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Senegal

Frieden für die Casamance?

Von Ulrich Delius

Bozen, Göttingen, 18. November 2003

Nach 21 Jahren Bürgerkrieg gibt es nun Hoffnung auf einen Frieden in der Casamance. Mehr als 500 Delegierte der für das Selbstbestimmungsrecht der Casamance kämpfenden Widerstandsorganisation "Bewegung der Demokratischen Kräfte der Casamance" (Mouvement des forces démocratiques de Casamance, MFDC) sprachen sich im Oktober 2003 auf einem Kongress ihrer Bewegung für ein Ende des bewaffneten Kampfes aus. Seit 1982 herrscht Bürgerkrieg in der im Süden des Senegal, südlich des Nachbarlandes Gambia, gelegenen Provinz Casamance.

Die von christlichen Diolas, Muslimen und Animisten bewohnte Provinz strebte mit Waffengewalt nach staatlicher Unabhängigkeit oder mehr Autonomie vom muslimisch geprägten Norden des Senegal. Seit 1991 hatte es immer wieder Versuche gegeben, einen friedlichen Ausgleich zwischen den Konfliktparteien zu suchen. Doch alle Friedensansätze scheiterten, da sich die Konfliktparteien nicht an die ausgehandelten Modalitäten einer Friedenslösung hielten. Erschwerend kam hinzu, dass sich in der Casamance verschiedenste Bewegungen gegen die Zentralregierung erheben, die sich in ihren politischen Zielen und ihrem Auftreten sehr unterscheiden. Ein Durchbruch schien erst am 4.Mai 2003 erreicht, als Senegals Staatspräsident Abdoulaye Wade mit dem Präsidenten der MFDC, dem Geistlichen Augustin Diamacoune Senghor in der senegalesischen Hauptstadt Dakar zusammentraf. In dem Gespräch erklärte sich Wade bereit, einer von der MFDC geforderten Amnestie für alle Kämpfer, ihrer Wiedereingliederung in die Gesellschaft sowie einem Wiederaufbau der Provinz zuzustimmen. Im Gegenzug sicherte der Vorsitzende der MFDC zu, seine Kämpfer würden die Waffen niederlegen und Verhandlungen mit der Regierung aufnehmen. Doch vor offiziellen Verhandlungen mussten noch der politische und der militärische Flügel der MFDC wiedervereint werden, da sich beide in den vergangenen Jahren zu eigenständigen Einheiten entwickelt hatten. Eine Vereinigung beider Flügel sollte auf dem Kongress im Oktober realisiert werden.

Doch radikalere Kräfte insbesondere im militärischen Flügel der MFDC boykottierten die Versammlung, da sie nicht zu einer Aufgabe des bewaffneten Kampfes sind. So nahmen an dem Kongress insbesondere nicht die Anhänger des am 27. Mai 2003 verstorbenen Sidy Badji teil. Der Gründer des militärischen Flügels Atika war ein langjähriger Rivale Diamacounes. Doch auch das Fehlen anderer Hardliner, wie des Führers des radikalen MFDC-Flügels Alexandre Djiba, nährte die Skepsis bei den Beobachtern, ob tatsächlich ein umfassender Friedensschluss realistisch sei. Der MFDCPräsident Diamacoune und sein Generalsekretär Jean-Marie Francois Biagui, bemühten sich alle Zweifel zu zerstreuen und beteuerten den Friedenswillen aller Menschen in der Casamance: "Die Rebellion macht heute keinen Sinn mehr", erklärte Diamacoune. "Daher wiederhole ich meine Anordnung, alle Waffen niederzulegen". Sein Generalsekretär bekräftigte nochmals, der Krieg sei nun endgültig vorbei, und äußerte den Wunsch, der Staatspräsident möge nun Garantien für die Umsetzung eines Friedensschlusses geben.

Doch wie heikel trotz der zur Schau getragenen Friedensbereitschaft noch immer die Lage in der Casamance ist, machte eine Begebenheit am Rande des Kongresses deutlich. Wegen eines Interviews mit dem Hardliner Alexandre Djiba wurde beinahe die französische Journalistin Sophie Malibeaux des staatlichen französischen Radiosenders Radio France Internationale des Landes verwiesen. Die Behörden warfen der Journalistin vor, mit ihrem Interview und "tendenziöser Berichterstattung den Friedensprozess zu sabotieren". Noch während des Kongresses wurde die Reporterin verhaftet und mit einem Sonderflug zu Verhören nach Dakar gebracht. Nur aufgrund französischer Intervention wurde die Ausweisung zeitweise ausgesetzt, doch schließlich musste die Journalistin das Land verlassen.

Doch nicht zum ersten Mal wurden Journalisten bei ihrer Berichterstattung über den Konflikt in der Casamance die Grenzen der Pressefreiheit im Senegal bewusst. So wurden die Reporter Sidi Diop und Thierno Talla von der Zeitung "Le Populaire" wegen der Veröffentlichung eines Dossiers über die Casamance von der Polizei in Dakar kurzzeitig festgenommen. Der Chefredakteur der Tageszeitung "Le Matin", Alioune Fall, wurde zum Verhör bestellt, als er in einem Artikel behauptete, die Rebellen könnten sich in der Casamance frei bewegen. Die scharfe Reaktion der Behörden im Falle des umstrittenen Interviews der französischen Reporterin zeigt, wie weit die Casamance noch immer von einer Friedenslösung entfernt ist.

Aus "pogrom / bedrohte Völker" (Nr. 221 - 5/2003).


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/3dossier/africa/darfur-de.html | www.gfbv.it/3dossier/africa/darfur-delis.html | www.gfbv.it/3dossier/africa/darfur-ibra.html | | www.gfbv.it/3dossier/africa/uganda.html
| www.gfbv.it/3dossier/africa/san.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-1/030110de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031111de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/031023de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030910ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030829de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-2/020808de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030826de.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/zuelch2.html

* www: www.un.org/ecosocdev/geninfo/afrec/vol19no1/191senegal.htm

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