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Ladinien
Alltag Diskriminierung
Viele Benachteilungungen der ladinischen Minderheit
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Bozen, den 4.1.2002


Die Mehrheit verschweigt sie bzw. stellt die Lage als eine idyllische dar.
Politische Entwicklungen abseits aller minderheitenrechtlichen und demokratischen Prinzipien

Südtirol ist dreisprachig: Deutsch, Italienisch und Ladinisch. Oder umgekehrt: Ladinisch, Deutsch, Italienisch, denn numerisch sind die Ladiner die kleinste Sprachgruppe, historisch gesehen sind sie jedoch die autochtone Bevölkerung.
Die Lage der ladinischen Mindheit ist delikat, in vielen Bereichen ist die Sprache und Kultur ausgegrenzt, ihre Zukunft nicht gesichert, sondern im Gegenteil bedroht; die politische Propaganda verschweigt die Mißstände und stellt die Lage als “Modell” hin. Von Modell kann nicht die Rede sein. Wenn eine Mehrheit die Lage der Minderheit darstellt und sich selbst lobt, ist jedoch Mißtrauen angebracht. Eine nähere Analyse ergibt, dass das Mißtrauen gerechtfertigt ist:
Die Ladiner sind in vielen Bereichen gegenüber ihren anderssprachigen Nachbaren benachteiligt. Die politische Propaganda, die auf die Erhaltung der Parteimacht abzielt, beschönigt und verschweigt Mißstände; dafür werden auch öffentlichen Institutionen oder Ämter herangezogen - so wurde immer wieder über Institutionen des Landes die Propaganda ausgegeben, der Unterricht der ladinischen Sprache sei hinreichend gesichert - bei zwei Wochenstunden (in den Pflichtschulen, in den Oberschulen ist es eine einzige Stunde!). Mit zwei Wochenstunden lernt man keine Sprache der Welt.
Oder umgekehrt: Wenn zwei Wochenstunden die Unterricht der Muttersprache ausreichend sichern, warum wendet dann die deutsche Sprachgruppe dieses Maß nicht für sich selbst an?

Politiker der Mehrheit(en) erzählen oft das Märchen, Südtirol sei ein Modellfall für den Minderheitenschutz. Für die deutsche Sprachgruppe mag das durchaus der Fall sein, für die ladinische Sprachgruppe ist es sicherlich nicht der Fall.

Die Ladiner sind benachteiligt in:

Die Benachteiligungen sind schwarz auf weiß dokumentiert und oft sogar in Gesetzen und Bestimmungen fixiert. Teilweise sind die Benachteiligungen aber auch gesetzes- oder verfassungswidrig. Dennoch will die öffentliche Verwaltung des Landes Südtirol oft nicht davon Abstand nehmen.
Doch Südtirol ist laut Aussagen der Politiker der Mehrheit ein Modell.

Anwendung der Sprache
Seit 1989 ist Ladinisch in Val Badia und Gherdëina Verwaltungssprache. Als es um die Festlegung dieser Norm ging, wollte die Politik der deutschen und italienischen Mehrheit dieses Recht der Ladiner nicht einführen. Außerhalb dieser Täler ist das Recht nicht mehr gegenben; da haben die Ladiner die großartige Freiheit, zwischen Deutsch und Italienisch zu wählen. Während Deutsch auch Gerichtssprache ist und die Deutschen das Recht auf einen muttersprachlichen Prozeß haben, wird den Ladinern dieses Recht verweigert. Im Notfall, d.h. wenn Sie des Deutschen oder Italienischen nicht zur Genüge mächtig sind (was praktisch nicht vorkommt), können Sie eine Übersetzung beantragen. Doch dieses Recht haben auch Einwanderer. Die Ladiner als autochtone (und älteste) Sprachgruppe werden also ausgegrenzt, die ladinischen Bürger werden in ihrem eigenen Land immer wieder wie unliebsame Gäste behandelt.
Doch Südtirol ist laut Aussagen der Politiker der Mehrheit ein Modell für den Minderheitenschutz - doch alle Mehrheiten der Welt behaupten, sei betrieben einen vorbildlichen Minderheitenschutz.

Zweisprachiges Erscheinungsbild
In den Ämtern in Bruneck oder Brixen sowie in Bozen wird das Ladinische in der Regel nicht verwendet. Viele Ämter gibt es nicht in den ladinischen Tälern. So müssen die Ladiner sehr oft bei der Ausübung ihrer Rechte und Pflichten als Bürger auf ihre Muttersprache verzichten. Die Landesverwaltung stellt die verschiedenen Formulare, Bestätigungen, Dokumente etc. für die Ladiner so gut wie ausschließlich nur deutsch und italienisch aus. Von Rom haben die Deutschen in Südtirol die Verwendung ihrer Sprache gefordert, so u.a. auf den Steuerformularen, bei der Telefongesellschaft, bei den Staatsbahnen. Doch den Ladinern gegenüber wird dieses Recht hartnäckig verweigert. Jene, die dieses Recht einfordern, werden von der Politik der Mehrheit als "Fundamentalisten" verleumdet oder als "Nationalisten" beschimpft. Nationalistisch und fundamentilistisch - und zudem oft gesetzeswidrig - ist jedoch das Verhalten derer, die der ladinischen Minderheit ihre Rechte nicht gewähren; dies mit aller Hartnäckigkeit einer Gesinngung, die die deutschen Südtiroler bei den Italienern als nationalistisch und chauvinistisch bezeichnen, bei sich selbst aber übersehen.

Das Land Südtirol wäre verpflichtet, die ladinische Sprache und Toponomastik zu gebrauchen. In den ladinischen Tälern ist die Vorschrift, ebenso laut einem Landtagsbeschluß, für jene Ämter außerhalb der Täler, die viel mit ladinischen Bürgern zu tun haben. Die Realität ist davon weit weg, das Gesetz vorläufig oft nur Theorie.
Es gibt zwar die Bestimmung, dass Ladinisch auch dort Verwendung findet, wo es vor allem oder ausschließlich um ladinische Belange geht; diese Bestimmung wird immer wieder nicht beachtet.

Die Pflicht für dreisprachige Aufschriften in den ladinischen Tälern wird v.a. von der Landesverwaltung häufig missachtet (so vom Amt für Naturparke, vom Assessorat für öffentliche Bauten, vom Assessorat für Sozialwesen). Immer wieder findet man in den ladinischen Tälern Aufschriften, Tafeln, Hinweise etc, die nur deutsch und italienisch sind - von Ladinisch keine Spur.
Auch die verwendeten Ortsnamen sind in der Regel deutsch-italienisch, ohne Ladisch, d.h. ohne die Sprache der Bevölkerung der ladinischen Täler. Auch hier wird ein Verhalten an den Tag gelegt, das man beim italienischen Staat oft als “nationalistisch” und oft auch “faschistisch” bezeichnet hat.

Das fundamentale Recht der ladinischen Minderheit auf die öffentliche Verwendung der Muttersprache im eigenen Siedlungsgebiet wird mißachtet. Auf den Mangel wurde schon oft hingewiesen, auf politischer Ebene wie in den Medien, geändert hat sich jedoch herzlich wenig. Ein Beleg dafür, dass die Praxis nicht Unachtsamkeit ist, sondern Programm - und die politische Mentalität dahinter Nationalismus und Minderheitenfeindlichkeit.

Wenn von italienischer Seite Rechte nicht oder nur zögernd gewährt wurde oder wenn die italienische Seite bei der Umsetzung (mittlerweile eine Seltenheit) säumig war, wurde immer wieder von deutscher Seite der Vorwurf des Nationalismus und gar des Faschismus erhoben. Wenn die deutsche Mehrheit bzw. die deutsche Verwaltung den Ladinern gegenüber das gleiche Verhalten an den Tag legt, hört man nichts mehr, im Gegenteil: Als Nationlisten werden jene hingestellt, die die Rechte der Minderheit einfordern.
Doch Südtirol ist, so sagen die Politiker der Mehrheit, ein Modell für den Minderheitenschutz.

Beispiele …
Karten, Broschüren, Mitteilungen, Internetseiten … die ladinische Sprache und Toponomastik fristen ein beschämendes Schattendasein. Der öffentliche Verkehr verwendet beispielsweise weder die ladinische Sprache noch die ladinische Toponomastik. Kein Fahrplan, keine Mitteilung in ladinischer Sprache, auch nicht auf jenen Bussen, die nach Ladinien bzw. nur in Ladinien verkehren. Die Homepage der SAD führt mittlerweile auch Ladinische an - die ladinischen Ortsnamen werden aber weiterhin nicht verwendet.
Die von der Landesverwaltung herausgegebenen öffentlichen Fahrpläne führen weder die ladinische Sprache noch die ladinische Ortsnamen an.
Die Verkehrsmeldezentrale verwendet ausschließlich die deutschen und italienischen Bezeichnungen für die ladinischen Ortschaften, nicht aber die ladinischen. Immer wieder werden Ortsnamen auch falsch ausgesprochen - beispielsweise das Falzarègo-Pass, das immer wieder falsch als Falzàrego-Pass verhunzt wird.
Ein Gegenbeispiel: Die von den italienischen Bahnen herausgegebenen Fahrpläne führen auf nationaler Ebene die Ortschaften Südtirols zweisprachig an, also Bolzano/Bozen … Bozen hat also von Rom noch viel zu lernen.

Verleumdung
Wer die Anwendung der Sprache auch außerhalb der Täler fordert, wenn es die Ladiner betrifft, wird die Hetze betrieben, man wolle ganz Südtirol "ladinisieren". Es sind dies die gleichen Argumente wie beispielsweise die des Kärntner Heimatdienstes und anderer ultranationalistischer Kreise in diesem österreichischen Bundesland - einschließlich des Herrn Dr. Jörg Haider -, die eine "Slowenisierung Kärntens" heraufbeschwören, wenn die Kärntner Rechte einfordern.
Doch es sind die Mehrheiten, die eine Gefahr für die Minderheit sind, nicht umgekehrt!
Die Ladiner sind Bürger Süddtirols und haben das Recht, im Umgang mit der Verwaltung dieses Landes ihre Muttersprache zu verwenden – ein Recht, das häufig nicht anerkannt wird. Dabei wird der, der Rechte einfordert, angefeindet, nach dem Motto: Habt ihr nie genug.

Widerspruch
Die Deutschen fordern von Rom die Erstellung von Dokumenten (Steuerformulare etc.), auch Beipackzetteln zu Medikamenten etc. in deutscher Sprache – und erhalten diese Rechte zu jenen vielen, die sie schon hahen. Den Ladinern jedoch wird dieses gleiche Recht zumesit verweigert – es werden sogar viel fundamentalere Rechte verweigert.
Die deutsche Mehrheit in Südtirol steht den Rechten der Ladiner oft verständnislos gegenüber. Wer auch nur eine minimale Erhöhung des Muttersprachenunterrichts oder den Respekt der ladinischen Toponomastik fordert, wird als Fundamentalist hingestellt.

Ausrede
Die häufigste Ausrede: “Ihr versteht ja Deutsch und Italienisch”. Auch da wiederum eine Parellele zu Kärnten, wo Landeshauptmann Jörg Haider in bezug auf die Zweisprachigkeit der Verwaltung meinte, Deutsch sei jedem zuzumuten.
Mit dem gleichen Argument könnte man die gesamte Autonomie und alle Normen zum Schutz der deutschen Sprachgruppe abschaffen: Die Südtiroler verstehen ja alle Italienisch, also kann ja die gesamte Verwaltung nur das Italienische verwenden!

Autonomiestatut
Das Autonomiestatut wurde von der Region Trentino-Südtirol bzw. von der autonomen Provinz Bozen in mehrere Sprachen übersetzt. Symptomatisch: Ins Ladinische ließen sie das Statut nicht übersetzen - als wären die Ladiner vom Statut gar nicht betroffen - und als wären sie nicht Bürger dieses Landes.

Kulturförderung
Ladinisch ist - im Gegensatz zum Deutschen - eine Sprache ohne Hinterland: Es muß alles vor Ort produziert werden, es kann nichts importiert werden. Zudem ist es eine kleine Sprachgemeinschaft, die Abnehmerzahl zu gering, um Kultur durch den Markt zu finanzieren. Dennoch gibt es nicht eigene Richtlinien, Bestimmungen und Gesetze für eine Förderung der ladinischen Kultur. Die ladinische Kultur wird nach den gleichen Kriterien gefördert wie die deutsche Kultur.

Keine Selbstverwaltung
Die zwei ladinischen Täler der Provinz Bozen gehören zwei verschiedenen Talgemeinschaften an. Eine ladinische Talgemeinschaft, die auch nur einen geringen Anteil an Selbstverwaltung gewähren würde, wurde nicht gewährt. Nicht einmal die kleinstmögliche Einheit der Selbstverwaltung wurde den Ladinern gewährt.

Schule der Assimilierung
In den ladinischen Tälern gibt es keine ladinische Schule, sondern eine paritätische, deutsch-italienische Schule. Ladinisch wird ganze zwei Wochenstunden unterrichtet!
Ohne angemessenen Muttersprachenunterricht geht jede Sprache unter. Keine Sprache der Welt lernt man mit zwei Wochenstunden.
In der Vergangenheit hat man zudem massiv versucht, die Schulen in den ladinischen Tälern Südtirols zu germanisieren.

Proporz
In Südtirol werden die öffentlichen Stellen nach der Sprachgruppenstärke vergeben. Dies bringt einerseits eine Sicherheit, dass die Ladiner in den öffentlichen Stellen auf ihren Anteil kommen. Da aber die Ladiner nur ca. 4% der Südtiroler Bevölkerung ausmachen, werden sie in jenen Bereichen, wo es wenige Stellen gibt, ausgeschlossen. Es gibt damit Berufsgruppen/öffentliche Stellen, aus denen die Ladiner prinzipiell ausgeschlossen sind!
Es werden also Menschen aufgrund ihrer Sprache diskriminiert - ein Prinzip, das dem ersten Prinzip der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie der italienischen Verfassung (Artikel 3) widerspricht: Kein Mensch darf aufgrund seiner Sprache, sozialen Herkunft etc. benachteiligt werden.

Kein Platz für Ladiner
Die Ladiner sind aus vielen Kommissionen etc. ausgeschlossen, obwohl dort auch ladinische Angelegenheiten behandelt werden.
Verwaltungsgericht: Kein Ladiner vertreten (obwohl das Verwaltungsgericht auch über die gerechte Behandlung der Ladiner zu urteilen hat!).

Landesregierung: Bevormundung der Minderheit durch die Mehrheit
Von der Landesregierung waren die Ladiner bisher ausgeschlossen (bzw. in nur einem Sonderfall vertreten), weil durch die Regelung verhindert: Aufgrund der Proporzmäßigen Verteilung der Sitze in der Landesregierung war den Ladinern der Zugang nicht gestastett. Ein Akt von schwerer Diskriminierung.
Man hat nun diese Diskriminierung (die in anderen Bereichen auch besteht) nicht abgeschafft, sondern nur verdreht. Durch eine Änderung des Autonomiestatuts ist die Berufung eines Ladiners in die Landesregierung möglich - doch nur, wenn die Mehrheit (also Deutsche und Italiener) einverstanden ist. Die anderen Sprachgruppen jedoch haben das Recht, in der Landesregierung vertreten zu sein.
Die Mehrheitspartei SVP (Südtiroler Volkspartei) spricht in ihrer Propaganda von “Rechten” für die Ladiner, die man nun hätte – was juridisch jedoch nicht im Geringsten den Tatsachen entspricht: Die Ladiner haben nicht das Recht, in der Landesregierung zu sein, sondern die Mehrheit hat die Möglichkeit, einen Ladiner zu holen – nicht Minderheitenrecht also, sondern Mehrheitenrecht, nicht Minderheitenschutz, sondern Minderheitenbevormundung.
Die neue Regelung sieht die Berufung von außen vor, d.h. es ist zudem eine Übergehung der demokratischen Wahlen – ein Akt, der an die Feudalsysteme erinnert. Zudem wird das Mitglied von der ethnischen Mehrheit berufen, die demokratisch gewählte Vertretung der Minderheit wird übergangen. Es ist also ein Akt der Bevormundung, der politischen Unterwerfung einer gesamten Volksgruppe. Ein politischer Akt der nicht nur minderheitenfeindlich ist, sondern zudem noch einen antidemokratischen Charakter hat. Volksvertreter werden in demokratischen Ländern durch Wahlen festgelegt, nicht durch den Willen einer Partei oder eines Herrschers.

Doch Südtirol ist laut Aussagen der Politiker der deutschen Mehrheit ein Modell.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat immer wieder auf diese Mängel hingewiesen; die Folge war der Versuch, der Gesellschaft für bedrohte Völker das Wort verbieten zu wollen.

Minderheitenschutz hieße Rechte für die Minderheiten festschreiben, nicht Diskriminierungen festschreiben und Bevormundung durch die Mehrheit.

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