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Chinas Antiterror-Krieg gegen muslimische Uiguren

UN-Hochkommissarin für Menschenrechte soll Schicksal von 376 Verurteilten klären

Bozen, Göttingen, 18. Januar 2011

Die uigurische Stadt Kashgar. Die uigurische Stadt Kashgar.

Die Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Navanethem Pillay, soll das Schicksal von 376 Uiguren klären, die im Jahr 2010 wegen "Verbrechen gegen die nationale Sicherheit" Chinas verurteilt wurden. Dies forderte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag. Zuvor hatte das offizielle Nachrichtenorgan der Kommunistischen Partei "People's Daily" unter Berufung auf einen Richter am höchsten Gericht der Region Xinjiang über die hohe Zahl von anhängigen "Staatsschutz"-Verfahren berichtet. "Menschenrechtler wussten bislang nur von einem Bruchteil dieser Verfahren, da die Prozesse geheim geführt werden", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Meist werden nicht einmal die engsten Familienangehörigen über die Prozesse und die drakonischen Strafen informiert."

"Oft erfahren wir erst nach Monaten von freigelassenen Mitgefangenen vom Schicksal Verschwundener", berichtete Delius. So wurde erst am 31. Dezember 2010 bekannt, dass die 19-jährige Uigurin Pezilet Ekber im April 2010 zum Tode verurteilt worden war. Eine Kommilitonin hatte von dem Urteil erfahren und in einem Brief darüber informiert. Die Vollstreckung der Strafe gegen die Studentin wurde für zwei Jahre ausgesetzt. Heiligabend 2010 war bekannt geworden, dass der Journalist Memetjan Abdulla acht Monate zuvor zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Dem 33 Jahre alten Reporter des staatlichen Rundfunks wurde vorgeworfen, einen Protestaufruf übersetzt und über einen Internetdienst verbreitet zu haben.

"Alles deutet darauf hin, dass diese Verfahren nicht rechtsstaatlichen Standards entsprechen", kritisierte Delius. So werden regelmäßig engagierte chinesische Rechtsanwälte eingeschüchtert, um sie an der juristischen Vertretung von Uiguren zu hindern. Ignorieren die Anwälte die Drohungen, so wird ihnen oft die Einsicht in die Prozessakten verwehrt oder zu wenig Zeit eingeräumt, um sich auf das Gerichtsverfahren vorzubereiten.

Seit den Unruhen im Juli 2009, bei denen mindestens 200 Han-Chinesen und Uiguren starben, arbeitet Chinas Justiz auf Hochtouren, um Uiguren zur Rechenschaft zu ziehen. "Die meisten Angeklagten würden in Europa straflos bleiben, da die ihnen zur Last gelegten Taten in Rechtsstaaten keine Strafdelikte sind", erklärte Delius. "Doch in Xinjiang genügt es, Informationen über eine Demonstration an Journalisten weiterzugeben, um für Jahre hinter Gittern zu verschwinden. Mit dem weltweiten Krieg gegen den Terror hat dies meist nichts zu tun. Das ist eine Willkürjustiz, mit der Kritiker im eigenen Land mundtot gemacht werden sollen."