Volkszählungsergebnisse und Anzahl der Angehörigen der österreichischen Volksgruppen | Österreichische Volksgruppenpolitik | Organisationen der österreichischen Volksgruppen | Regierungsämter, die sich mit Volksgruppenfragen befassen | Das österreichischeVolksgruppenrecht | Volksgruppenförderung | Wirtschaftliche Lage in den Siedlungsgebieten der österreichischen Volksgruppen


Einleitungoben
Das Österreichische Volksgruppenzentrum als regierungs- und parteiunabhängige Dachorganisation von Vertretungsorganisationen der sechs Volksgruppen in Österreich, erstattet hiermit Bericht über die Lage der ethnischen Minderheiten (Volksgruppen) in Österreich, an Martti Ahtisaari, Jochen Abr. Frowein und Marcelino Oreja, die im Auftrag des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte einen Bericht über "die Verpflichtung der österreichischen Regierung zu den gemeinsamen europäischen Werten, insbesondere die Rechte der Minderheiten, Flüchtlinge und Immigranten" und "die Entwicklung der politischen Natur der FPÖ" erstellen, der den EU-XIV als Basis für die weitere Gestaltung der bilateralen Beziehungen zur österreichischen Bundesregierung dienen soll.
Diesen Bericht legt das Österreichische Volksgruppenzentrum,
- in ehrlicher Bereitschaft einen Beitrag zum besseren Verständnis der Werdung und aktuellen
Situation der österreichischen Volksgruppen und deren Fortentwicklung leisten zu wollen,
in Befolgung des Aufrufes der Vertreter der Republik den "drei Weisen" die notwendige
Unterstützung zukommen zu lassen,
- in tiefem Vertrauen auf die Sachkenntnis und das ehrliche Bemühen der beauftragten Experten und
- in betroffenem Bangen um die zukünftige Existenz der Volksgruppen in Österreich, vor.

Wohlweislich der Tatsache, dass im Bereich des Volksgruppenschutzes einige Staaten der EU und Europas teilweise erheblich schlechtere Regelungen als Österreich getroffen haben, etliche andere wiederum zum Teil weitaus effektivere Volksgruppenschutznormen verankert haben und vor allem, was für uns als Betroffene von höherer Rangigkeit ist, sich nicht nur am Papier zu ihrer gewachsenen sprachlichen, kulturellen und ethnischen Vielfalt bekennen, sondern alle notwendigen Bedingungen für eine faktische Gleichstellung der Volksgruppen schaffen, erlauben wir uns Sie, Herr Ahtisaari, Sie, Herr Oreja, und Sie, Herr Frowein, auf den Umstand des, unserer Meinung nach, eklatanten Widerspruchs zwischen den gesetzlichen Normen und der tatsächlichen Realität , sowie darüber hinaus auf die extreme Ungleichbehandlung der österreichischen Volksgruppen, im Besonderen aufmerksam zu machen.
Es ist begrüßenswert, dass die derzeitige Regierung in den letzten Monaten einige längst überfällige Maßnahmen zum Volksgruppenschutz gesetzt und vor allem bedeutende Verwendungszusagen zum Ausbau der Schutzbestimmungen in den nächsten Monaten getroffen hat. In diesem Sinne ist dem Bericht ein Maßnahmenkatalog angeschlossen, den die Volksgruppenorganisationen in den nächsten Monaten mit der Bundesregierung verhandeln wollen.
Eine treffsichere Beurteilung der Politik der neuen österreichischen Bundesregierung im Sinne des an Sie ergangenen Auftrags der EU-XIV wir erst unter Berücksichtigung der künftigen Entwicklung und der Bereitschaft zur Umsetzung der angekündigten Maßnahmen zur Verbesserung des Volksgruppenschutzes möglich sein. Daher ersuchen wir Sie dringend, zwei Jahre nach Berichterstellung, die Situation der Volksgruppen in Österreich erneut einer Prüfung zu unterziehen.
Wir laden sie herzlich ein, mit uns und mit einzelnen Vertretungsorganisationen der österreichischen Volksgruppen in direkten Kontakt zu treten, um weitere, auch mündliche Informationen zu bekommen.


A.) Allgemeiner Überblickoben

1.) Historischer Überblick

Burgenländische Kroaten
Die Ansiedlung der Burgenländischen Kroaten in die damaligen Gebiete der österreichisch-ungarischen Monarchie, in Westungarn, in Niederösterreich, in der Südslowakei und in Südmähren erfolgte in mehreren Wellen bis zum Jahr 1584. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts lebten in diesem Gebiet etwa 120.000 Kroaten, dies entsprach einem Bevölkerungsanteil von 25-28%. Während der Gegenreformation entwickelten die Burgenländischen Kroaten eine eigenständige regionale Schriftsprache. Durch den Staatsvertrag von Trianon (1921) verpflichtete sich Ungarn zur Abtretung Westungarns an die Republik Österreich. Nach dem Anschluß Österreichs an Hitlerdeutschland wurden die kroatischen Vereine sowie der kroatische Unterricht an den Schulen verboten. Das Burgenland war sowohl in der Ersten als auch in der Zweiten Republik wirtschaftliches Krisengebiet. In der Ersten Republik wanderten viele Burgenländer nach Amerika aus, während sie in der Zweiten Republik in den Ballungszentren Wien und Graz Arbeit suchten.

Polen
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts siedelten sich etliche polnische Familien in der Reichshauptstadt Wien an. Schon im Jahre 1860 hatte Wien 4.700 polnischsprachige Bewohner. Die ersten polnischen Vertretungsorganisationen wurden mit Ende des 19. Jahrhunderts in Wien gegründet. Die größte Vertretungsorganisation "Strzecha" hat ihre Tätigkeit kontinuierlich bis heute erhalten und ausgebaut. Den Polen in Österreich wird bis heute der Volksgruppenstatus nicht zuerkannt.

Slowaken
Die neuerliche slowakische Besiedlung einiger niederösterreichischer Dörfer an der March erfolgte im 16. Jahrhundert. In diesen Dörfern hat sich die ursprüngliche slowakische Sprache zum Teil bis heute erhalten. Der Zuzug der Slowaken in die Reichshauptstadt Wien beschränkte sich bis zur Türkenbelagerung Wiens auf Einzelpersonen. Danach verstärkte sich der Zuzug von Slowaken und es wurden ab dem Jahre 1835 die ersten slowakischen Vereine in Wien gegründet. Vor allem seit der Samtenen Revolution in der damaligen ÈSSR kommt es zu einem Wiederaufleben der slowakischen Volksgruppe in Wien.

Slowenen
Die Einwanderung der Slowenen in das südöstliche Gebiet des heutigen Österreich erfolgte zu Ende der Völkerwanderung in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts. Mitte des 19. Jahrhunderts war Klagenfurt/Celovec das kulturelle Zentrum aller Slowenen. Nach dem Ersten Weltkrieg und der diesbezüglich erfolgten Volksabstimmung im Jahre 1920 verblieb Südkärnten mit seiner slowenischsprachigen Bevölkerung bei Österreich, ebenso wurden die in der Steiermark ansässigen Slowenen durch die Pariser Friedensverträge zu einer österreichischen Minderheit. Unter der NS-Herrschaft wurden sämtliche slowenische Vereine aufgelöst, 1942 kam es zur Aussiedlung von rund 300 slowenischen Familien und in der Folge zum organisierten bewaffneten Widerstand der Slowenen gegen Hitlerdeutschland. Der Widerstand der slowenischen Partisanen war der einzige militärisch organisierte Kampf gegen das NS-Regime in Österreich. Den Slowenen in der Steiermark wird bis heute der Volksgruppenstatus vorenthalten.

Exkurs: Slowenen in der Steiermark
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 des Volksgruppen sind durch Verordnugn der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptauschusses des Nationalrates nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung die Volksgruppen, für die ein Volksgruppenbeirat eingerichtet wird, festzulegen. Dies ist die Anerkennung als Volksgruppe gemäß dem österreichischen Volksgruppenrechtes. Bei Erlassung der Verordnung sind bestehende völkerrechtliche Verpflichtungen zu berücksichtigen. Die Verordnung der Bundesregierung über die Volksgruppenbeiräte (BGBl. 1977/38 i.d.g.F.) sieht nicht vor, für die Steirischen Slowenen einen Volksgruppenbeirat einzurichten. Die Steirischen Slowenen sind auch nicht in den Beirat für die slowenische Volksgruppe eingebunden (wie z. B. die Ungarn und Kroaten in Wien in den Beirat für die ungarische bzw. kroatische Volksgruppe), dieser beschränkt sich nur auf den in Kärnten beheimateten Teil der slowenischen Volksgruppe. Dies hat zur Folge, dass die Steirischen Slowenen nicht als Volksgruppe im Sinne des VolksgruppenG anerkannt sind.
Im StV von Wien aus dem Jahre 1955 sind die Steirischen Slowenen, neben den Kärntner Slowenen und den burgenländischen Kroaten namentlich im Minderheitenschutzartikel 7 angeführt und genießen demzufolge die selben Rechte wie die Slowenen in Kärnten und die burgenländischen Kroaten.
Diese Verfassungsbestimmungen mißachtend negiert vor allem die steirische Landesregierung seit Jahrzehnten beharrlich die Existenz einer slowenischen Volksgruppe in der Steirermark und auch die österreichische Bundesregierung hat Jahrzehntelang dieselbe Vorgangsweise gewählt. So ist im offiziellen Regierungsbericht Österreichs an die UNO im Jahre 1996 die politische Liquidierung der slowenischen Volksgruppe in der Steiermark schriftlich festgehalten, sie ist nicht mehr erwähnt. Seit einigen Jahren geht die österreichische Bundesregierung offenbar von nur einer slowenischen Volksgruppe in Österreich aus, die sowohl die in Kärnten als auch die in der Steiermark beheimateten Angehörigen umfasst.
Demgemäß hat das Bundeskanzleramt am 11. Novembert 1997 den Entwurf einer Verordnung, mit der die Verordnung über die Volksgruppenbeiräte durch Aufnahme der Vertreter der Steirischen Slowenen in den slowenischen Volksgruppenbeirat, geändert werden sollte, in Begutachtung versandt. Die steiermärkische Landesregierung lehnte den Entwurf mit der Begründung ab, in der Steiermark existiere keine slowenische Volksgruppe. Der Ministerrat strich daraufhin jedweden Bezug auf die Steirischen Slowenen aus der Verordnung und beschloss, in seiner Sitzung am 24.2.1998 nur eine personelle Aufstockung des slowenischen Volksgruppenbeirates um 2 Personen und leitete diese Verordnung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 des VolksgruppenG an den Hauptauschuss des Nationalrates, dessen Zustimmung erforderlich ist.
Vor allem auf Betreiben der ÖVP wurde die Behandlung der gegenständlichen Verordnung vertagt, wobei als Begründung das Nicht-Zustandekommen des Österreich-Slowenischen Kulturabkommens angeführt wurde. Österreich war bestrebt, mit dem Kulturabkommen die Anerkennung und Verankerung von Schutzrechten für die deutsche Minderheit in Slowenien zu erwirken. Die Verordnung wurde bis zum heutigen Tage im Hauptausschusses des österreichischen Nationalrates nicht behandelt, sodass die Steirischen Slowenen im Volksgruppenbeirat für die slowenische Volksgruppe nicht gleichrangig vertreten sind und daher noch immer nicht als Volkgruppe im Sinne des VolksgruppeG anerkannt sind. Auch ist für die Steirischen Slowenen bis heute kein einziger Punkt aus dem Artikel 7 StV von Wien erfüllt.

Exkurs: Roma
Chroniken berichten seit dem 15. Jahrhundert von "Zigeunern". Die Bezeichnung "Zigeuner", im allgemeinen Sprachgebrauch von der Mehrheitsbevölkerung verwendet, wird von den Angehörigen der Volksgruppe als diskriminierend empfunden.
"Roma" ist der Sammelbegriff aller "Zigeunergruppen". Sie selbst nennen sich in ihrer Sprache, dem Romanes oder Roman (Burgenland), Rom (Mensch) und leben im europäischen Raum unter der Bezeichnung: Roma, Sinti, Lovara, Kalderasch, Manouches, Gitanos, Cales, Cypsis etc.
Ihre Geschichte ist von Beginn an von Verfolgungen und Misshandlungen gekennzeichnet.
Über die Minderheitenkultur und ihren Umgang mit den Roma wissen die Forscher mehr zu berichten, als über Lebensumständen und Gefühle der Roma - die können sie nur erahnen.
Die erste urkundliche Erwähnung von umherziehenden Roma gibt es ab dem 14. Jahrhundert im heutigen Burgenland (früher Westungarn). Im Zuge der lang andauernden Türkenkriege im 16. und 17. Jahrhundert kamen die Roma im Gefolge des türkischen Heeres in unseren Sprachraum.
Sie wurden nicht gerade freundlich aufgenommen und galten wegen ihres fremdländischen dunklen Aussehens als Außenseiter, Heiden und Spione. Nach dem Abzug des türkischen Heeres blieben sie im Lande und führten ein halbnomadisches Leben, welches der Lebenserhaltung diente. Im Winter blieben sie an einem Ort, im Sommer waren sie als Wanderhändler unterwegs. Sie boten ihre Dienstleistungen als Korbflechter, Besenbinder, Huf- und Kesselschmiede an, waren Pferdehändler sowie begehrte Musiker bei Fest- und Tanzveranstaltungen.
Im 19. Jahrhundert kamen aus dem Osten neue Roma-Gruppen. Familien der Lovara siedelten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts rund um den Neusiedler See an.
Sinti leben seit dem 15. Jahrhundert in Mitteleuropa - Deutschland, Österreich, Slowenien, Böhmen, Elsass, Lothringen.
Vor 1938 gab es in Österreich ca. 11.000 Roma. Die größte Gruppe, waren die unter Maria Theresia und Joseph II. zwangsangesiedelten, sesshaften oder teilsesshaften Burgenland-Roma (ca. 8.000). Weiters gab es 3.000 nomadisierende deutsche und österreichische Sinti in den übrigen Bundesländern, davon etwa 700 im Umkreis von Wien und Niederösterreich sowie Splittergruppen von Lovara und Kalderasch.
Mit dem Anschluss an Hitlerdeutschland begann die Verfolgung und die systematische Ausrottung der Roma.
Nach 1945 kehrten die meisten der Überlebenden des Holocausts (mehr als die Hälfte hatte nicht überlebt, die Burgenland-Roma hatten einen Verlust von mehr als zwei Drittel zu verzeichnen) an ihre Vorkriegswohnorte oder letzten Standorte zurück und waren eher nicht gern gesehen. In den 60er Jahren zogen viele Roma des Burgenlandes nach Wien und in andere größere Städte.
Im Zuge der Gastarbeiterwelle kam es zur Zuwanderung vor allem jugoslawischer Roma.
Seit der Öffnung der Ostgrenzen kommen viele Roma-Flüchtlinge auch aus Rumänien, Bulgarien und dem ehemaligen Jugoslawien.
Per Festsetzungserlass vom 17. Oktober 1939 begannen in ganz Österreich Festsetzungen, Erfassungen und Zählungen der Roma. Kriminalpolizeileitstellen wurden angewiesen, "Sammellager" einzurichten. In Wien und Burgenland wurden Roma und Sinti, die bereits Generationen in ihren Heimatorten gelebt hatten, aus ihren Häusern vertrieben und auf "Sammelplätze" zwangsumgesiedelt. Im Umkreis größerer "Zigeunersiedlungen" wurden Sammelplätze eingerichtet von denen die Männer zur Arbeit geführt wurden.
Der Auf- und Ausbau der KZ-ähnlichen "Zigeunersammellager" und Zwangsarbeiterlager begann. In diesen Lagern mussten die Häftlinge unter katastrophalen Lebensbedingungen und unter ständiger Bewachung schwere Zwangsarbeit leisten. In Aufbau und Organisation glichen die NS-Zigeunerlager den Konzentrationslagern und waren Durchgangsstationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Solche Sammel- und Arbeitslager hat es fast überall in Österreich (so z. B. in Fischamend, in Wien 21., am Bruckhaufen, bei Leopoldskron in der Nähe von Salzburg, in Hopfgarten in Tirol) gegeben. Die Geschichte der kleineren Lager ist bis heute noch nicht geschrieben.
1942 wurden im Burgenland ansässige Roma-Familien gezwungen ihre Grundstücke und Häuser an deutsche "Volksgenossen" oder an die Gemeinden zu einem angemessenen Preis zu verkaufen, da, wie der Landrat des Kreises Bürgermeister feststellte, "mit einer weiteren Lösung der Zigeunerfrage zu rechnen sei".
Am 23. November 1940 wurde im burgenländischen Lackenbach das größte Zigeuner Anhalte- und Zwangsarbeiterlager eröffnet. Über 4.000 Männer, Frauen und Kinder wurden nach Lackenbach eingewiesen. Für den Großteil der Insassen war das Lager nur Durchgangsstation in die großen Konzentrations- und Vernichtungslager (Herbst 1941 Lodz, 1943 Auschwitz-Birkenau).
Im Herbst 1939 wurde im Salzburger Stadtteil Maxglan (Leopoldskron) ein Zigeunerlager errichtet. Ab Herbst 1940 wurde das Lager eingezäunt und streng bewacht. Die Insassen mussten sich an eine strikte Lagerordnung halten. Ab diesem Zeitpunkt bestand auch Arbeitszwang. Nach Herausgabe des Auschwitz-Erlasses wurde das Lager Ende März/Anfang April 1943 aufgelassen. Fast alle damals im Lager inhaftierten Roma - es handelte sich um 300 bis 400 Personen - wurden nach Auschwitz-Birkenau deportiert und ermordet. Nur eine kleine Gruppe von ca. 20 Personen wurde zu diesem Zeitpunkt ins Lager Lackenbach überstellt.
Auch in Oberösterreich existierte kurzfristig ein Sammellager.
Zwischen Jänner 1941 und Oktober/November 1941 wurde das "Arbeitserziehungslager Weyer" in ein "Zigeunerlager" umfunktioniert. Etwa 350, im Raum "Oberdonau" aufgegriffene Sinti und Roma wurden in den Gebäuden und Stallungen des Gasthauses Geratsdorfer in Weyer (Gemeinde St. Pantaleon) "untergebracht". Unter ihnen waren viele Musiker aus Kärnten.
Im November 1941 wurde das "Zigeunerlager" aufgelassen und alle Häftlinge über Salzburg nach Lackenbach verfrachtet. Dort erfolgte die Zusammenstellung der Todestransporte nach Polen.
Ab 1938/39 wurden österreichische Roma und Sinti in die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald, Mauthausen, Ravensbrück deportiert. Allein im Juni 1939 wurden 3.000 Roma und Sinti in die Konzentrationslager Dachau und Ravensbrück verschleppt.
Ab 1941 folgten Groß- und Einzeltransporte in die Konzentrations- und Vernichtungslager auf polnischem Gebiet.
Anfang November 1941 wurden in fünf Transporten 5.007 Roma und Sinti aus dem Burgenland, aus Deutschland sowie aus Ungarn und Rumänien in das jüdische Ghetto Lodz deportiert. Über die Hälfte davon waren Kinder. Das "Zigeunerghetto" war vom jüdischen Viertel durch einen doppelten Stacheldrahtzaun und einem Wassergraben getrennt. Die Außenfenster waren, wie auch im jüdischen Teil, mit Brettern vernagelt. Im "Zigeunerghetto" herrschte furchtbares Elend. Die Häuser hatten fast keine Möbel und keine Öfen. Die Inhaftierten mussten auf den Fußböden schlafen, wurden miserabel ernährt und erhielten keine Medikamente. Die wenigen jüdischen Ärzte, die dort eingesetzt waren, hatten die Totenscheine auszufüllen; als Todesursache mussten sie "Herzschwäche" angeben. Im übrigen bestand ihre Aufgabe lediglich daran, die Kranken von den Gesunden zu trennen um auftretende Krankheiten und Seuchen etwas einzudämmen. Die Sterblichkeit in dem überfüllten "Zigeunerghetto" war enorm hoch. Im November und Dezember 1941 fielen zahlreiche Roma und Sinti dem Flecktyphus zum Opfer und mussten auf dem jüdischen Friedhof begraben werden. Anfang 1942 wurden die letzten Überlebenden in Chelmno (Kulmhof) mit Giftgas ermordet. Aus dem "Zigeunerghetto" Lodz (Litzmannstadt) gibt es keinen einzigen Überlebenden.
Ab Februar 1943 rollten die Transporte nach Auschwitz. Stellvertretend für alle weniger bekannten Ghettos, für Konzentrations- und Vernichtungslager wie Mauthausen, Dachau, Buchenwald, Majdanek, Belsec, Sachsenhausen, Bergen-Belsen, Groß-Rosen, Natzweiler, Neuengamme, Ravensbrück und viele unzählige Sammel- und Zwangsarbeiterlager steht Auschwitz als Symbol für den versuchten Völkermord nicht nur an Juden, sondern auch an Roma und Sinti in Europa. Aufgrund Himmlers "Auschwitz-Erlass" vom 16. Dezember 1942 waren von der SS aus elf, von den Nationalsozialisten besetzten Länder, mehr als 20.000 Roma und Sinti familienweise nach Auschwitz verschleppt worden. Darunter an die 10.000 deutsche und 2.760 österreichische Roma und Sinti.
Die Bedingungen in den 30 Baracken waren katastrophal und entsprechend hoch die Todesrate. Tausende von ihnen fanden in den Gaskammern den Tod.
Ebenso viele starben an Hunger, Krankheiten und Unterernährung, wurden von SS-Leuten erschlagen oder verstarben aufgrund medizinischer Versuche. Im "Zigeunerlager" führten der KZ-Arzt Dr. Mengele und andere "Ärzte" an Sinti und Roma, vom allem an "Zigeunerkinder" verbrecherische Versuche durch. Dr. Mengele leitete auch die Vernichtungsaktion des "Zigeunerlagers". Der erste Versuch, der vom Reichsicherheitsamt befohlenen Liquidierung des "Zigeunerlagers", scheitert am 16. Mai 1944 am Widerstand der 6.000 noch lebenden Menschen, die sich mit Stangen, Spaten und Steinen in den Baracken verbarrikadiert hatten.
In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 der Abschnitt B.II.e, das "Zigeunerlager Auschwitz-Birkenau", aufgelöst. Zuvor wurden etwa 3.000 "arbeitsfähige" Männer und Frauen für die Zwangsarbeit in andere Konzentrationslager (Buchenwald und Ravensburg) selektiert. Die letzten wehrlosen 2.897 Frauen, Kinder und Männer wurden in den Gaskammern ermordet.
Bilanz des Familienlagers: Die Mehrheit der nach Auschwitz deportierten Roma und Sinti starben infolge der Lagerbedingungen, ebenso viele wurden in den Gaskammern getötet, nur wenigen gelang es zu überleben.
Noch Ende 1944, nach der Liquidierung des "Zigeuner-Familienlagers", wurde ein Vernichtungstransport mit Sintikindern von Buchenwald zurück nach Auschwitz geschickt, wo die SS etwa 200 Kinder nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordete.
In Ravensbrück wurden noch in den letzten Wochen vor der Befreiung an Roma-Frauen und Mädchen Sterilisierungsexperimente durchgeführt.
Mehr als 500.000 Roma und Sinti in Europa wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Am Balkan größtenteils durch "Einsatzgruppen" mit sogenannten Gaswagen und durch Massenerschießungen hinter der Ostfront.
In der Hoffnung, Familienangehörige oder Verwandte wiederzusehen, kehrten die meiste Überlebenden in ihr Vorkriegswohnorte zurück. Manche Orte verweigerten den Zuzug. Viele mussten um Papiere und die Staatsbürgerschaft, die ihnen zunächst verweigert wurde, kämpfen. In der ersten Nachkriegszeit haben viele den Weg in die Anonymität gewählt. Geschwächt durch Krankheiten, Unterernährung und seelischen Schmerz überlebten damals viele nicht einmal das erste Jahr in Freiheit.
Die sesshaften burgenländischen Roma mussten feststellen, dass man mit ihrer Rückkehr gerechnet hatte. Die Siedlungen, Hütten und Wohnungen waren dem Erdboden gleichgemacht worden. Von den ehemals sehr großen Familien hatten nur ganz wenige überlebt (ca. zehn Prozent).
Ein Beispiel aus Unterschützen, einer kleinen Agrargemeinde im südlichen Burgenland in der Nähe von Oberwart: 1938 lebten dort 143 Personen, 37 Männer, 36 Frauen und 70 Kinder, von diesen 143 Personen überlebten nur 10 Personen.
Es kam wieder zu isolierten Ansiedlungen. Widerwillig wurden den Überlebenden von manchen Gemeinden Unterkünfte zur Verfügung gestellt. Später wurden ihnen Behausungen, wieder außerhalb der Ortschaften, errichtet. 20 bis 25 m2 Wohnfläche für vier bis fünf Personen, ohne Strom, Wasser und sanitäre Anlagen.
Trotz der eigenen Bereitschaft zur Integration blieben die burgenländischen Roma vorerst weiterhin auf der untersten sozialen Stufe. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie mit Sammeln und Verkaufen von Altmetall und Bettfedern, als Tagelöhner, Musiker, im Sommer mit Sammeln von Beeren und Pilzen.
Von Misshandlungen und Krankheiten während der NS-Zeit gezeichnet, konnten viele keine geregelte Arbeit, meist als Bau- und Straßenarbeiter oder Saisonarbeiter, annehmen. In der näheren Umgebung konnten Roma keine Arbeit bekommen.
Wegen andauernder Diskriminierung und Arbeitslosigkeit zogen es vor allem die jungen Roma vor, nach Wien und in andere größere Städte abzuwandern, um in Anonymität ein neues Leben zu beginnen.
Der Großteil der österreichischen Sinti hat nach 1945 feste Wohnsitze, zumeist in oder in der Nähe von Großstädten. Ihre traditionelle Lebensweise, das Reisegewerbe, haben die meisten vorerst aufgegeben und erst in den letzten Jahrzehnten teilweise wieder aufgenommen.
Lovara, die vor 1938 im Gebiet des Neusiedlersees lebten, sind nach 1945 nicht mehr in Burgenland zurückgekehrt. Sie leben heute in Wien.
Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Roma und Sinti lebt noch immer in ärmlichen Verhältnissen. Aber auch Roma und Sinti haben es zu beachtlichem Wohlstand gebracht. Einige von ihnen treten heute sehr selbstbewusst und voll Selbstvertrauen an die Öffentlichkeit.
Im Kampf der Roma und Sinti um volle Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus nahm das Lager Lackenbach einen besonderen Stellenwert ein. Mit der Begründung, dass das Lager der Kriminalpolizei unterstellt war, wurde das Lager Lackenbach zunächst als Haftstätte gemäß dem Opferfürsorgegesetz nicht anerkannt. Erst mit der 12. Opferfürsorgenovelle im Jahr 1961 wurde den Überlebenden der Anhaltelager eine "Teilentschädigung" zuerkannt. Mit der Änderung des Opferfürsorgegesetzes im Jahr 1988 erfolgte eine Gleichstellung des Lackenbach-Häftlinge mit den KZ-Häftlingen.
Aus Anlass des Gedenkens an den 50. Jahrestat des "Anschlusses" beschloss der Nationalrat das sogenannten "Ehrengabe- und Hilfsfondsgesetz" für Oper des Nationalsozialismus.
Anlässlich des Gedenkens des offiziellen Österreich an die Gründung der Zweiten Republik vor 50 Jahren wurde im Juni 1995 im Parlament der Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet und im Jahr 2000 der Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter während der NS-Zeit.
Mit der Zielsetzung als österreichische Volksgruppe anerkannt zu werden, hat der 1991 gegründete Kulturverein österreichischer Roma in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Volksgruppenzentrum eine Petition betreffend die Anerkennung der Roma als Volksgruppe erarbeitet und, vom Verein Roma mitgetragen, am 16. März 1992 an Mitglieder der Bundesregierung und des Parlamentspräsidiums übermittelt.
Nach einer Anhörung von Vertretern der Roma und Sinti am 2. Juli 1992 in Anwesenheit von Abgeordneten aller Parlamentsfraktionen im Unterausschuss, wurde die Petition von den Abgeordneten Piller (SPÖ) und Kiss (ÖVP) am 16. September 1992 im Parlament eingebracht.
Am 15. Oktober 1992 wurde der 4-Parteien-Entschließungsantrag betreffend die Anerkennung der Roma und Sinti als österreichische Volksgruppe von den Abgeordneten aller Parlamentsfraktionen einstimmig angenommen.
Enorme Vorarbeiten mit großem persönlichen Einsatz zur rechtlichen Anerkennung als Volksgruppe leistete der Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma, Rudolf Sarközi.
Mit dem einstimmigen Beschluss im Hauptausschuss des Nationalrates vom 16.12.1993 die österreichischen Roma als "Volksgruppe der Roma" (Roma als Oberbegriff für die verschiedenen in Österreich lebenden autochthonen Gruppen) anzuerkennen, ist dies seit 24.12.1993 per Verordnung verankert.
Mit der Konstituierung des Volksgruppenbeirates am 5. September 1995 steht der Volksgruppe der Roma erstmals ein eigenes Gremium zur Verfügung, in dem die Volksgruppenangehörigen ihre legitimen Rechte artikulieren können. Seither bekommen die Romavereine für ihr kulturpolitischen Aktivitäten auch eine nennenswerte Volksgruppenförderung.

Tschechen
Die ersten Hinweise auf tschechische Ansiedler in Wien beziehen sich auf die Regentschaft des Königs Pøemysl Ottokar II. im 13. Jahrhundert. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die ersten tschechischen Vereine in Wien gegründet. Ende des 19. Jahrhunderts lebten ca. 200.000 Tschechen in Wien, der größere Teil davon remigrierte nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik im Jahre 1918 in die ÈSSR. Während der NS-Zeit wurden die tschechischen Vereine aufgelöst und die Angehörigen der Volksgruppe waren einer massiven politischen Verfolgung ausgesetzt. Es existierten drei tschechische Widerstandsgruppen in Wien.

Ungarn
Die Ungarn sind in den Jahren 895 und 896 in das Karpatenbecken eingezogen. Die Vorfahren der heutigen Ungarn im Burgenland wurden im 11. Jahrhundert zum Schutz der westungarischen Grenze als sogenannte Grenzwächter angesiedelt.
Als Anerkennung für diese Dienste wurden sie in den Landadelsstand erhoben und erhielten weitgehende Unabhängigkeiten. Auffallend ist, dass Familiennamen und manche Wortbildungen der burgenländischen Ungarn auf eine enge Verwandtschaft mit den in Rumänien lebenden Széklern hinweisen. Die auf dem Gebiet des heutigen Burgenland lebenden Ungarn wurden durch die Wirren und Nachbesiedlungen nach den Türkenkriegen immer weiter zurückgedrängt, bis sie schließlich nur mehr in einigen Sprachinseln bestehen konnten. Obwohl ihr heutiges Siedlungsgebiet zur ungarischen Reichshälfte der Monarchie und sie zum Staatsvolk gehörten, bildeten sie im heutigen Gebiet des Burgenlandes eine Sprachinsel. Verwaltung, Straßensysteme, Bahnlinien des Burgenlandes weisen noch heute alle in Richtung der ehemaligen ungarischen Komitatshauptstädte, die Amtssprache war Ungarisch. Die einzelnen Sprachgruppen (Ungarn, Kroaten, Roma, Deutsche) waren siedlungsmäßig nicht scharf voneinander abgegrenzt, daher kann man auch für die damalige Zeit nicht von Mehrheitsbevölkerung bzw. einer Minderheit sprechen.
Nach 1921, der Entstehung des Burgenlandes, gab es in fünf Gemeinden und einigen Meierhöfen noch ungarischsprachigen Unterricht. Durch den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich erfolgte 1938 der große Bruch, als das Burgenland aufgeteilt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Errichtung des Eisernen Vorhanges schien das Schicksal der burgenländischen Ungarn besiegelt. Wer ungarisch sprach, wurde als Kommunist verschrien.
Des weiteren sind die Ungarn seit dem Mittelalter eng mit Wien verbunden. Zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie kam es zu einem starken Zuzug von Ungarn nach Wien, die im Jahre 1956 durch eine starke Gruppe von ungarischen Flüchtlingen vergrößert wurde.

2.) Siedlungsgebiet der Volksgruppenoben

Siedlungsgebiet der Volksgruppen in ÖsterreichBurgenländische Kroaten
In sechs von sieben politischen Bezirken des Burgenlandes leben neben deutsch- und ungarischsprachigen Burgenländern auch Angehörige der kroatischen Volksgruppe. Lediglich im südlichsten Teil des Landes, im Bezirk Jennersdorf, gibt es keine kroatischen oder gemischtsprachigen Ortschaften. Die Kroaten stellen in keinem dieser Bezirke die Mehrheit, relativ betrachtet gibt es im Bezirk Oberpullendorf, absolut gesehen im Bezirk Eisenstadt, die meisten Kroaten. In diesen Bezirken gibt es kroatische "Sprachinseln", wobei diese ihrerseits wieder mit deutschsprachigen Ortschaften durchsetzt sind. Nur im Bezirk Oberpullendorf und teilweise im Bezirk Eisenstadt gibt es ein mehr oder weniger kompaktes kroatisches bzw. in zunehmendem Maße zweisprachiges Gebiet. Zu 100% kroatischsprachige Ortschaften gibt es nicht mehr, den größten kroatischsprachigen Bevölkerungsanteil gibt es in den kleinen Ortschaften (500 bis 1500 Einwohner, 80% bis 95% Kroaten) im Bezirk Oberpullendorf.
Ein beträchtlicher Teil der Volksgruppe hat sich vor allem aus wirtschaftlichen Gründen (Arbeitsmangel im Burgenland) in Wien niedergelassen. Dieser Prozess begann bereits nach dem Ersten Weltkrieg und setzte sich bis heute fort. Diese Personen sind teils Wochenpendler, teils leben sie ständig in Wien. Die burgenländischen Kroaten in Wien sind sowohl kulturell als auch volksgruppenpolitisch gut organisiert.

Polen
Der überwiegende Teil der österreichischen Polen lebt in der Bundeshauptstadt Wien, der kleinere Teil verstreut über ganz Österreich.

Roma
Primäres Siedlungsgebiet ist das Burgenland (hier leben die meisten Roma Österreichs), Wien und Niederösterreich. Ein kleiner Teil der Roma lebt in Graz, Linz, Salzburg und in Streulagen in ganz Österreich. Sinti und Lowara leben in Ballungszentren. Das Hauptsiedlungsgebiet aller Gruppen ist der Osten von Österreich.
Oberwart und Umgebung ist eigentlich das sichtbare Siedlungsgebiet. In den Großstädten leben Volksgruppenangehörige in der Anonymität großer Wohnhausanlagen.

Slowaken
Die östlichen Gebiete Niederösterreichs haben einst den ersten Staatsgebilden der Urslowaken im 5.-9. Jahrhundert angehört. Sprachliche und ethnographische Analysen lassen auf eine kontinuierliche slowakische Besiedelung dieser Gebiete bis heute schließen. Etwa ein Viertel der Volksgruppe lebt in Niederösterreich.
Der größere Teil der Volksgruppe, etwa zwei Drittel, lebt heute in Wien. Slowaken leben in allen Bezirken der Stadt, im westlichen und südlichen Bereich in etwas größerer Anzahl, es gibt aber keine echten
Ansammlungsbereiche und keine kompakten slowakischen Inseln. Der Rest der Volksgruppe ist auf ganz Österreich zerstreut.

Slowenen
Das zweisprachige Gebiet Kärntens wird üblicherweise mit den Tälern Jauntal/Podjuna, Rosental/Ro¾ und Gailtal/Zilja gleichgesetzt. Dies ist insofern unrichtig, als das zweisprachige Gebiet einerseits über diese Täler hinausgeht (z. B. das Gebiet um Völkermarkt/Velikovec nördlich der Drau), andererseits das Gailtal/Zilja aber nicht zur Gänze umfasst.
Exakt begrenzt wird das zweisprachige Gebiet überwiegend mit dem Geltungsbereich der Schulsprachenverordnung 1945 - das ist jener Bereich, in welchem zwischen 1945 und 1958 an den Volksschulen alle Schüler zweisprachig unterrichtet wurden. Dieses Gebiet wird von den Kärntner Slowenen als ihr autochthones Siedlungsgebiet angesehen, in welchem auch der territoriale Minderheitenschutz Geltung haben sollte. Es handelt sich um folgende Gemeinden:
Neuhaus/Suha, Bleiburg/Pliberk, Feistritz ob B./Bistrica pri P., Globasnitz/Globasnica, Eisenkappel/®elezna Kapla, Sittersdorf/®itara vas, Gallizien/Galicija, St. Kanzian/©kocijan, Eberndorf/Dobrla vas, Völkermarkt/Velikovec, Ruden/Ruda, Griffen/Grebinj, Diex/Djek¹e, Poggersdorf/Pokrèe, Grafenstein/Grab¹tanj, Ebental/®relec,
St.Margareten i. R./©marjeta v R., Ferlach/Borovlje, Zell/Sele, Maria Rain/®ihpolje, Köttmannsdorf/Kotmara vas Ludmannsdorf/Bilèovs, Feistritz i. R./Bistrica v R., Keutschach/Hodi¹e, Schiefling/©kofièe, Velden/Vrba, Wernberg/Vernberk, Rosegg/Ro¾ek, St. Jakob i. R./©entjakob v R, Finkenstein/Bek¹tanj, Arnoldstein/Podklo¹ter. Hohenthurn/Straja vas, Feistritz i. G./Bistrica na Z., Nötsch/Èajna, St. Stefan i. G./©tefan na Zilji, Hermagor/©mohor (ehemalige Gemeinden Egg/Brdo und Görtschach/Gorièe).
Hiezu kommen noch die Gemeinden Maria Wörth/Otok, Techelsberg/Teholica und Magdalensberg/©talenska gora im Bereich der ehemaligen Gemeinde St. Thomas am Zeiselberg/©enttoma¾ na Èilberku. Diese Gemeinden sind in der Schulspracheverordnung genannt, es wurde aber trotzdem der zweisprachige Unterricht nicht eingeführt.
Außerdem werden in der Schulsprachenverordnung die ehemaligen Gemeinden Viktring/Vetrinj und Hörtendorf/Trdnja vas genannt, die nunmehr zu Klagenfurt/Celovec gehören, sowie die ehemalige Gemeinde Maria Gail/Marija na Zilji, welche jetzt nach Villach/Beljak eingemeindet ist. Von den Kärntner Slowenen werden deshalb auch die beiden Städte Klagenfurt/Celovec und Villach/Beljak als zum zweisprachigen Gebiet gehörig betrachtet.
Die steirischen Slowenen leben vor allem in fünf Dörfern des Radkersburger Winkels im Südosten der Steiermark und in Streusiedlung südlich von Leutschach/Luèane sowie im Gebiet Soboth/Sobota.

Tschechen
Der Siedlungsraum der Tschechen bezieht sich auf das Marchfeld und das Tullner Feld, vor allem aber auf die Stadt Wien. In Wien leben die meisten Tschechen in den Bezirken Leopoldstadt, Landstraße, Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus, Ottakring, Brigittenau und Floridsdorf. Die Tschechen sind somit in erster Linie eine Großstadtminderheit.

Ungarn
Bei den Ungarn kann man zwischen zwei Gruppen unterscheiden.
a.) Burgenland: Konkret handelt es sich um die Ungarn In der Wart mit den Siedlungen Siget, Ober- und Unterwart bzw. Oberpullendorf mit dem seit 1958 eingemeindeten Mitterpullendorf. Man darf jedoch weder die ehemaligen Meierhofsiedlungen im Seewinkel noch die ungarischen Bewohner der früheren Herrschaftssitze bzw. Marktflecken außer acht lassen. Die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg führte dazu, daß die Meierhofsiedlungen der Reihe nach aufgelassen wurden, ihre Bewohner wanderten ab, nur ein kleiner Teil verblieb im Bezirk Neusiedl (z.B. Frauenkirchen). Ähnlich verhielt es sich mit den ungarischen Einwohnern der früheren Herrschaftssitze bzw. Marktgemeinden Um 1920 lag der Anteil der Ungarn in Lackenbach bei 13,9%, in Rechnitz bei 10,2%, in Markt Neuhodis bei 16,9%, in Pinkafeld 12,2%, in Eberau 16,2% und in Güssing bei 28,5%, in Eisenstadt sogar bei 30%. Einerseits durch Überschichtung anderseits mangels an Ungarischunterricht sind diese Kontingenten bis zur Gegenwart im großen und ganzen von der deutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung absorbiert worden. Selbst die Bezirksvororte Oberwart und Oberpullendorf - um die Jahrhundertwende noch mit 75% bzw. über 90% Anteil der Ungarn - büßten bis zur Gegenwart ihre Bedeutung als Akkumulationspunkte der Ungarn ein. 1991 lag der Anteil der Ungarn in Oberwart nur noch bei 27%, in Oberpullendorf 23,9%. Obzwar die burgenländischen Ungarn auch schon vor der Angliederung des Burgenlandes an Österreich geographisch eine große Streuung mit den erwähnten Akkumulationen bildeten und wirtschftlich-sozial stark differenziert waren, waren sie bis dahin Angehörige des Mehrheitsvolkes. Da sie aber kaum über lokale Organisationen verfügten, konnten sie die Umstellung zur Minderheit psychisch-politisch nicht verkraften. Der Burgenländisch ungarischer Kulturverein wurde in einer Zeit der Assimilation gegründet (1968), um mit den vielschichtigen Problemen fertig werden zu können.
b.) Die nichtburgenländischen Ungarn haben ihr Dasein - ähnlich wie die Tschechen - verschiedenen Zuwanderungswellen zu verdanken. Die Spuren der Ungarn können vor allem in Wien bis ins Mittelalter zurückverfolgt werden. Teilweise durch Familienbande gab es Verbindungen zwischen den Bürgern von Wien und ungarischen Städten. Ungarische Studenten, die sogar eine eigene Nation (natio hungarica) bildeten, sind in den Matriken der Universität Wien seit 1377 nachweisbar. Mit der Wahl Erzherzog Ferdinands zum König von Ungarn (1526) bzw. infolge der Besetzung der ungarischen Hauptstadt Buda/Ofen durch die Türken (1541) wurde eine Reihe ungarischer Zentralämter in Wien angesiedelt, so daß die Präsenz der Ungarn, voran adelige Hofhaltungen mit Gefolgschaft seit dieser Zeit kontinuierlich nachweisbar ist. Zudem war im letzten Viertel des 17. Jhs. eine stärkere Zuwanderung der Ungarn nach Wien zu beobachten, im Zuge dieser entstanden sogar ungarisch Zünfte in Wien (Fleischhauer, Posamentierer, Zischmenmacher, Knöpfemacher etc.). Hervorzuheben die Bedeutung der "Wiener Ungarn" nicht zuletzt in kultureller Hinsicht (Bücher, Zeitungen, Verbreitung der Aufklärung, Erneuerung der ungarischen Sprache und Literatur). Trotz der starken Fluktuation - Minderheiten in der Großstadt können sich nur mit Hilfe von Zuwanderung regenerieren - lebten um 1840 etwa 15.000 Ungarn in Wien. Ihre Zahl lag um 1890 bei 32.749. Bis 1910 stieg ihre Zahl auf 139.300; in der Zeitspanne 1881-1913 erwarben 75.592 Personen die österreichische Staatsbürgerschaft. Für die soziale Gliederung der Ungarn um 1910 war es charakteristisch, daß 64.208 von ihnen (43,43%) als Arbeiter eingestuft waren; 10.434 lebten als Hausgesinde und 2.128 als Taglöhner. Die ersten ungarischen Vereine konstituierten sich in den Sechzigerjahren des 19. Jhs., so der Ungarische Leseverein (1864), der Wiener Ungarische Verein und der Ungarische Universitätsclub (1868) bzw. der Ungarische Geselligkeitsverein (1870).

Exkurs: Die Ungarn in Wien
Seit dem Zusammenbruch der Monarchie zeigt die zahlenmäßige Entwicklung der Ungarn in Wien einen rückläufigen Trend: 1920 wurden im Gebiet der Republik Österreich (also ohne Burgenland) 127.688 Ungarn, 76.168 (59,65%) von ihnen in Wien, ausgewiesen. Infolge von Repatriierung und durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch bedingt wanderte viele von ihnen - teils auch in die neuen Nachfolgestaaten - ab. Die Volkszählung von 1923 ermittelte für Wien 10.922, für Niederösterreich 2.355 Ungarn; ihre Zahl in Wien verringerte sich bis 1934 auf 9.598, die mit 1.042 neu eingebürgerten eine Gesamtzahl von 10.640 ergaben. Seit dem Zweiten Weltkrieg konnten sich die Ungarn vorwiegend durch die verschiedenen Flüchtlingswellen (vor allem 1956) halten. So gaben 1991 insgesamt 19.638 Österreicher ungarisch als Umgangssprache an, von ihnen lebten 8.930 (45,47%) in Wien, 4.973 (25.32%) im Burgenland. Bezeichnenderweise leben die in Niederösterreich wohnhaften Ungarn, d.s. 2.389 Personen (12,17%) zumeist im Einzugsbereich von Wien, so daß die bedeutendste Akkumulation mit 11.319 Personen (57,59%) im Großraum Wien nachweisbar ist. Die übrigen Ungarn leben im ganzen Bundesgebiet verstreut, allerdings mit einer Konzentration in den bzw. um die Landeshauptstädte.Der 1980 gegründete Zentralverband Ungarischer Vereine und Organisationen in Österreich setzte sich die Anerkennung der nichtburgenländischen Ungarn als Teil der ungarischen Volksgruppe zum Ziel. Angesichts der Fakten aus Geschichte und Gegenwart beschloß der Ministerrat am 30. Juni 1992 auch die "Wiener Ungarn" in den Begriff der ungarischen Volksgruppe einzubeziehen. Der Hauptausschuß des Nationalrates sprach sich am 9. Juli 1992 auch in diesem Sinne aus. Der Anerkennung zufolge wurde die Zahl der Beiratsmitglieder für die ungarische Volksgruppe von 8 auf 16 erhöht.

3.) Volkszählungsergebnisse und Anzahl der Angehörigen der österreichischen Volksgruppenoben
Aufgrund der Tatsache, daß anläßlich der offiziellen Volkszählungen in Österreich nach Umgangssprache, Muttersprache, Denksprache, Kulturkreis, Familiensprache gefragt wurde, aufgrund der Volksgruppenfeindlichkeit etlicher Zählkommissare, die mehr oder weniger stark die Volkszählungsergebnisse beeinflußt haben, werden die Ergebnisse der Volkszählungen von den Volksgruppenvertretungsorganisationen angezweifelt bzw. sind sie nur als einer von vielen Indikatoren zur tatsächlichen Größe der einzelnen Volksgruppen zu gebrauchen. Sie zeigen aber doch recht anschaulich den starken Assimilierungsdruck der letzten Jahrzehnte.

1910 1951 1991
Kroaten 44.243 35.181 29.596
Slowaken subsummiert unter Tschechen (böhmisch - mährisch - slowakisch) 301 1.015
Slowenen 74.210 42.413 20.191
Tschechen 119.447 3.817 9.822
Ungarn 26.570 8.408 19.638
Gesamtösterreichische Ergebnisse im Gebiet der heutigen Republik Österreich. Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft (1991). Die Volksgruppe der Roma und der Polen wurden bei den einzelnen Volkszählungsergebnissen nicht gesondert ausgewertet. Zu den Ungarn siehe auch obigen Exkurs.
Laut Eigeneinschätzung der regierungsunabhängigen Vertretungsorganisationen der österreichischen Volksgruppen leben in Österreich zur Zeit:

Kroaten 40.000 - 50.000
Polen ca. 30.000
Roma 10.000 - 20.000
Slowaken 5.000 - 10.000
Slowenen ca. 50.000
Tschechen 15.000 - 20.000
Ungarn 30.000 - 50.000

Burgenländische Kroaten
1991 gab es im Burgenland nach offiziellen Statistiken 19.109 Personen, die Kroatisch als ihre Muttersprache angaben bzw. Kroatisch als Umgangssprache verwendeten. In Wien waren dies an die 6.300 Personen. Kirchlichen Erhebungen zufolge wünschen im Burgenland etwa 35.000 Personen die Sonntagsmesse in kroatischer Sprache, in Wien leben nach Schätzungen des Kroatischen Kulturvereines mindestens 15.000 burgenländische Kroaten. Diese Diskrepanz veranschaulicht sehr gut die Problematik offizieller Erhebungen. Viele Volksgruppenangehörige wollen sich bei offiziellen Zählungen nicht deklarieren. Davon abgesehen macht es einen großen Unterschied, ob bei solchen Zählungen nach der ethnischen Zugehörigkeit, nach der Muttersprache oder nach der Sprachverwendung gefragt wird. Schon die Aufnahme des Begriffes "Kroatisch" bei der Frage nach verwendeten Sprachen (bis 1981: "Deutsch", "andere: . . .") hatte zur Folge, dass es 1991 erstmals wieder mehr Kroatischsprachige gab, als bei den Zählungen davor. Die offiziellen Zahlen können daher Trends ausweisen, jedoch keinen zuverlässigen Aufschluss über die tatsächliche zahlenmäßige Größe der Volksgruppe geben.
"Minderheitenfeststellungen" werden von allen Volksgruppen abgelehnt.

Roma
Während des nationalsozialistischen Regimes fielen 2/3 der österreichischen Roma dem rassistisch motivierten Völkermord zum Opfer. Die heutige Anzahl dürfte nach Selbsteinschätzung der Volksgruppe am Stand von 1938 liegen, mehr als 10.000 Personen, wobei der überwiegende Anteil auf die Burgenland-Roma fällt. Sinti und Lowara gemeinsam zählen nach dieser Annahme ca. 1.000 Personen.

Slowaken
Um 1900 erreichte die Zahl der in Österreich ansässigen Slowaken ihren Höhepunkt mit etwa 70.000, größtenteils in Wien und im Marchfeld. Danach ging die Zahl rasch zurück, um 1914 wurden 20.000 Slowaken im heutigen Österreich angegeben. Nach 1918 sind einige Slowaken in die neugegründete Tschecho-Slowakei umgesiedelt, die Volkszählung 1923 ergab noch 4.802 Slowaken in ganz Österreich. Seither sinkt diese Anzahl. Bei der Volkszählung 1991 gaben 2.120 Personen in ganz Österreich an, slowakisch als Umgangssprache zu verwenden, davon 1.015 österreichische Staatsbürger. Von allen Gemeldeten waren 1.645 Personen in Wien und Niederösterreich wohnhaft, darunter 835 österreichische Staatsbürger. Die tatsächliche Zahl der Volksgruppenangehörigen wird jedoch auf etwa 5.000 Personen geschätzt.

Slowenen
Die erste Volkszählung in Kärnten fand im Jahre 1848 statt, die sogenannte Czoernigsche Volkszählung. Danach bildete Südkärnten noch ein geschlossenes slowenischsprachiges Gebiet, wobei die Sprachgrenze etwa entlang der Linie Hermagor/©mohor - Gailtaler Alpen/Ziljske Alpe - südlicher Stadtrand von Villach/Beljak - Ossiacher Tauern/Osojske Ture - Moosburg/Blatograd - Maria Saal/Gospa sveta - Ottmanach/Otmanje - Brückl/Mostiè - Südrand der Saualpe/Svinska planina - Lavamünd/Labot verlaufen ist. Die Stadt Klagenfurt/Celovec war eine deutsche Sprachinsel in einer slowenischsprachigen Umgebung. Zu diesem Zeitpunkt war die Bevölkerung Kärntens etwa zu zwei Drittel deutschsprachig, zu einem Drittel slowenischsprachig.
Bis zur ersten amtlichen Volkszählung im Jahre 1880 wurde das Gebiet nördlich von Klagenfurt/Celovec deutschsprachig. Im übrigen handelte es sich aber noch immer um ein geschlossen slowenischsprachiges Gebiet mit etwa 85.000 slowenischsprachigen Bewohnern.
Bis zum Ende der Monarchie verstärkte sich die Assimilation der Kärntner Slowenen insbesondere in den Industriegemeinden Arnoldstein/Podklo¹ter und Ferlach/Borovlje sowie entlang der Linie Villach/Beljak - Wörthersee/Vrbsko jezero - Klagenfurt/Celovec - Völkermarkt/Velikovec. Die nach wie vor zu 90 % slowenischsprachigen Gebiete des unteren Gailtales/Zilja, des Rosentales/Ro¾ und des Jauntales/Podjuna waren damit bereits durch dazwischen liegende Gebiete getrennt, in denen die slowenischsprachige Bevölkerung schon in der Minderheit war.
Nachdem sich bei der Volksabstimmung am 10. 10. 1920 vor allem Dank des Stimmverhaltens der Kärntner Slowenen die Mehrheit der Südkärntner Bevölkerung für einen Verbleib bei der Republik Österreich entschieden hat, ging die Zahl der Kärntner Slowenen laut Volkszählungen von noch 66.000 bei der letzten Volkszählung in der Monarchie auf nur noch etwa 37.000 bei der ersten Volkszählung in der Republik zurück. Allerdings stellten diese Volkszählungen nicht die tatsächliche sprachliche Situation dar, private Zählungen gingen auch in der ersten Republik noch von einer Zahl von über 60.000 slowenischsprachigen Kärntnern aus.
Nach der ersten Volkszählung in der zweiten Republik im Jahre 1951 betrug die Zahl der Kärntner Slowenen noch etwa 42.000. Diese Zahl verringerte sich in der Folge bis zur Volkszählung 1981 auf nur noch 17.000. Dabei ist allerdings zu beachten, dass in der zweiten Republik erstmals bei den Volkszählungen auch die Kategorie "windisch" eingeführt wurde, wobei man als "windisch" insbesondere jene Volksgruppenangehörigen betrachtete, welche bereit waren, ihre slowenische ethnische Identität aufzugeben. Dies ist tatsächlich auch geschehen; während die Zahl der "Slowenen" zwischen 1951 und 1981 etwa um ein Drittel zurückgegangen ist, ist die Gruppe der "Windischen" nahezu völlig verschwunden.
Den Kärntner Slowenen ist es seit Mitte des vorigen Jahrhunderts aufgrund der vom Staat bewusst geführten Assimilationspolitik, insbesondere wegen der "Germanisierung" durch die Schule und wegen der ungünstigen Sozialstruktur der Volksgruppe, deren Kern bis in die 70-er Jahre die bäuerliche Bevölkerung bildete und die sich erst seit der Gründung des BG für Slowenen im Jahre 1957 auf eine breitere Intelligenzschicht stützen konnte, nicht gelungen, bei den Volksgruppenangehörigen ein entsprechendes Nationalbewusstsein auszubilden. Das Verhältnis zwischen nationalbewussten Volksgruppenangehörigen und assimilationsbereiten Kärnter Slowenen lautete zu Beginn des Jahrhunderts noch etwa 1 : 3, zu Beginn der zweiten Republik bereits etwa 1 : 1, bis heute hat sich diese Schere fasst völlig geschlossen. Die objektive Beherrschung der slowenischen Sprache und das subjektive Bekenntnis zur slowenischen ethnischen Identität stimmen daher heute fast völlig überein.
Zwischen 1981 und 1991 hat sich die Zahl der Kärntner Slowenen stabilisiert, bei der Volkszählung 1991 haben ca. 15.000 angegeben, die slowenische Sprache als Umgangssprache zu beherrschen. Während erstmals in den Städten die Zahl der Kärntner Slowenen gleichgeblieben ist oder sogar zugenommen hat und es in den Randgebieten des zweisprachigen Gebietes zu einer deutlichen Zunahme der Kärntner Slowenen gekommen ist, geht die Assimilation in einigen der Kerngebiete des Siedlungsgebietes der Kärntner Slowenen, insbesondere im Gebiet von Bleiburg/Pliberk, Eisenkappel/®elezna Kapla, Ludmannsdorf/Bilèovs oder St. Jakob i. R./©entjakob v R., ungehindert weiter.

Exkurs: die Problematik der Volkszählungen
Volkszählungen, bei welchen auch nach der Umgangssprache gefragt wird, sollen ein objektives Bild der sprachlichen Verhältnisse in einem bestimmten Gebiet erbringen. Als solche sind Volkszählungen auch unproblematisch und liegen sogar im Interesse der Volksgruppe, um so eine Auskunft über die zahlenmäßige Stärke und Entwicklung zu erhalten.
Die Kärntner Slowenen standen und stehen Volkszählungen jedoch aus verständlichen Gründen skeptisch gegenüber. Es wurden nämlich in der Vergangenheit Volkszählungen immer wieder dazu missbraucht, um die Kärntner Slowenen "wegzuzählen" oder um die Einräumung von Volksgruppenrechten von der Zahl der Volksgruppenangehörigen in einem bestimmten Gebiet abhängig zu machen. Anders sind Phänomene, wie etwa die sprachlichen Verhältnisse in der Gemeinde Mieger/Medgorje, wo es alle zehn Jahre zum Wechsel der sprachlichen Verhältnisse gekommen sein soll oder in der GemeindeTainach/Tinje, wo innerhalb von zwölf Jahren die Zahl der Volksgruppenangehörigen von 71 % auf 11% gesunken ist, nicht zu erklären. Weil es sich bei Volksgruppenrechten nach Auffassung der Kärntner Slowenen um Grundrechte handelt, welche nicht von der zahlenmäßigen Stärke der Volksgruppe abhängig gemacht werden können, lehnen die Kärntner Slowenen auch nach wie vor jegliche Minderheitenfeststellungen ab. Einen unbefangenen Umgang mit Volkszählungen und mit der eigenen zahlenmäßigen Stärke oder Schwäche werden die Kärntner Slowenen erst finden können, wenn bei Volkszählungen die tatsächlichen objektiven sprachlichen Verhältnisse erhoben werden und der Minderheitenschutz ohne Rücksicht auf die zahlenmäßige Stärke der Kärntner Slowenen gewährleistet ist.

Tschechen
Die tschechische Zuwanderung nach Wien war bereits Ende des 18. Jahrhunderts so stark, dass in den Wiener Vororten Verlautbarungen auch in tschechischer Sprache veröffentlicht werden mussten. Den Höhepunkt erreichte die tschechische Zuwanderung nach Wien zwischen 1880 und 1890, als über 200.000 Tschechen, vor allem als Arbeiter, nach Wien kamen. Nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik 1918 sind aber über 100.000 Tschechen wieder remigriert. Die Volkszählung 1923 hat etwa 51.000 Tschechen ergeben. Diese Zahl blieb während der ersten Republik wohl in etwa unverändert. Nach dem 2. Weltkrieg sollte vom tschechoslowakischen Zentralausschuss eine neuerliche Remigration in die Tschechoslowakei organisiert werden, wobei zwischen 15.000 und 20.000 Personen diesem Aufruf auch folgten.
Die verbliebenen Tschechen waren einem starken Assimilationsdruck ausgesetzt. Die Volkszählung 1971 ergab etwa 7.500 Tschechen, die Volkszählung 1981 nur noch 4.600. Bei der Volkszählung 1991 war ein leichter Aufwärtstrend bemerkbar, 8.000 Personen gaben an, Tschechisch als Umgangssprache zu verwenden. Die tschechischen Organisationen gehen von Schätzungen in der Höhe von 15.000-20.000 Volksgruppenangehörigen aus.

Ungarn
Siehe Kapitel: Siedlungsgebiet

4.) Österreichische Volksgruppenpolitikoben

Aus Sicht des Österreichischen Volksgruppenzentrums ist die Volksgruppenpolitik der österreichischen Bundesregierung und der betroffenen Bundesländer in mehrere Phasen zu unterteilen. Grundsätzlich lassen sich diese wie folgt betiteln und darstellen:

I. Gewährungspolitik (1945 - 1955)
Aufgrund der jugoslawischen Gebietsansprüche, die bis zum Bruch Titos mit Stalin auch von der Sowjetunion unterstützt wurden, war Österreich bemüht, zumindest der slowenischen und teilweise auch der kroatischen Volksgruppe einige substantielle Rechte zuzugestehen. Zu nennen sind vor allem die kurzfristige Einbindung eines Slowenenvertreters in die Kärntner Landesregierung, die Einführung des obligatorischen zweisprachigen Schulwesens für alle Schüler im zweisprachigen Gebiet Kärntens, und die Wiedereinführung des zweisprachigen Schulwesens im Burgenland.

II. Verhinderungspolitik (1955 - 1972)
Diese Phase ist gekennzeichnet durch Wiedergründung von deutschnationalen Organisationen und durch die aktive Assimilierungspolitik der österreichischen Bundesregierung, die vor allem durch die Landespolitik getragen wird. Die Minderheitenschutzbestimmungen des Artikels 7 des Staatsvertrages von Wien aus dem Jahr 1955 (im Folgenden: StV v Wien), wurden restriktiv interpretiert und nicht umgesetzt. 1957 wird der Kärntner Heimatdienst wiedergegründet, der erfolgreich die Abschaffung des obligatorischen zweisprachigen Schulwesens betreibt. Im Burgenland etabliert sich auf Betreiben und mit maßgeblicher Unterstützung einer Landtagspartei eine Gruppierung, die sich für die aktive Assimilierung der kroatischen Volksgruppe einsetzt. Obwohl eine bewußte wirtschaftliche Schwächung der Siedlungsgebiete der Volksgruppen im Burgenland, in der Steiermark und in Kärnten kaum nachweisbar ist, bleibt es Tatsache, daß tausende Volksgruppenangehörige durch das Auspendeln und die - ebenfalls wirtschaftlich bedingte - Abwanderung assimiliert wurden.

III. Restriktive Politik (1972 - 1988)
Im Herbst 1972 wurden in Kärnten die, in teilweiser Erfüllung des Staatsvertrages von Wien, aufgestellten zweisprachigen topographischen Aufschriften von ÖVP-nahen und Deutschnationalen, von Ort zu Ort ziehenden, organisierten Gruppen, gewaltsam entfernt. Die Polizei schritt nicht ein. 1976 wurde gegen den Willen der Betroffenen das restriktive Volksgruppengesetz beschlossen, welches gewisse Sprachenrechte von einer 20% bzw. 25%-Klausel abhängig macht. Trotz massiver Proteste und erfolgreichen Boykotts durch die Betroffenen wurde in ganz Österreich eine Minderheitenfeststellung (geheime Volkszählung besonderer Art) zur Festlegung dieser prozentuellen Anteile der Volksgruppen durchgeführt.
Aufgrund der Tatsache, daß die slowenische Wahlgruppierung "Koro¹ka enotna lista" anläßlich der Landtagswahlen 1975 den Einzug in den Landtag nur um wenige hundert Stimmen verfehlte, wurde bei der nächsten Landtagswahl das Kärntner Wahlrecht derart geändert, daß das Siedlungsgebiet der Kärntner Slowenen auf vier Wahlkreise aufgeteilt wurde, und seither für den Einzug in den Kärntner Landtag ca. 10% der Wählerstimmen notwendig sind. Ansonsten gilt im übrigen Bundesgebiet eine 4% bzw. 5%-Klausel für die Erreichung eines Grundmandates. Mitte der 80er Jahre wurde von deutschnationalen Gruppierungen, die den Kärntner Landtagsparteien nahestanden bzw. -stehen, die Trennung der slowenischsprachigen und deutschsprachigen Schüler betrieben, und für die zum slowenischen bzw. zweisprachigen Unterricht angemeldeten Schüler, sogenannte Mittelpunkt- bzw. Ghettoschulen gefordert. Durch eine breite Solidarisierungsbewegung im restlichen Österreich und durch das aktive Mitwirken des slowenischen Nationalratsabgeordneten Karel Smolle konnte das verhindert werden und ein tragbarer Kompromiß im Jahre 1988 verhandelt werden. Neben der Schulfrage sind den deutschnationalen Verbänden mittlerweile aber auch die zweisprachigen Gottesdienste in Südkärnten ein Dorn im Auge.

IV. Dialogpolitik (1988 - 1994)
Durch den Kompromiß in der Schulfrage in Kärnten wurde auf Bundesebene die Phase des Dialogs mit allen österreichischen Volksgruppen eingeleitet. Seitens der Volksgruppenvertretungsorganisationen wurden die bis dahin abgelehnten Volksgruppenbeiräte beschickt. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ORF) wurden muttersprachliche TV-Sendungen eingeführt. In Kärnten wurde eine zweisprachige wirtschaftliche Mittelschule und im Burgenland das Zweisprachige Bundesgymnasium Oberwart eröffnet. Im Burgenland wird das Kindergartengesetz, welches die ungarische und kroatische Volksgruppe berücksichtigt, beschlossen, sowie die zwar problematische Amtssprachenverordnung erlassen.
1992 erfolgte die Anerkennung der im Raum Wien lebenden Ungarn als Teil der ungarischen Volksgruppe, dementsprechend wurde die Zahl der Beiratsmitglieder von bis dahin 8 auf 16 erhöht.
Die finanzielle Förderung von sprachlichen und kulturellen Projekten der Volksgruppen wurde merklich erhöht.
Vor allem aber hatte Österreich international bei der Verankerung von Minderheitenschutznormen eine Vorreiterrolle inne. So wurde durch die österreichische Bundesregierung ein, aus Sicht der Volksgruppen, vorbildlicher "Entwurf eines Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention zum Schutz ethnischer Minderheiten" dem Europarat vorgelegt. Weiters wurden die Roma und die Slowaken als österreichische Volksgruppen anerkannt.

V. Ignoranzpolitik (1994 - 2000)
Diese Phase ist gekennzeichnet von einer totalen Dialogverweigerung durch die österreichische Bundesregierungsspitze und durch eine immer stärkere Instrumentalisierung der Volksgruppenbeiräte, ausgehend von der Beamtenschaft des ressortzuständigen Bundeskanzleramtes. Von diesem werden zu ungelösten Fragen der Volksgruppen, wie Kindergärten, Medien, topographischen Aufschriften, Amtssprache usw., zwar immer wieder Studien in Auftrag gegeben, und Sitzungen, Diskussionen, Kongresse und Symposien abgehalten, die aber sämtlich ohne konkrete Resultate bleiben. So sind wichtige Bestimmungen des Staatsvertrages von Wien auch 45 Jahre nach Unterzeichnung nicht erfüllt. Sämtliche Fortschritte in der Volksgruppenpolitik dieser Phase wurden durch die Betroffenen großteils über den Gerichtsweg hart erkämpft, oder beruhen auf Selbstinitiative der Volksgruppen.
Die Gewährung von finanziellen Förderungen wird durch bürokratische Hürden verzögert und oftmals auch vom "Wohlverhalten" des Förderungswerbers abhängig gemacht.

VI. Monitoringpolitik (seit 2000)
Die im Feber 2000 neu angelobte Bundesregierung ( ÖVP-FPÖ) ist praktisch sofort in einen Dialog mit den Vertretungsorganisationen der österreichischen Volksgruppen und den Volksgruppenbeiräten eingetreten. Dazu hat wohl in erster Linie das Monitoring der EU-14 beigetragen. Sichtbare Ergebnisse sind vorerst vor allem deklaratorischer Natur, wie die Verankerung einer unverbindlichen "Staatszielbestimmung Volksgruppen" im Art.8 B-VG und das Nachholen von teilweise jahrzehntlang Versäumtem, wie die Verordnung über die zweisprachige Topographie im Burgenland, die Amtssprachenverordnung für Ungarisch und die Absichterklärung, die Europäische Charta für Regional- oder Minderheitensprachen mit Beginn des Jahres 2001 zu ratifizieren. Andererseits lässt vor allem der Kärntner FPÖ-Landeshauptmann immer wieder mit minderheitenfeindlichen Aktionen aufhorchen, wie z.B durch die geplante Schlechterstellung von besser (zweisprachig) qualifizierten Lehrern im Bereich des Minderheitenschulwesens in Kärnten. Die angekündigte Schlechterstellung von slowenischsprachigenLehrern wurde von Vertretern der slowenischen Volksgruppe als rassistisch bezeichnet.
Eine vorerst also kaum abschätzbare und nicht abschließend qualifizierbare Politik, die sich für die österreichischen Volksgruppen zum Positiven, aber, in Kentniss der FPÖ, nach Beendigung des Monitorings noch leichter zum Negativen, wenden kann.

Exkurs: Staatszielbestimmung Volksgruppen
Mit der vor dem Sommer beschlossenen B-VG - Novelle wurde in die Bundes-Verfassung eine sog. "Staatszielbestimmung Volksgruppen" mit folgendem Wortlaut eingefügt:
"Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern."
Generell gewähren Staatszielbestimmungen keine subjektiven Rechte, sondern dienen als objektiver Maßstab für Gesetzgebung und Vollziehung. Als Maßstab für die Prüfung von Gesetzen sind solche Verfassungsaufträge nicht geeignet, da ihnen detaillierte sprachliche Formulierungen fehlen. Als Gesetzgebungsauftrag geben sie Richtlinien für die zukünftige Regelung bestimmter Materien vor, wobei allerdings die Untätigkeit des Gesetzgebers nach heutiger Verfassungslage nicht bekämpfbar ist. Für die staatliche Verwaltung dienen sie als Interpretationsmaßstab und als Abwägungsgebot. Der Zweck einer so formulierten Staatszielbestimmung liegt wohl einerseits darin, gesellschaftliche Konflikte zu verhindern, andererseits Pluralität und Offenheit zu vermitteln, um bei der Mehrheitsbevölkerung ein Bewusstsein der Akzeptanz gegenüber den Minderheiten zu entwickeln.
Gegen einen solchen Zweck des staatlichen Bekenntnisses zur Vielfalt der Republik ist sicherlich nichts einzuwenden und entspricht auch der vom VfGH formulierten Wertentscheidung zu Gunsten des Minderheitenschutzes. Mit diesem Bekenntnis müssten jedoch auch konkrete einklagbare Rechte verbunden sein, einerseits ein Klima der Achtung und des Dialogs zu schaffen, andererseits ausgehend von den derzeit geltenden Minderheitenschutzbestimmungen durch zusätzliche Rechte bestehende Rechtslücken zu schließen und somit den Fortbestand der autonomen Gemeinschaften zu sichern. In Österreich drückt sich in Klagen von seiten Betroffener ein vielfältiger Mangel an einem durchsetzbaren Schutz des kulturellen Bestandes der Volksgruppen als solcher aus, von fehlenden zweisprachigen Ortsbezeichnungen bis zum indirekten Assimilationsdruck im Erziehungswesen. Andererseits leiden die österreichischen Volksgruppen daran, dass sie kein rechtliches Instrumentarium zur Verfügung haben, mit welchem sie, gerade was den Schutz ihres Bestandes anlangt, ihre Interessen authentisch formulieren und rechtlich und politisch zur Geltung bringen könnten. Den österreichischen Minderheiten wird nicht in hinreichendem Ausmaß garantiert, als Volksgruppen weiterbestehen und sprechen zu können.
Die Verfassungsnorm, die am ehesten Ansätze für einen solchen gruppenrechtlich konzipierten Minderheitenschutz bieten würde, ist Art. 19 StGG aus 1867. So sehr es zutrifft, dass sich die faktischen Voraussetzungen in der Republik verschoben haben, so wenig vermag dieser Umstand die pauschale Schlussfolgerung zu tragen, dass das altösterreichische Konzept des Nationalitätenschutzes damit einfach obsolet geworden sei. Im Gegenteil. Gerade die Ansätze zu einer gruppenrechtlichen Konzeption, wie sie aus dem Art. 19 StGG herausgelesen werden, gewinnen gerade unter den veränderten Voraussetzungen einer Minderheitensituation noch an Bedeutung: Während ethnische Gruppen als Komponenten eines multinationalen Staates einander in ihrem Bestand kaum ernsthaft gefährden können, sehen sich ethnische Minderheiten einem massiven Assimilationsdruck von seiten der Mehrheitskultur ausgesetzt. Dies macht gerade die Erhaltung der Minderheitskultur zu einem grundrechtlichen Hauptanliegen, welches eben nur als kollektives Recht adäquat umsetzbar ist.
Das Österreichische Volksgruppenzentrum hat im Zuge der Diskussion und des Begutachtungsverfahrens für eine "Staatszielbestimmung Volksgruppen", wie sie nun vom Nationalrat beschlossen wurde, eine Neufassung des Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes aus 1867 gefordert und einen konkreten Vorschlag in die politische Diskussion eingebracht (siehe Anhang).

5.) Organisationen der österreichischen Volksgruppenoben

Österreichisches Komitee des Europäischen, Büros für Sprachminderheiten
Teinfaltstr. 4, A-1010 Wien
Telefon: ++43 / 1 / 533 15 04, Fax: ++43 / 1 / 535 58 87, e-mail: oevz@twinet.net

Österreichisches Volksgruppenzentrum /Austrian Centre for Ethnic Groups
Teinfaltstr. 4, A-1010 Wien
Telefon: ++43 / 1 / 533 15 04, Fax: ++43 / 1 / 535 58 87, e-mail: oevz@twinet.net

Rat der Kärntner Slowenen / Narodni svet koro¹kih Slovencev
Viktringer Ring 26, A-9020 Klagenfurt/Celovec
Telefon: ++43 / 463 / 51 25 28-0, Fax: ++43 / 463 / 51 25 28-22, e-mail: office@narod.at

Zentralverband slowenischer Organisationen in Kärnten / Zveza slovenskih organizacij na Koro¹kem
Tarviser Straße 16, A-9020 Klagenfurt/Celovec
Telefon: ++43 / 463 / 51 43 00, Fax: ++43 / 463 / 51 43 00-71, e-mail: zso@slo.at

Artikel VII - Kulturverein für Steiermark / Kulturno dru¹tvo èlen 7
Prankergasse 2, A-8020 Graz/Gradec
Telefon & Fax: ++43 / 316 / 77 13 83

Pavel-Haus
A-8490 Laafeld/Potrna 30
Telefon & Fax: ++43/3476/3862, e-mail: pavel.haus@magnet.at

Minderheitsrat der tschechischen und slowakischen Volksgruppe in Österreich / Men¹inová rada èeské a slovenské vìtve v Rakousko
Margarethenplatz 7, 1050 Wien/Vídeò
Telefon: ++43 / 1 / 587 83 08

Kulturklub der Tschechen und Slowaken in Österreich / Kulturní klub Èechù a Slovákù v Rakousku
Schlösselgasse 18, 1080 Wien/Vídeò

Österreichisch-Slowakischer Kulturverein / Rakúsko-slovensky kultúrny spolok
Otto-Bauer-Gasse 23/11, A-1060 Wien/Vieden
Telefon & Fax: ++43 / 1 / 596 13 15

Burgenländisch-Ungarischer Kulturverein / Burgenlandi Magyar Kultúregyesület
Schulgasse 3, A-7400 Oberwart/Felsõõr
Telefon: ++43 / 3352 / 38 489, Fax: ++43 / 3352 / 38 643, e-mail: bukv@aon.at

Zentralverband ungarischer Vereine und Organisationen in Österreich / Ausztriai Magyar Egyesületek és Szervezetek Központi Szövetsége
Postfach 358, A-1010 Wien/Bécs

Dachverband der Unabhängigen ungarischen Vereine in Österreich / Ausztriai Független Magyar Kultúrregyesületek Csúcsszervezete
Hollandstraße 4, A-1020 Wien/Bécs

Kulturverein österreichischer Roma / Devrientgasse 1, A-1190 Wien/Becsi
Telefon & Fax: ++43 / 1 / 310 64 21, e-mail: kv-roma@Eunet.at, http://www.members.Eunet.at/kv-roma

Verein Roma
Spitalgasse 4, A-7400 Oberwart/Erba
Telefon: ++43 / 3352 / 33 059, Fax: ++43 / 3352 / 33 059-4, e-mail: verein-roma@magnet.at, http://www.verein-roma.at

Romano Centro
Urschenböckstraße 8/13, A-1110 Wien/Becsi
Telefon & Fax: ++43 / 1 / 749 63 36, e-mail: romano-centro@magnet.at, www.romano-centro.org

Kroatischer Kulturverein in Burgenland / Hrvatsko kulturno dru¹tvo u Gradi¹æu
Dr. Lorenz Karall-Straße 23, A-7000 Eisenstadt/®eljezno
Telefon: ++43 / 2682 / 66 500, Fax: ++43 / 2682 / 66 500-4, e-mail: ured@hkd.at

Burgenländisch-Kroatischer Kulturverein in Wien / Hrvatsko gradi¹æansko kulturno dru¹tvo u Beæu
Schwindgasse 14, A-1040 Wien/Beç
Telefon: ++43 / 1 / 504 61 52, Fax: ++43 / 1 / 504 63 54-9, e-mail: hakhc@xpoint.at

Kroatischer Akademikerklub / Hrvatski akademski klub
Schwindgasse 14, A-1040 Wien/Beæ
Telefon: ++43 / 1 / 505 71 06, Fax: ++43 / 1 / 504 63 54-9, e-mail: hakhc@xpoint.at

Kroatisches Kultur- und Dokumentationszentrum / Hrvatski kulturni i dokumentarni centar
Johann Permayer-Straße 3, A-7000 Eisenstadt/®eljezno
Telefon & Fax: ++43 / 2682 / 68 397

Verband der Polen in Österreich "Strzecha"
Boerhavegasse 25/11 - Hoftrakt Top 3, A-1030 Wien/Wieden
Telefon & Fax: ++43 / 1 / 710 56 59, e-mail: r.hebenstreit@cheese.at

Daneben gibt es ca. 200 Spartenorganisationen und Vereine, die ihrem Spektrum nach von wissenschaftlichen Instituten, über Kulturvereinen bis zu Sportvereinen einzuordnen sind. Alle Volksgruppenorganisationen sind Vereine aufgrund des österreichischen Vereinsgesetzes und haben keinerlei öffentlich-rechtlichen Charakter.

Lediglich die Kärntner Slowenen haben eine eigenständige politische Partei, die:

Enotna lista
10.-Oktober-Straße 25/III, 9020 Klagenfurt/Celovec
Telefon: ++43 / 463 / 54079, Fax: ++43 / 463 / 54079-30, e-mail: e.li@aon.at.

6.) Regierungsämter, die sich mit Volksgruppenfragen befassenoben

Auf Bundesebene sind die Volksgruppenangelegenheiten beim Bundeskanzler, administrativ bei der Abteilung "Volksgruppenangelegenheiten" in der Sektion Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt angesiedelt. Diese Abteilung befaßt sich vor allem mit der finanziellen Förderung der österreichischen Volksgruppen und führt die Geschäfte der Volksgruppenbeiräte.

Exkurs: Burgenländische Ungarn
Seit 1968 wird von den Mitgliedern und Verantwortlichen des Burgenländisch-Ungarischen Kulturvereins die für den Weiterbestand der ungarischen Volksgruppe im Burgenland notwendige Arbeit geleistet. Es werden die grenzüberschreitenden Kontakte gepflegt, und es wird in bestem Einvernehmen mit der Mehrheitsbevölkerung Kulturarbeit geleistet (ungarischsprachige Zeitung, Ausstellungen, Volkstanzgruppen...), welche die Vielfalt der österreichischen Tradition gewährleistet.
Um diese Aufgaben bewältigen zu können, stand bis 1998 ein Subventionsposten für eine(n) hauptamtliche(n) GeschäftsführerIn im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst zur Verfügung. Dieser wurde ersatzlos gestrichen. Da dies der einzige Dienstposten für den Burgenländisch-Ungarischen Kulturverein war, bedeutet dies für die autochthone ungarische Volksgruppe im Burgenland eine existentielle Bedrohung in ihrem Bestand, da die Aktivitäten des Vereins ohne Geschäftsführung auf die Dauer nicht aufrechtzuerhalten sind. Seit zwei Jahren wurde von Seiten des Bundeskanzleramtes eine Lösung dieses Problems dahingehend versprochen, eine jährliche Summe zur Verfügung zu stellen, welche eine angemessene Bezahlung eines Geschäftsführers ermöglichen würde. Da der Burgenländisch-Ungarische Kulturverein bis zum heutigen Tag weder eine schriftliche Zusage, noch die in Aussicht gestellte Summe erhalten hat, ist seine Arbeit absolut nicht mehr aufrecht zu erhalten. Der Verein muß sich in der momentanen Situation an wage, rechtlich bedenkliche Versprechen klammern, welche von der zuständigen Volksgruppenreferentin im Bundeskanzleramt telefonisch gemacht werden, aber niemals umgesetzt wurden.
Vom Bundeskanzleramt wurde jährlich eine Förderung von 1,3 Mio. Schilling nur für Projekte gewährt, wobei der Geschäftsführer nicht von diesem Budget zu bezahlen war. Nun soll aber der neue Geschäftsführer von der selben Summe bezahlt werden, welche früher nur für Projekte gedacht war, was zwangsläufig zu einer Einschränkung der Aktivitäten führt.
Dies wird jedoch kaum, wie die Regierung immer wieder beteuert, den Stellenwert der Volksgruppe in Österreich heben. Obwohl sich der Burgenländisch-Ungarische Kulturverein an sämtliche öffentlichen Entscheidungsträger (Bundeskanzler, Bundespräsident, Politische Parteien etc.) gewandt hat, ist außer einem Versprechen sich dem Problem anzunehmen, nichts geschehen.
Volksgruppenbeiräte sind von der Regierung gemäß Volksgruppengesetz zu bestellende Organe und setzen sich jeweils zur Hälfte aus Vertretern der Volksgruppenorganisationen und zur anderen Hälfte aus Vertretern der jeweiligen Landtagsparteien bzw. Kirchenvertretern zusammen. Sie beraten die Bundesregierung und auf Wunsch auch die Landesregierungen in Volksgruppenangelegenheiten. Die Einrichtung eines Beirates ist konstitutiv für die Anerkennung als Volksgruppe.
Im Verordnungswege hat die österreichische Bundesregierung Volksgruppenbeiräte für die kroatische, slowakische, slowenische, tschechische, ungarische und die Volksgruppe der Roma eingerichtet. Nicht eingebunden in den Beirat für die slowenische Volksgruppe sind Vertreter der in der Steiermark ansässigen Slowenen, ihnen wird von der steiermärkischen Landesregierung der Status einer Volksgruppe abgesprochen. Dies hat die Vertretungsorganisation der Slowenen in der Steiermark, den Artikel VII - Kulturverein für Steiermark veranlaßt, eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde einzubringen. Das entsprechende Erkenntnis ist noch ausständig. Ebenso ist für die polnische Volksgruppe kein Beirat existent, auch sie ist in Österreich nicht als Volksgruppe anerkannt.
Bei einzelnen Bundesministerien, namentlich beim Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten sowie beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten sind eigene Abteilungen, die sich mit Minderheitenfragen befassen, eingerichtet.
Beim Amt der Kärntner Landesregierung ist ein Büro für die slowenische Volksgruppe eingerichtet, welches u.a. als Geschäftsstelle für Gespräche und Verhandlungen zwischen dem Land und Bundesstellen in Volksgruppenfragen fungieren sollte. Faktisch ist die Tätigkeit des Volksgruppenbüros auf den Übersetzungsdienst und die Vorbereitung und Durchführung der Volksgruppenkongresse des Landes und der Slowenischen Kulturwochen in den Bezirkshauptstädten beschränkt. Die Leiterin des Volksgruppenbüros betreut auch die Agenden der Kulturförderung, soweit sie slowenische Antragsteller betrifft (in diesen Belangen obliegt die Entscheidung der Kulturabteilung bzw. dem Kulturreferenten). Die Förderung der kulturellen Tätigkeiten der slowenischen Volksgruppe durch das Land Kärnten ist allerdings sehr bescheiden (ca. 22.000 Euro jährlich).
Beim Amt der burgenländischen Landesregierung ist ein (sprachlich nicht geschulter) Jurist auch mit Übersetzungen für die kroatische Amtssprache beschäftigt.
Die einzelnen Kirchen (röm.-kath. und evangelisch AB und HB) haben großteils eigene Strukturen, die sich mit der seelsorgerischen Betreuung der einzelnen Volksgruppen befassen.

7.) Das österreichischeVolksgruppenrechtoben

I. Verfassungsschutz der Minderheiten
Die wesentlichen Verfassungsgarantien des Volksgruppenschutzes beruhen auf völkerrechtlichen Verpflichtungen (Friedensvertrag 1919 und Staatsvertrag 1955), die Österreich im Gefolge der beiden Weltkriege eingehen mußte.

Die einzige Verfassungsbestimmung, die eine umfassende und zugleich autonome österreichische Regelung über den Schutz ethnischer Gruppen darstellt, ist der Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes aus dem Jahre 1867 (RGBl. 1867/142) (im folgenden StGG), dessen Anwendbarkeit auf die im heutigen republikanischen Österreich noch lebenden Minderheiten ist aber in der Verfassungsrechtssprechung umstritten (die Lehre bejaht die Anwendbarkeit).

Wortlaut
Artikel 19
Alle Volksstämme des Staates sind gleichberechtigt, und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.
Die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichem Leben wird vom Staate anerkannt.
In den Ländern, in welchen mehrere Volksstämme wohnen, sollen die öffentlichen Unterrichtsanstalten derart eingerichtet sein, dass ohne Anwendung eines Zwanges zur Erlernung einer zweiten Landessprache jeder dieser Volksstämme die erforderlichen Mittel zur Ausbildung in seiner Sprache erhält.

Durch die im Verfassungsrang stehenden Artikel 66, 67 und 68 des Staatsvertrages von Saint Germain (StGBl. 1920/303) (im folgenden StV v St. Germain), sind alle Angehörigen der österreichischen Minderheiten geschützt.

Wortlaut
Artikel 66
Alle österreichischen Staatsangehörigen ohne Unterschied der Rasse, der Sprache oder Religion sind vor dem Gesetze gleich und genießen dieselben bürgerlichen und politischen Rechte.
Unterschiede in Religion, Glauben oder Bekenntnis sollen keinem österreichischen Staatsangehörigen beim Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte nachteilig sein, wie namentlich bei Zulassung zu öffentlichen Stellungen, Ämtern und Würden oder bei den verschiedenen Berufs- und Erwerbstätigkeiten.
Keinem österreichischen Staatsangehörigen werden im freien Gebrauch irgend einer Sprache im Privat- oder Geschäftsverkehr, in Angelegenheiten der Religion, der Presse oder irgend einer Art von Veröffentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen, Beschränkungen auferlegt.
Unbeschadet der Einführung einer Staatssprache durch die österreichische Regierung werden nicht deutschsprechenden österreichischen Staatsangehörigen angemessene Erleichterungen beim Gebrauche ihrer Sprache vor Gericht in Wort oder Schrift geboten werden.

Artikel 67
Österreichische Staatsangehörige, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, genießen dieselbe Behandlung und dieselben Garantien, rechtlich und faktisch, wie die anderen österreichischen Staatsangehörigen; insbesondere haben sie dasselbe Recht, auf ihre eigenen Kosten Wohltätigkeits-, religiöse oder soziale Einrichtungen, Schulen und andere Erziehungsanstalten zu errichten, zu verwalten und zu beaufsichtigen mit der Berechtigung, in denselben ihre eigene Sprachen nach Belieben zu gebrauchen und ihre Religion frei zu üben.

Artikel 68
Was das öffentliche Unterrichtswesen anlangt, wird die österreichische Regierung in den Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche Zahl anderssprachiger als deutscher österreichischer Staatsangehöriger wohnt, angemessene Erleichterungen gewähren, um sicherzustellen, dass in den Volksschulen den Kindern dieser österreichischen Staatsangehörigen der Unterricht in ihrer eigenen Sprache erteilt werde. Diese Bestimmung wird die österreichische Regierung nicht hindern, den Unterricht der deutschen Sprache in den besagten Schulen zu einem Pflichtgegenstande zu machen.
In Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig beträchtliche Anzahl österreichischer Staatsangehöriger wohnt, die einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache angehören, wird diesen Minderheiten von allen Beträgen, die etwa für Erziehung, Religions- oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in Staats-, Gemeinde- oder anderen Budgets ausgeworfen werden, ein angemessener Teil zu Nutzen und Verwendung gesichert.
Der Artikel 7 Z. 2-4 des Österreichischen Staatsvertrages vom 15. Mai 1955 (BGBl. 1955/152) (im folgenden; StV v Wien) beinhaltet die wichtigsten Schutzbestimmungen für die slowenische und kroatische Volksgruppe in den Bundesländern Kärnten, Steiermark und Burgenland.

Wortlaut
Artikel 7 - Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten
1. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark genießen dieselben Rechte auf Grund gleicher Bedingungen wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen einschließlich des Rechtes auf ihre eigenen Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer eigenen Sprache.
2. Sie haben Anspruch auf Elementarunterricht in slowenischer oder kroatischer Sprache und auf eine verhältnismäßige Anzahl eigener Mittelschulen; in diesem Zusammenhang werden Schullehrpläne überprüft und eine Abteilung der Schulaufsichtsbehörde wird für slowenische und kroatische Schulen errichtet werden.
3. In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfasst.
4. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark nehmen an den kulturellen, Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen in diesen Gebieten auf Grund gleicher Bedingungen wie andere österreichische Staatsangehörige teil.
5. Die Tätigkeit von Organisationen, die darauf abzielen, der kroatischen oder slowenischen Bevölkerung ihre Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen, ist zu verbieten.

Der § 7 des Minderheiten-Schulgesetzes für Kärnten (BGBl. 1959/101) (im folgenden: MindSchG f Ktn):
Wortlaut
§ 7. Das Recht, die slowenische Sprache als Unterrichtssprache zu gebrauchen oder als Pflichtgegenstand zu erlernen, ist jedem Schülerin dem gemäß § 10 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes umschriebenen Gebiet in den gemäß § 10 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes festzulegenden Schulen zu gewähren, sofern dies der Wille des gesetzlichen Vertreters ist. Ein Schüler kann nur mit Willen seines gesetzlichen Vertreters verhalten werden, die slowenische Sprache als Unterrichtssprache zu gebrauchen oder als Pflichtgegenstand zu erlernen.

Der § 1 des Minderheiten-Schulgesetzes für das Burgenland (BGBl. 1994/641) (im folgenden: MindSchG f Bgld):
Wortlaut
§ 1. (Verfassungsbestimmung)
(1) Das Recht, im Burgenland die kroatische oder ungarische Sprache als Unterrichtssprache zu gebrauchen oder als Pflichtgegenstand zu erlernen, ist in den gemäß § 6, § 10 und § 12 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes festzulegenden Schulen österreichischen Staatsbürgern der kroatischen und ungarischen Volksgruppe zu gewähren.
(2) Ein Schüler kann gegen den Willen seiner Erziehungsberechtigten nicht verhalten werden, die kroatische oder ungarische Sprache als Unterrichtssprache zu gebrauchen.

Der Artikel 8 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes (im folgenden: B-VG):
Wortlaut
Artikel 8
(1) Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.
(2) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern. In Kraft seit 8.8.2000.

II. Bundesgesetze
Das Volksgruppengesetz vom 7. Juli 1976 (BGBl. 1976/196) (im folgenden: VolksgruppenG) ermächtigt, die Bundesregierung, mit Verordnung die Volksgruppen festzulegen, für die das VolksgruppenG anzuwenden ist. Für diese Volksgruppen ist zugleich jeweils auch ein Volksgruppenbeirat einzurichten. Derzeit bestehen Volksgruppenbeiräte für die slowenische, kroatische, ungarische, tschechische, slowakische Volksgruppe sowie für die Volksgruppe der Roma.

Die Bundesregierung hat bisher acht Verordnungen zum Volksgruppengesetz erlassen:
* Verordnung der Bundesregierung vom 18. Jänner 1977 über die Volksgruppenbeiräte i.d.g.F. (BGBl. 1993/895);
*Verordnung der Bundesregierung vom 31. Mai 1977 über die Bestimmung von Gebietsteilen, in denen topographische Bezeichnungen in deutscher und slowenischer Sprache anzubringen sind (BGBl. 1977/306);
*Verordnung der Bundesregierung mit der die slowenischen Bezeichnungen für Ortschaften festgesetzt werden (BGBl.1977/308);
*Verordnung der Bundesregierung vom 31. Mai 1977 über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird (BGBl. 1977/307);
*Verordnung der Bundesregierung vom 24. April 1990 über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die kroatische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird i.d.g.F. (BGBl. 1991/6);
* Verordnung der Bundesregierung über die Bestimmung von Gebietsteilen, in denen topographische Bezeichnungen und Aufschriften nicht nur in deutscher sondern auch in kroatischer oder ungarischer Sprache anzubringen sind (Topographieverordnung-Burgenland - BGBl.II 2000/170);
* Verordnung der Bundesregierung vom 5.Juni 2000 über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die ungarische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird ( per 1. Oktober 2000).
* sowie eine Verordnung zu Reisekosten und Sitzungsgeldern der Volksgruppenbeiräte.
Der Brünner Vertrag zwischen Österreich und der Tschechoslowakei vom 7. Juni 1920 (BGBl. 1921/163) normiert im Art. 19 das Öffentlichkeitsrecht privater Volksschulen der tschechoslowakischen Minderheit, da auch die Tschechoslowakische Republik solchen Schulen (der deutschen Minderheit) das Öffentlichkeitsrecht zukommen läßt.

III. Landesgesetze
Das burgenländische Kindergartengesetz (LGBl. 1990/7) regelt Geltungsbereich und Art des zweisprachigen (deutsch-ungarischen bzw. deutsch-kroatischen) Erziehungswesens im Burgenland. In Kindergartengesetzen der anderen Bundesländer finden die Volksgruppen keine Berücksichtigung.

Darüber hinaus hat Österreich im multilateralen Rahmen Minderheitenschutzverpflichtungen aus folgenden internationalen Instrumenten übernommen:
Aus den Instrumenten politischer, genereller aber rechtsverbindlicher Natur sind vor allem zu nennen:
- die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören vom 18. Dezember 1992,
- das Dokument des Kopenhagener Treffens der Konferenz über die menschliche Dimension der OSZE vom 29. Juni 1990,
- der Bericht des OSZE-Expertentreffens über nationale Minderheiten in Genf vom 19. Juli 1991,
- die OSZE-Charta von Paris für ein neues Europa vom 21. November 1990,
- das OSZE-Helsinki-Dokument 1992 "Herausforderung des Wandels" vom 10. Juli 1992,
- die "Wiener Erklärung" der Gipfelkonferenz des Europarates vom 9. Oktober 1993, sowie
- das Instrument der zentraleuropäischen Initiative für den Schutz von Minderheitenrechten vom 19. November 1994.

Aus dem Bereich der Instrumente völkerrechtlicher Natur sind insbesondere zu nennen:
- die Europäische Menschenrechtskonvention (im folgenden; EMRK) gilt in Österreich in ihren grundrechtlichen Bestimmungen unmittelbar und hat Verfassungsrang.
- der internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (BGBl. 1978/591),
- das Europäische Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1995 (BGBl.1998/130; im folgenden; RÜK), wurde mit Erfüllungsvorbehalt am 1. März 1998 ratifiziert, in Kraft getreten am 1. Juli 1998, muss grundsätzlich durch innerstaatliche Rechtsvorschriften ausgeführt werden, sowie
- die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 5. November 1992, unterzeichnet am selben Tag, bisher durch Österreich noch nicht ratifiziert.

8.) Volksgruppenförderungoben
Gemäß § 8 des Volksgruppengesetzes hat die Bundesregierung im jährlichen Bundesvoranschlag einen angemessenen Beitrag zu Maßnahmen und Vorhaben, die der Erhaltung und Sicherung des Bestandes der österreichischen Volksgruppen, ihres Volkstums sowie ihrer Eigenschaften und Rechte dienen, vorzusehen. Die Bundesregierung fördert Projekte und Organisationen der Volksgruppen folgendermaßen:

(in Euro)
1996
1997
Burgenländische Kroaten
1.300.844
1.220.904
Polen
0
0
Roma
218.019
203.484
Slowaken
72.673
58.138
Slowenen
1.279.042
1.184.567
Tschechen
290.691
261.622
Ungarn
334.295
261.622

Für 1998, 1999 und 2000 sind lediglich die budgetierten Zahlen für den Budgetansatz Volksgruppenförderung bekannt:
in Euro
1998 3,831.000
1999 3,768.000
2000 3,768.000

Vertretungsorganisationen der österreichischen Volksgruppen erachten die Höhe der Volksgruppenförderung als zu gering. Darüber hinaus werden Verzögerungen bei der Auszahlung und Art und Weise der bürokratischen Abrechnungsmodalitäten kritisiert und als schikanös empfunden.

Exkurs: Abwicklung der Volksgruppenförderung
Die wichtigste Förderungsstelle ist das Bundeskanzleramt. Für den Verteilungsvorschlag betreffend diese Förderungsmittel sind die Volksgruppenbeiräte zuständig, wobei sich aus dem parteipolitischen Einfluss auf dieses Gremium Probleme ergeben. Ein weiteres Problem stellt der Zeitpunkt der Ausschüttung dieser Mittel dar: die Subventionen wurden bisher zumeist im letzten Quartal für das jeweils laufende Jahr überwiesen und mussten bis Ende Februar des Folgejahres abgerechnet werden ( das BKA hat den Verrechnungstermin für 1999 mit dem 10. Jänner 2000 festgesetzt ). Die Förderungswerber haben diesfalls also etwa 4 bis 5 Monate Zeit, ihre Projekte durchzuführen, zu bezahlen und abzurechnen. Dass kein Verein auf diese Weise arbeiten kann, ist offensichtlich. Neben laufenden Ausgaben gibt es auch Projekte, die zu bestimmten Zeiten realisiert werden müssen. Davon abgesehen, können die gesamten Aktivitäten nicht auf einige Monate des Jahres konzentriert werden. Bei der Abrechnung kommt es immer wieder vor, dass bestimmte Belege vom zuständigen Referenten im Bundeskanzleramt nicht anerkannt werden und andere Belege nachgereicht werden müssen. Die Kriterien für die Ablehnung bestimmter Belege sind oft nicht nachvollziehbar. Bisweilen kommt es auch vor, dass bereits durchgeführten Projekten (für die eine Subvention gewährt wurde) nachträglich die Genehmigung versagt wird. All dies sind Umstände, die als Schikanen empfunden werden und die effektive Tätigkeit der Organisationen behindern.

Das oberste Kontrollorgan der Republik, der Rechnungshof (RH), führt in seinem letzten Bericht zur Förderungspraxis des ressortzuständigen Bundeskanzleramtes unter anderem aus: "Die bestehenden allgemeinen Förderungsrichtlinien des Bundes hemmten den Anreiz der Volksgruppen, wenigstens kostendeckende Aktivitäten zu ergreifen. Obwohl der RH bereits seit zehn Jahren die schleppenden Auszahlungen der Förderungsmittel bemängelte, waren Anfang Dezember 1997 wieder rund 30% der Jahresförderungsmittel noch nicht angewiesen worden", und empfiehlt "(1) Die Förderungsgewährung und die Abrechnung wären zu beschleunigen. (2) Es sollten nur den Zielsetzungen des Volksgruppengesetzes eindeutig zuordenbare Förderungen unter Berücksichtigung bestehender Alternativen gewährt werden. (3) Die mehrjährige Planung sollte schwerpunktmäßig ausgebaut werden. (4) Sämtliche Maßnahmen, die zu einer Steigerung der Aktivitäten der Förderungsnehmer führen, wären auszubauen."
Diese Kritik des Rechnungshofes hat im Bundeskanzleramt bisher zu keiner Änderung der Vergabepraxis geführt. Im Jahr 2000 wurden aus der Volksgruppenförderung des Bundeskanzleramtes noch nicht alle beschlossenen Förderungen an die Volksgruppenorganisationen ausgeschüttet. Im Rahmen der Bemühungen zur Sanierung des österreichischen Budgetdefizits gibt es konkrete Pläne bereits für 2001 die Volksgruppenförderung um 20% zu kürzen. Für zahlreiche Volksgruppenprojekte wäre eine solche Kürzung nicht verkraftbar. Bei den Kärntner Slowenen ist z.B. bereits jetzt das Erscheinen der beiden (politischen) Wochenzeitungen nur Dank finanzieller Zuwendungen seitens der Republik Slowenien möglich, bei einer weiteren Kürzung der österreichischen Förderung müsste das Erscheinen eingestellt werden und wäre die mediale Versorgung in der Sprache der Volksgruppe nicht mehr gegeben.

9.) Wirtschaftliche Lage in den Siedlungsgebieten der österreichischen Volksgruppenoben
Die ländlichen Siedlungsgebiete der österreichischen Volksgruppen (Südkärnten, Südsteiermark und das Burgenland) sind wirtschaftlich gesehen Randgebiete, die stark von Abwanderung bzw. Urbanisierung geprägt sind, von einer relativ hohen Arbeitslosigkeit gekennzeichnet und von Abwanderungen "größerer" Wirtschaftsbetriebe betroffen sind. Nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wurde die Lage im Burgenland verbessert, da das gesamte Burgenland Ziel 1 Fördergebiet ist. Die schwache Wirtschaftsstruktur in den ländlichen Siedlungsgebieten der österreichischen Volksgruppen trägt maßgeblich dazu bei, daß die Volksgruppenangehörigen abwandern und sich in den Ballungsräumen schneller assimilieren, da in diesen der Minderheitenschutz noch weniger gewährleistet ist.

Durchschnittliches Bruttolohnjahreseinkommen 1998 aller ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen in Bezug auf die ländlichen Siedlungsgebiete der österreichischen Volksgruppen (in Euro):

Klagenfurt-Land/Celovec-de¾ela 19.181,-
Villach-Land/Beljak-de¾ela 17.943,-
Völkermarkt/Velikovec 16.099,-
Kärnten/Koro¹ka gesamt 18.404,-
Radkersburg/Radgona 15.334,-
Steiermark/©tajerska gesamt 18.612,-
Güssing/Grad 16.408,-
Neusiedl/Niuzalj 17.630,-
Oberpullendorf/Gornja Pulja/Felsõpulya 17.164,-
Oberwart/Borta/Felsõõr/ 17.239,-
Burgenland/Gradi¹æe gesamt 18.000,-
Wien/Vieden/Vídeò/Beè/Becsi/Bécs gesamt 22.341,-
Österreich gesamt 19.869,-

Arbeitslosenquote
1988
1993
1998
Bezirk Völkermarkt/Velikovec
9,2
8,8
9,6
Kärnten/Koro¹ka gesamt
7,7
8,4
8,8
Mattersburg/Matr¹tof
4,7
5,4
5,8
Neusiedl/Niuzalj
6,2
6,5
6,6
Oberpullendorf/Gornja Pulja/Felsõpulya
5,7
5,9
7,5
Oberwart/Borta/Felsõõr
6,6
7,9
9,6
Eisenstadt/®eljezno/Kismarton
5,1
5,8
5,5
Burgenland/Gradi¹æe gesamt
7,9
8,1
9,0
Mureck
8,6
8,1
6,9
Steiermark/©tajerska gesamt
6,5
8,4
8,1
Österreich gesamt
5,3
6,8
7,2

Exkurs: Ein Beispiel Kärntner Wirtschaftspolitik im zweisprachigen Gebiet
Das slowenische Genossenschaftswesen - in erster Linie Spar- und Darlehenskassen und Bäuerliche Wirtschaftsgenossenschaften - war außerhalb der landwirtschaftlichen Betriebe durch Jahrzehnte der einzige Wirtschaftsfaktor bei den Kärntner Slowenen. Es gab kaum slowenische Unternehmer oder Gewerbetreibende. Wer den sozialen Aufstieg aus dem landwirtschaftlichen Bereich schaffte, assimilierte sich. Dies war ein bis in die 60-er Jahre unveränderter Zustand. Damit verbunden war, dass es außerhalb der Landwirtschaft auch kaum slowenische Arbeitsplätze gab.
Aber auch das slowenische Genossenschaftswesen konnte sich zunächst nicht entsprechend den wirtschaftlichen Notwendigkeiten entwickeln. Während der nationalsozialistischen Diktatur wurden die slowenischen Genossenschaften zwangsweise liquidiert oder mit deutschen Genossenschaften vereinigt. Obwohl 1945 die Landesbehörden den grundsätzlichen Beschluss über die Wiederherstellung der slowenischen Genossenschaften fassten, wurde das Gesetz, welches tatsächlich die Rückgabe des Eigentums und die Wiedererrichtung der Genossenschaften vorsah, erst 1949 erlassen. Der Grund für diese "gezielte Verzögerung" lag darin, dass die Behörden die Übernahme der Genossenschaften durch Personen, welche auch nur im Verdacht der Kommunismusfreundlichkeit standen, verhindern wollten. Durch diese Verzögerung sind die slowenischen Genossenschaften aber in vielen Orten gegenüber der deutschsprachigen Konkurrenz ins Hintertreffen geraten bzw. wurde die Gründung deutschsprachiger Konkurrenzunternehmen wirtschaftlich erst ermöglicht.
Das slowenische Genossenschaftswesen ist ein bedeutender Arbeitgeber und beschäftigt insgesamt etwa 250 Arbeitnehmer. Die Verbesserung des Angebotes des slowenischen Genossenschaftswesens, insbesondere die Eröffnung bzw. Modernisierung von Supermärkten (Zadruga-market) führte auch zur Erhöhung der Funktionalität der slowenischen Sprache in einzelnen Orten des zweisprachigen Gebietes bei der täglichen Versorgung.
In den 70-er und 80-er Jahren gab es den Versuch, "slowenische" Arbeitsplätze im Südkärntner Raum auch in Produktionsbetrieben zu schaffen. Damit sollte der hohen Auspendlerrate, der dadurch bewirkten Abwanderung und auch der Abhängigkeit von deutschen Arbeitgebern entgegengewirkt werden. Da die Kärntner Slowenen wegen der Finanzierungsprobleme selbst dazu kaum in der Lage gewesen wären, sollte dies durch die Ansiedelung von sog. "gemischten Betrieben", d. h. von Betrieben mit mehrheitlich jugoslawischen bzw. slowenischen Eigentümern, geschehen. Dieser Versuch kann als gescheitert betrachtet werden. Teils aus politischen Gründen (z. B. Projekt der Fa. "Gorenje" in Bleiburg/Pliberk, Subventionspolitik bei der Fa. "Obir" in Rechberg/Rebrca), teils wegen verschärfter Umweltauflagen ("Obir"), teils wegen des Zusammenbruches des Absatzmarktes nach dem Zerfall Jugoslawiens (mehrere Import-Export Firmen) und teils wegen des Desinteresses der neuen Eigentümer nach dem Ende des sozialistischen Wirtschaftssystems (z. B. "IPH" in Miklauzhof/Miklavèevo) mussten diese Betriebe wieder zusperren. Als einziges größeres seinerzeit als "gemischter Betrieb" gegründetes Unternehmen blieb die Firma "Elan" in Fürnitz/Brnca bestehen (rund 300 Beschäftigte). In den übrigen "gemischten Betrieben" sind von den einst über 600 Beschäftigten nur noch etwa 100 übriggeblieben.
Es gibt nunmehr aber - anders als in den ersten zwei Jahrzehnten der zweiten Republik - auch zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe, deren Eigentümer bewusste Kärntner Slowenen sind. Insbesondere gilt dies für Bereiche wie Restaurants, Hotels, Reisebüros (rund 200 Mitarbeiter), Nahversorgung und kleinere Handelsbetriebe (rund 100 Mitarbeiter), einen größeren Handelsbetrieb (rund 200 Mitarbeiter), Transportunternehmen (rund 70 Mitarbeiter), Holzverarbeitung, Bauwesen, Tischlerei, Mechaniker (rund 210 Mitarbeiter), Druckereien und Verlage (rund 80 Mitarbeiter), Metallverarbeitung (rund 100 Mitarbeiter) usw. Auch die Zahl slowenischer Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten usw. hat deutlich zugenommen.
Es kann dies aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der Südkärntner Raum und damit das zweisprachige Gebiet Kärntens zu den wirtschaftlich am schwächsten entwickelten Regionen Österreichs zählt. Die damit verbundenen Probleme - Abwanderung gerade der gebildeteren bzw. agilsten Bevölkerungsschichten, Pendlertum usw. - bekommt die Volksgruppe doppelt zu spüren, nämlich nicht nur im Sinne einer Schwächung der ökonomischen, sondern auch der ethnischen Substanz. Beispielhaft soll das "Schicksal" der Zellstofffabrik Obir angeführt werden.
Das Zellstoffwerk "Obir" bei Eisenkappel/®elezna Kapla blickte auf eine hundertjährige Tradition zurück, war aber wegen jugoslawischer Kapitalbeteiligung in den 70er und 80er Jahren, trotz miserabler Wirtschaftslage des Südkärntner Raumes, deutschnationalen Kräften ein Dorn im Auge. Durch unzweckmäßige Wirtschafts- und Förderungspolitik durch das Land Kärnten musste das Werk Ende der 80er Jahre zusperren. Das nicht allzu weit entfernte, aber auf "deutschem" Gebiet liegende marode Zellstoffwerk "Magdalen" bei Villach/Beljak wurde aber vom Land Kärnten mit einer Milliarde S subventioniert. Zwecklos, auch das Werk "Magdalen" musste schließen. Bei einer verantwortungsvollen Wirtschaftspolitik wäre das Werk "Obir" mit einem Bruchteil dieser Summe zu retten gewesen. Welche Beweggründe dazu geführt haben, machte Altlandeshauptmann Leopold Wagner in einem Arbeitsgerichtsprozess im Zeugenstand klar: "Dazu ist es aus nationalistischen Gründen nicht möglich gewesen, das 'deutsche Magdalen' zu schließen und das 'slowenische Obir-Werk' in Eisenkappel weiterzuführen."


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