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Kurdistan / Syrien: Türkische Angriffe auf syrisch-kurdische Stellungen

NATO muss ihr Mitglied Türkei zu einer friedlichen Lösung in Syrien verpflichten

Bozen, Göttingen, 15. Februar 2016

Eine Kundgebung der kurdischen Gemeinschaft Südtirols in Bozen für Kobane, 1. November 2014. Foto: Mauro di Vieste. Eine Kundgebung der kurdischen Gemeinschaft Südtirols in Bozen für Kobane, 1. November 2014. Foto: Mauro di Vieste.

Nach Angriffen des türkischen Militärs auf kurdische Stellungen in Syrien hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am die Regierungen aller NATO-Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, den NATO-Partner Türkei zur Unterstützung einer friedlichen Lösung in Syrien zu verpflichten. Es kann nicht sein, dass die Türkei ausgerechnet die Kräfte bekämpft, die seit mindestens 2012 unter schweren Verlusten dem "Islamischen Staat" und anderen Radikalislamisten wie der Al Nusra-Front, Ahrar Al Sham, Jaish Al Islam, Jaish Al Mujahidin oder Islamische Front Widerstand leisten. Die Türkei muss als NATO-Mitglied und EU-Beitrittskandidat vielmehr radikalislamistischen Gruppen jegliche Unterstützung verweigern und sich für eine politische und friedliche Lösung des Konflikts in Syrien einsetzten.

Nach Angaben der in London ansässigen oppositionellen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) hat die türkische Armee am 13. Februar die Stellungen der "Syrian Demokratic Forces" (SDF) mit schwerer Artillerie angegriffen. Unter den Toten sind acht Zivilisten, darunter eine junge Mutter mit ihrem Kind, und drei Angehörige des kurdischen "Bürgerwehrschutzes" (YPG). Die SOHR berichtet, dass Tausende Menschen, die beschlossen hatten, nicht ins Ausland zu fliehen, sondern im eigenen Land Widerstand zu leisten, nun vor türkischen Artillerie-Angriffen in das Zentrum der syrischen Region Afrin fliehen müssen.

Die türkische Regierung behauptet, mit diesen Angriffen die "moderate" syrische Opposition stärken zu wollen. Damit gemeint ist die Al-Nusra-Front, der syrische Ableger des internationalen Terrornetzes al-Kaida sowie andere Radikalislamisten, die die Errichtung eines angeblich moderaten islamisch-sunnitischen Staates in Syrien zum Ziel haben und die wenigstens in Syrien vorwiegend in einem Machtkampf mit dem Islamischen Staat IS-Daesh verstrickt sind.

Ankara beabsichtigt, einen etwa 100 Kilometer langen Streifen im Norden des Nachbarlandes zu besetzen, um - offiziell - eine Art Sicherheitszone einzurichten. Tatsächlich will die Türkei einerseits den Sturz der Assad-Diktatur unterstützen und andereseits - und wohl hauptsächlich - die Entstehung eines kurdischen Autonomiegebietes in Nordsyrien verhindern. Sollte Syrien in einen islamisch-sunnitischen Statt verandelt werden, hätten dort wohl viele Minderheiten wie Kurden, Assyrer/Aramäer, Christen, Yeziden, Alawiten, Drusen, Ismailiten oder Schiiten keinen Platz mehr. Bereits jetzt werden Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten von Radikalislamisten ermordet, entführt und vertrieben. Insgesamt gibt es derzeit verschiedenen Schätzungen zufolge noch zwischen 600.000 und 900.000 Christen in Syrien. Vor dem Bürgerkrieg (2011) lebten dort noch bis zu 1,8 Millionen von ihnen.