Kurden wollen von Südtirol lernen
Eine Delegation des kurdischen Parlaments im Exil führt in Südtirol Autonomiegespräche
GfbV Logo
Bozen, 7.12.2000

Zwei Vertreter des "Kurdistan Parlaments im Exil" in Brüssel (die 69 Abgeordneten gehören neben der PKK der Demokratiepartei DEP und weiteren kurdischen Parteien und Organisationen in der Türkei und im westeuropäischen Ausland an) besuchen auf Einladung der "Gesellschaft für bedrohte Völker" Südtirol. Anläßlich des "Tages der Menschenrechte" (10. Dezember) erinnert die GfbV an den unerklärten Krieg - nicht nur - in der Türkei gegen die Kurden. Seit der Verhaftung des Vorsitzenden der Kurdischen Arbeiterpartei PKK Öcalan sind die Kurden kein Thema mehr. Obwohl der Staatsterror gegen Kurden weitergeht.

Die Vertreter des kurdischen Exil-Parlaments sind Remzi Kartal und Ali Matur. Kartal ist zuständig für außenpolitische Aktivitäten des Kurden-Parlaments, war gewählter Parlamentsabgeordneter der 1994 von der türkischen Regierung verbotenen „Demokratie-Partei“ (DEP) in Ankara. Die DEP-Abgeordnete Leyla Zana und weitere DEP-Parlamentarier sind 1994 wegen ihres demokratischen Engagements verhaftet worden (die DEP-Nachfolgepartei Hadep - die kurdische "Demokratische Volkspartei" - konnte bei den Wahlen in Ost-Anatolien zwischen 10 und 60 Prozent der Stimmen auf sich vereinen).

Ali Matur ist Mitglied des kurdischen Parlaments im Exil, das sich seit der Verhaftung des PKK-Vorsitzenden Öcalan und der Einstellung des bewaffneten Widerstandes um eine friedliche und gerechte Lösung des sogenannten Kurden-Problems bemüht. Die beiden Abgeordneten wollen das Südtiroler Autonomie-Modell kennenlernen.

Nach der militärischen Niederlage der kurdischen Arbeiterpartei PKK und der „bewaffneten“ Verbände suchen kurdische Parteien einen Ausweg aus der aussichtslosen Lage der kurdischen Nation in der Türkei. Dem schmutzigen Krieg der türkischen Armee und Sicherheitskräfte sind mehr als 30.000 Menschen zum Opfer gefallen, mehrere Millionen sind westwärts in die türkischen Metropolen und nach Westeuropa geflüchtet. Bozen gilt ja als „Transit“-Bahnhof für viele kurdische Flüchtlinge. Mehr als 4.000 Dörfer sind im „türkischen“ Kurdistan zerstört worden. Auch die PKK hat mit ihrem Terror Menschenrechte verletzt. Kurdische Politiker haben deshalb der PKK vorgeworfen, auch gegen die eigene Bevölkerung Krieg zu führen.

Türkische Menschenrechtsorganisationen und kurdische Parteien suchen jetzt nach Alternativen –  die Türkei soll sich zu ihren multinationalen Wurzeln bekennen. Der türkische Staat soll in diesem Sinne föderalisiert werden. Einen Weg dorthin wollen die Vertreter des Exil-Parlaments am Südtiroler Beispiel kennen lernen.

Inzwischen geht der türkische Staat auch gegen die Hadep (kurdische demokratische Volkspartei) vor. Der Staat - dessen Nato-Generäle die Hauptverantwortung im Krieg gegen die Kurden tragen - verfolgt auch kurdische PKK-Gegner und PKK-kritische kurdischen Parteien. Erst vor kurzem hat die GfbV-international gemeinsam mit weiteren internationalen Menschenrechtsorganisationen in Istanbul gegen den Meinungsterror des türkischen Staates protestiert.

Das Besuchsprogramm:
Die kurdische Delegation trifft sich am Montag (11. Dezember) um 10 Uhr mit Landtagspräsidenten Hermann Thaler, um 15 Uhr mit dem Südtiroler Volksgruppeninstitut und um 18 Uhr mit SVP-Obmann Siegfried Brugger. Am Dienstag (12. Dezember) sind Gespräche geplante mit der Europäischen Akademie und der grünen Landtagsfraktion.
 
Siehe auch:
Plädoyer internationaler Menschenrechtler: Meinungsfreiheit in der Türkei herstellen!
Ein Licht für Verfolgte! Gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit

INDEX
HOME
Eine Publikation der Gesellschaft für bedrohte Völker. Weiterverbreitung bei Nennung der Quelle erwünscht
Una pubblicazione dell'Associazione per i popoli minacciati. Si prega di citare la fonte - WebDesigne-mailM. di Vieste