In 16 Staaten der westlichen Welt Appell für Präsident Kostunica an jugoslawische Botschaften übergeben
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Bozen, Göttingen, Luxemburg, 13.12.2000

Am Vortag des fünften Jahrestages der Unterzeichnung des Vertrages von Dayton in Paris haben bzw. werden Delegationen bosnischer Vertriebener in 16 Staaten der westlichen Welt den jugoslawischen Botschaften und Konsulaten einen Appell an den Präsidenten Jugoslawiens Vojislav Kostunica übergeben. Der von einhundert bosnischen Organisationen unterzeichnete Aufruf fordert Präsident Kostunica dazu auf, die Kriegsverbrecher an das Tribunal in Den Haag auszuliefern, die Zusammenarbeit mit allen verantwortlichen Kriegsverbrechern einzustellen und die Rückkehr der bosnischen Vertriebenen und Flüchtlinge zu unterstützen. In dem Appell wird daran erinnert, dass das Internationale Tribunal am 15. Juli 1999 Serbien eine militärische Aggression gegen Bosnien-Herzegowina vorgeworfen und Anklage gegen serbische Täter wegen Genozid erhoben hat.

Unter den einhundert Unterzeichnern befinden sich zahlreiche Vereinigungen der Vertriebenen und Flüchtlinge, der Kriegsopfer, Invaliden und Traumatisierten, der Häftlinge der Internierungs-, Konzentrations- und Vergewaltigungslager, der Frauenbewegungen und Intellektuellenverbände. Unter ihnen sind Organisationen aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften; wie der serbische Buergerrat, die Jüdische Gemeinschaft, der Gesamtverband der Roma, der Rat der bosniakischen Intellektuellen und das Komitee der vertriebenen Kroaten.

In Berlin-Grunewald unternahmen Vertriebene aus Bosnien, angeführt von Frauen aus Srebrenica, einen "Gerechtigkeitsmarsch" zur jugoslawischen Botschaft, während Delegationen ehemaliger Häftlinge serbischer Konzentrationslager in Düsseldorf, München und Hamburg den Appell den jugoslawischen Konsuln überbrachten. Die Aktion wurde weltweit von der Gesellschaft für bedrohte Völker International koordiniert.

Um 11:00 Uhr örtlicher Zeit wird/werden den jugoslawischen Botschaften in Australien (in Canberra sowie dem Konsulat in Sydney), Belgien (Brüssel), Dänemark (Kopenhagen), Frankreich (Paris), Großbritannien (London), Kroatien (Zagreb), Kanada (Ottawa und dem Konsulat in Montreal), Niederlande (Den Haag), Norwegen (Oslo), Österreich (Wien), Ungarn (Budapest), Slowenien (Ljubljana), Schweiz (Bern), Schweden (Stockholm) und den USA (Washington und dem Konsulat in New York) übergeben.

Sowohl der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica, wie auch der serbische Parteiführer Zoran Djindjic haben sich bisher geweigert, Kriegsverbrecher an das Internationale Tribunal in Den Haag auszuliefern, geschweige denn, sich bei den Bosniern zu entschuldigen. "Wenn Jugoslawiens Präsident europäische Traditionen von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten ernst nimmt, dann muss er eine neue Beziehung zum Nachbarn Bosnien-Herzegowina suchen", forderte der Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker International, Tilman Zülch. "Kostunicas Antrittsbesuch am 21.  Oktober 2000 in Bosnien, war ein Schlag gegen Humanität und Menschenrechte. An der Seite von Frau Karadjic, nahe den fünf zerstörten Moscheen, nahm er im ethnisch völlig gesäuberten Trebinje an der "Neubeerdigung" des 1943 in den USA verstorbenen serbischen Dichters Jovan Ducic teil. Dieser einst chauvinistische Tchetnikführer war zuvor aus amerikanischer Erde exhumiert worden. Das ist ungeheuerlich, wenn man bedenkt, dass noch immer 29.000 vermisste bosnische Zivilisten, darunter 90 Prozent Muslime, auf ihre Exhumierung und Identifizierung warten", erklärte Zülch heute in Berlin.
 
Siehe auch:
Bosnia: Cerchiamo giustizia

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