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Der Fall Zeni

Für Sinti nur ein Platz zwischen Müll und unter der Autobahn?

Bozen, 23. August 2004

Die alte Roma-Lager in Bozen Süd (1995)Die Polemik um die Sinti-Familie Zeni hat es deutlich gemacht - es braucht mehr als nur einen "Lagerplatz" unter der Autobahn. Die Minderheit der Sinti und der Roma darf in der Minderheiten-Region Südtirol nicht weiter ausgegrenzt werden. Der "Wohnplatz" für die Familie Zeni unter der Autobahn bei Gmund in Pfatten ist von der Bezirksgemeinschaft Überetsch-Unterland vor einigen Wochen als eine akzeptable Lösung angepriesen worden. In der Aussendung kam aber kein Hinweis darüber vor, dass sich der "Lagerplatz" der mehr als 40-köpfigen Familie unter der Autobahn befindet. Ein unglaublicher Zustand, kritisierte bereits die Caritas. Unglaublich fand ihn auch Autobahn-Präsident Ferdinand Willeit, der die Feuer der Sinti als eine Gefahr für die Autobahn einstufte.

Kein Wort darüber, dass der Standort eine Gefahr für die Sinti ist. Die Lärmbelastung und die verkehrsbedingte Luftverschmutzung gefährden die Gesundheit der Menschen. Die "Unterbringung" der Sinti-Familie unter der Autobahn ist auch ein Ausdruck für den geringen Stellenwert der Sinti. Gemiedene Außenseiter, die unter einer Transitroute versteckt werden. Der ehemalige SVP-Landtagsabgeordnete Roland Atz fiel im Wahlkampf vor mehr als zehn Jahren mit rassistischen Sprüchen gegen Sinti und Roma auf. "Vergasen, die Lösung", so sein Spruch, für den ihn auch das Parteischiedsgericht verurteilte. Vergasen, unter der Autobahn?

Es soll daran erinnert werden, dass die beiden Volksgruppen der Sinti und Roma in der NS-Ära verfolgt wurden. Auch sie sollten vernichtet werden. Schätzungsweise mehr als eine halbe Million Sinti und Roma wurden in den KZ ermordet. Trotzdem blieb bisher eine gesellschaftliche Wiedergutmachung aus. Die in den 80er Jahren Italienweit, auch in Südtirol, errichteten "campi nomadi" sind gescheitert. Diese fixen Standplätze haben die Integration in die Mehrheitsgesellschaft nicht erleichtert, vielmehr wurden sie zu Ghettos. Sinti und Roma dieser Standplätze beklagen auch behördliche und polizeiliche Willkür, wie das European Roma Rights Center (ERRC, Budapest) immer wieder dokumentiert.

Die GfbV unterstützt die Forderung der Ethnologin Elisabeth Tauber nach einem neuen Konzept. Sie fordert die Gemeinden auf, feste Wohnplätze Sinti und Roma zur Verfügung zu stellen. Dadurch wird auch der Schulbesuch der Kinder ermöglicht und garantiert. Es kann nicht sein, dass für Sinti und Roma nur dort Wohnplätze ausgewiesen werden, die als wenig menschenverträglich gelten: an Autobahnkreuzen, unter Autobahnen, an Schnellstraßen, neben Mülldeponien und Kläranlagen. Die bisherigen Provisorien "campi nomadi" müssen zu festen Bestandteilen der urbanistischen Planung werden. Die Ethnologin Tauber erinnert daran, dass es sich bei Sinti und Roma nicht um "Nomaden" handelt. Dieser Bezeichnung erleichtert nur das Abschieben der Sinti und Roma.

Die Sinti und die Roma sind ethnische Minderheiten, die endlich als solche anerkannt werden sollen - Italienweit, in Südtirol. In Italien soll es mehr als 100.000 Sinti und Roma geben, in Südtirol 700 Sinti. Die GfbV appelliert deshalb an das Land, an Bezirksgemeinschaften und Gemeinden, die Ausweisung von Wohnplätzen für Sinti und Roma und deren Integration im Dialog mit den Betroffenen durchzuführen.

Der ehemalige Generalsekretär des EU-Minderheitenbüros Eblul, Markus Warasin, kommt in der GfbV-Zeitung "pogrom-bedrohte Völker" zum Schluß, dass Sinti und Roma gefördert werden müssen. Sie brauchen einen festen Platz in der Gesellschaft, ihnen muß die Chance geboten werden, die Kinder zur Schule zu schicken. Dort soll auch ihre Sprache angeboten werden. Der Vorsitzende des Kulturvereins der österreichischen Roma, Rudolf Sarközi, sagte bei einer Gedenkfeier im österreichischen Parlament, dass Sinti und Roma einen festen Platz in der Gesellschaft wollen. Aber nicht unter der Autobahn.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040806de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-3/021219de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-1/030124de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/02-2/020821de.html | www.gfbv.it/3dossier/rom-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/errc-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/de/rom-de.html

* www: www.errc.org | www.eblul.org | www.osce.org/odihr/cprsi/index.php?s=1

Letzte Aktual.: 23.8.2004 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040823de.html | XHTML 1.0 / CSS | WEBdesign, Info: M. di Vieste
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