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Florian Mussner: Verdrehungen gepaart mit Ignoranz

Die Schriftsprache "Ladin standard" eine Bedingung für das Überleben der ladinischen Minderheit: Mussner und die Landesregierung haben diese Sprachform untersagt

Bozen, 13. September 2005

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) weist die Aussagen von Landesrat Florian Mussner zur Dachsprache Ladin standard als Verdrehung der Tatsachen und als Ignoranz zurück. Alle namhaften Sprachwissenschaftler sehen die einheitlichen Schriftsprache als Bedingung für das Überleben der ladinischen Minderheit an. Landesrat Mussner jedoch arbeitet mit allen Kräften gegen diese Sprachform und damit gegen das Überleben der ladinischen Volksgruppe. Auf Betreiben von Landesrat Mussner hatte die Landesregierung 2003 (Dekret 210/03) die Anwendung dieser Sprachform in der Verwaltung sogar verboten. Sprachverbote gehören eigentlich zum Repertoire faschistischer Systeme. Mussner hat diesbezüglich ein Bekenntnis abgelegt, die Landesregierung mit ihm.

Die Dachsprache Ladin standard (oder Ladin dolomitan) ist keine Kunstsprache, das ist eine Propagandalüge. Es wird nichts erfunden, konstruiert oder künstlich erstellt. Alle Formen des Ladin standard existieren bereits, sie werden von den Idiomen übernommen. Es wird der größte gemeinsame Nenner gefunden zwischen verschiedenen Formen einer Sprache; es werden somit Gemeinsamkeiten der einzelnen Idiome der ladinsichen Sprache herauskristallisiert. Mussner hat sich bisher geweigert, sich über das Ladin Standard von den Fachleuten informieren zu lassen. Nicht der Wahrheit entspricht auch die Behauptung Mussners, besonders in Fascia und Anpezo würde man das Ladin Standard fordern. Das Ladin standard wurde von Istitut Ladin "Micurà de Rü" in die Wege geleitet. Mussner verschweigt, dass die Schriftsprache bereits fertig ausgearbeitet vorliegt. Mussner verschweigt auch, dass im Kanton Graubünden und in der gesamten Schweiz die Schriftsprache Rumantsch Grischun anerkannt ist und zu einem großen Auftrieb für die ladinische Sprache und Kultur geführt hat. Diesen Aufschwung für die Dolomitenladiner will Mussner mit allen Mitteln verhindern. Mussner sagt auch nichts zur Tatsache - aber wie soll er auch davon wissen -, dass alle Sprachgemeinschaften der Welt, von den Indianern Südamerikas bis zu den indigenen Sibiriens - die Kodifizierung ihrer Idiome und Dialekte in einer Einheitssprache anstreben bzw. bereits durchgeführt haben. Alle vernünftigen Politiker sehen nämlich ein, dass eine sprachliche Aufsplitterung ein Überleben unmöglich macht und eine Sprachgemeinschaft auf folkloristischem Niveau festmacht.

Gegen die gemeinsame Schriftsprache Ladin Standard setzen sich vor allem jene zur Wehr, die ansonsten für die ladinische Sprache kaum einen Finger rühren, im Gegenteil: es sind genau jene Kreise, die auch gegen den Unterricht der ladinischen Sprache in der Schule agitieren und damit eine Politik der Assimilierung betreiben. Offensichtlich ist die Einheitssprache für das Überleben genauso wichtig wie der Unterricht in der Schule - und wird deswegen sabotiert. Die Sprachwissenschaft hat nachgewiesen, dass die ladinischen Idiome der Dolomiten der gleichen Sprache zugehören. Die einheitliche Schriftsprache würde diese Einheit buchstäblich festschreiben - nicht zuletzt angesichts der Dreiteilung durch den Faschismus wäre dies eine dringende Notwendigkeit. Landesrat Mussner und die Landesregierung aber schreiben nicht die Einheit fest, sondern im Gegenteil deren Verbot - sie bekräftigen damit das Unrecht von Benito Mussolini und bauen es noch zusätzlich aus. Warum auf dieser Welt nur den Ladiner die einheitlichen Kodifizierung ihrer Sprache verwehrt bleiben soll, haben weder der Landesrat noch die Landesregierung erklärt.

Zur Anerkennung der Union Generela: Von einer politischen Vertretung der Ladiner ist im Gesetz nicht die Rede. Das ist eine Erfindung der SVP, um die Union Generela zu boykottieren. Im Gesetz steht "organismi", von "politischer Vertretung" steht kein einziges Wort. Im Gesetz 482/99 steht geschrieben, dass bei Minderheiten, die in mehreren Provinzen leben, "organismi" gebildet werden können - kein Wort davon, dass diese als "politische Vertretung" zu verstehen seien. Die Union Generela ist bereits so ein "organismo" und würde die Dreiteilung abschwächen. Mussolini ließ die Ladiner auf drei Provinzen aufsplittern, um sie rascher zu assimilieren. Das Gesetz 482/99 bietet nun die erste Möglichkeit, eine provinzübergreifende Organisation offiziell anzuerkennen. Die Union Generela ist die einzige Organisation, die die Dreiteilung überwindet. Wer gegen die Union Generela agiert und agitiert, verhindert also die Abschwächung (nicht einmal die Abschaffung) von faschistischem Unrecht. Trient hat die Union Generela anerkannt. Bozen nicht: Also hat Bozen aufzuholen, nicht Trient - der Rest sind Verdrehungen.

Es ist zumutbar, dass die SVP sich in der Ladinerpolitik von der Bestärkung faschistischen Unrechts löst.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050914de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2-00/19a-9-dt.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2-00/4a-10-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/ladin/ladin.html | www.gfbv.it/3dossier/ladin/diskrim-de.html | www.gfbv.it/3dossier/ladin/ladinien-de.html | www.gfbv.it/3dossier/ladin/medialad.html | www.gfbv.it/3dossier/ladin/verbot.html

* www: Ladins dles Dolomites "Inant Adum" | NoEles | Vejin | La Usc di Ladins

Letzte Aktual.: 20.9.2005 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050913de.html | XHTML 1.0 / CSS / WAI AAA | WEBdesign, Info: M. di Vieste

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