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"Den Opfern des Terrors weltweit helfen"
Wirksame Menschenrechtsarbeit ist die beste Waffe gegen den Terrorismus
Gesellschaft für bedrohte Völker Logo
Bozen, 5.11.2001

Wie die Menschen in vielen Ländern und Kontinenten haben jeden von uns die Terrorangriffe auf New York und Washington entsetzt. Die Terrorangriffe sind gemäß der UN-Konvention gegen Völkermord als Genozid zu bezeichnen. Terroristen und ihre Helfer und Finanziere gehören aus diesem Grund vor den Internationalen Strafgerichtshof, für dessen schnellen Aufbau die GfbV sich immer wieder einsetzt. Militärschläge sind nicht die Antwort eines zivilisierten Landes, sie haben keine juridische Beweiskraft und folglich auch keine objektive Gültigkeit - es gilt nur das Gesetz des Stärkeren.
Wer den Terrorismus besiegen will, muss ihm durch Schutz der Menschenrechte die Grundlagen entziehen. Es darf nicht sein, dass diktatorische Regime staatlichen Terror zur Terrorismusbekämpfung umdefinieren können und dafür auch noch die schweigende Zustimmung des Westens ernten.
Dort, wo Menschenrechtsverletzungen verübt werden, liegt auch der Nährboden für die Gegengewalt und Terrorismus, wie das Beispiel Afghanistan deutlich macht. Duldung von Menschenrechtsverletzungen aus politischen Allianz-Überlegegungen heraus führt in der Regel zu Situationen, in denen die Gewalt die Geschehnisse bestimmt. Auch hierfür ist Afghanistan ein Beispiel.

Afghanistan - In den 80er Jahren machte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf das Völkermordverbrechen der sowjetischen Angreifer aufmerksam, dem eine Million Afghanen zum Opfer fielen. Vier Millionen Menschen flüchteten ins Ausland. In den Jahren nach dem Rückzug der Sowjetischen Armee warnten wir vor der einseitigen Aufrüstung der extremistischen Taliban durch westliche Länder und arabische Diktaturen und informierten detailliert über wiederholte Massaker an Tausenden Hazara, einer zwei Millionen Menschen zählenden mongolischen Volksgruppe in Zentralafghanistan. Unsere Stimme wurde von der Politik überhört.
Die Taliban entstanden als ein Versuch, in Afghanistan Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Auch die USA unterstützten die Taliban und hatten dabei ökonomische Hintergedanken: 1995 schloss die US-Ölfirma Unocal mit den Taliban einen Vertrag über den Bau einer Erdgaspipeline von Turkmenistan über Afghanistan nach Pakistan.
Damit Afghanistan Frieden findet, müssen nicht nur Osama bin Laden und seine Leute verschwinden. Vielmehr müssen auch die Taliban gestürzt werden. Allerdings hat auch die „Nordallianz", in der sich Gegner der Taliban zusammengeschlossen haben, und die durch die amerikanischen Militäraktionen begünstigt wird, in den letzten Jahren schwere Menschenrechtsverletzungen begangen. Für einen demokratischen Wiederaufbau muss deshalb unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eine neue Nationalversammlung („Loya Jirgah") mit Vertretern von allen ethnischen und religiösen Gruppen einberufen werden. Auch die gebildeten Eliten müssen in das Land zurückkehren können. In den kommenden Wintermonaten aber gilt es vor allem ein Massensterben in Afghanistan zu verhindern.

Pakistan - Die Diskriminierung und Verfolgung religiöser Minderheiten hat dazu geführt, dass viele Menschen das Land aus Angst vor übergriffen verlassen. Zu den Hauptopfern zählen neben den Christen auch die rund 3,5 Millionen Ahmadiyya-Muslime. Sie werden von der sunnitisch-muslimischen Mehrheitsbevölkerung als "Abtrünnige" angesehen. Die GfbV wandte sich wiederholt gegen das berüchtigte 295 C, das bei „Blasphemie“ die Todesstrafe vorsehen kann. 1986 wurde das islamische Recht, die Scharia, in Pakistan eingeführt. Die Religionszugehörigkeit aller pakistanischen Staatsbürger muss seit Beginn der 90-er Jahre in ihren Personaldokumenten verzeichnet sein. Die Christen sind recht- und schutzlos in Pakistan. Sie werden Opfer willkürlicher Verhaftungen, Frauen und Kinder werden vergewaltigt, ihr Eigentum geplündert. Der Mob der Straße greift die Appelle der Mullahs begierig auf und bedrängt mit Übergriffen Ahmadiyya-Muslime, Christen, Schiiten, nicht-orthodoxe Sunniten, Khodjas und Sikhs.

Iran - Viele Angehörige alteingesessener religiöser Minderheiten wie der Bahá-í, der Juden und der assyrisch-aramäischen Christen sind aus dem Iran geflüchtet. Sie können die fortgesetzte Diskriminierung und Verfolgung nicht länger ertragen. Der in Europa als Reformer geschätzte iranische Präsident, Sayed Mohamad Chatami, hat bisher weder etwas für die Respektierung der noch etwa 35.000 Juden unternommen noch hat er sich schützend vor die rund 300.000 Bahá-í gestellt. Die Bahá-í werden kollektiv verfolgt. Ständig müssen sie mit Verhaftung und Verurteilung zu hohen Strafen rechnen. Seit 1983 ist die Gemeinde der Bahá-í im Iran offiziell verboten, alle neun Mitglieder ihres Nationalen Geistigen Rates sind verschollen. Rund 10.000 Bahá-í wurden aus dem Verwaltung- und Bildungsbereich entlassen, Kindern und Jugendlichen wird die Schul-, Universitäts- und Berufsausbildung verweigert.

Syrien - Nur kurz dauerte der "kurdische Frühling" von Demokratie und Autonomie im iranischen Kurdistan (acht Millionen Einwohner). Das syrische Assad-Regime hat eine jahrzehntelange terroristische Tradition; er vernichtete die gesamte Einwohnerschaft der arabischen Stadt Hama. Seit 30 Jahren weist die GfbV immer wieder auf die Verfolgung der 1,5 bis 2 Millionen Kurden hin, auf das Verbot ihrer Institutionen, auf die Ausbürgerung von Hunderttausenden, auf die Zwangsumsiedlungen.

Südsudan, Nuba Berge - Dem fundamentalistischen Militärsystem im Sudan sind seit 1989 1,5 Millionen Schwarzafrikaner zum Opfer gefallen. Gezielt werden Krankenhäuser, Schulen, Kirchen, Transporte mit Hilfsgütern, Marktplätze und Nahrungsmittelverteilungszentren im Südsudan und in den Nuba-Bergen von der sudanesischen Luftwaffe bombardiert. Jahr für Jahr informiert die GfbV über Bombardements von Schulen und Krankenhäusern, über Lager, Sklaverei und Aushungerung. Im Sommer 2000 verhindern wir mit einer internationalen Informationskampagne, dass der Sudan als Unterstützer von Genozid und internationalem Terrorismus einen Sitz im UN-Sicherheitsrat erhielt.
Seit Jahren warnte die GfbV vor der Unterstützung des internationalen Terrorismus durch den Sudan. Die Führung des Sudan hat Osama bin Ladens weltweites Terrornetzwerk unverhohlen unterstützt. Als bin Laden zwischen 1991 und 1996 dort lebte, genoss er zahlreiche Privilegien. Auf persönliche Anordnung des noch heute amtierenden Staatspräsidenten Omar Al Bashir durfte er uneingeschränkt Sprengstoff, Zünder, Raketen sowie andere Waffen und Munition in den Sudan importieren. Nach Aussage ehemaliger Mitarbeiter unterhielt Bin Laden auf seinen Ländereien Trainingslager für muslimische Extremisten. Jetzt bemüht sich die US-Regierung auch beim sudanesischen Regime um Hilfe bei der Terrorbekämpfung.

China - Uiguren, Tibeter und Angehörige der Falun Gong werden immer häufiger Opfer der chinesischen Sicherheitskräfte. Während der Sommermonate 2001 unternahmen wir verschiedene Aktionen gegen die religiöse Verfolgung, u.a. die Vertreibung von 12.000 buddhistischen Nonnen und Mönchen aus ihren Klöstern in Tibet. Westliche Öl- und Erdgaskonzerne, die in Singkiang und Tibet investieren, weisen wir derzeit auf ihre Mitverantwortung für die Massenexekutionen von Uiguren und die Vertreibungen der Tibeter hin. Nach den Terroranschlägen in den USA hat China seine Mitarbeit in der globalen Anti-Terror-Koalition angeboten. Die USA äußerten sich zufrieden über erste Konsultationen mit chinesischen Sicherheitsexperten. Für die Kooperation wird jedoch eine Gegenleistung erwartet. Nach Jahren massiver Kritik des Westens an Menschenrechtsverletzungen in China, müsse die Weltöffentlichkeit nun endlich verstehen, wie wichtig die Terrorismusbekämpfung im Reich der Mitte sei, argumentieren die Machthaber in Peking. Als Terroristen sieht Chinas Führung auch die breite Mehrheit der friedlich für die Erhaltung ihrer Kultur und Religion eintretenden muslimischen Uiguren und buddhistischen Tibeter. Die Lage der Menschenrechte im chinesischen Herrschaftsbereich ist katastrophaler als je zuvor in den letzten 30 Jahren. In China werden mehr Menschen zum Tode verurteilt als insgesamt in allen anderen Ländern der Welt. Allein seit April 2001 wurden bereits mehr als 1.800 Menschen hingerichtet. Wer demokratische Parteien aufbaut oder Meinungsfreiheit im Internet praktizieren möchte, muss mit langjährigen Haftstrafen rechnen. Allein in den letzten Monaten wurden mehr als 8.000 Internet-Cafés von den Behörden geschlossen.

Tschetschenien - Seit der russische Präsident Wladimir Putin sich an die Seite der Koalition gegen den internationalen Terrorismus gestellt hat und die Politik von USA und NATO gegen Osama bin Laden unterstützt, ist die Kritik am Vorgehen russischer Truppen in Tschetschenien weitgehend verstummt. Dass die Tschetschenen derzeit zum dritten Mal in den vergangenen 60 Jahren Opfer eines Völkermords werden, kümmert die Politiker nicht. Zehntausende Tschetschenen starben 1944 während der Deportation unter Stalin nach Zentralasien. Der erste Tschetschenienkrieg, der mit der Invasion vom 11. Dezember 1994 begann, kostete schätzungsweise 80.000 Menschen das Leben. Die russische Führung argumentiert, sie nehme in Tschetschenien ihr legitimes Recht wahr, sich gegen Rebellen und Terroristen zur Wehr zu setzen. Bislang fielen diesem Genozid an den Tschetschenen etwa 50.000 Menschen zum Opfer. Seit der FSB im Frühjahr 2001 das Kommando in Tschetschenien übernahm und die russische Führung mehrere unabhängige Medien mundtot gemacht hat, dringen kaum noch Informationen aus dem Land nach außen.

Usbekistan - Das US-State Department hat im September 2001 seinen Bericht über die Einhaltung der Glaubensfreiheit weltweit zurückgehalten. Mögliche Partner für die Anti-Terror-Koalition sollten nicht verprellt werden. Besonders auch Usbekistan sollte nach den furchtbaren Attentaten in New York und Washington geschont werden. Denn geopolitisch kommt diesem zentralasiatischen Land schon durch seine beiden großen Militärflughafen nahe der Grenze zu Afghanistan eine wichtige Rolle zu.
Seit 1997 wurden in Usbekistan mindestens 2.000 Menschen nur wegen ihres Glaubens inhaftiert. Viele von ihnen müssen drakonische Haftstrafen von 15 bis 20 Jahren verbüßen. Seit 1999 ist es gang und gebe, dass ganze Gruppen festgenommen und verurteilt werden.

Unterstützen Sie unsere Menschenrechtsarbeit und werden Sie Mitglied bei der Gesellschaft für bedrohte Völker:Link a InformazioniInfo; E-mail:E-Mailinfo@gfbv.it

Verschicken Sie den unten stehenden Brief an Staatpräsident Carlo Azeglio Ciampi


Brief an Staatspräsidenten
On. Carlo Azeglio Ciampi
E-Mail:E-mailpresidenza.repubblica@quirinale.it

Bitte helfen Sie den Opfern des Terrors weltweit!

Sehr geehrter Herr Staatspräsident,

mit Entsetzen und Trauer haben wir auf die brutalen Terroranschläge in New York und Washington D.C. reagiert. Die USA brauchen unsere Solidarität, was jedoch nicht heißt, dass man alle außenpolitischen Aktivitäten der USA von vornherein billigt, was vor allem nicht heißt, dass man über die Fehler dieser Politik in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart, schweigt - und was vor allem nicht heißt, dass man die Ungerechtigkeiten der Weltwirtschaft widerspruchslos hinnimmt.

Es war oft die Rede von einem "Angriff auf die zivilisierte Welt". Der Westen muss aber erst belegen, dass er zur zivilisierten Welt gehört. Die Antwort auf Terrorismus kann nicht Terrorismus sein; Gewalt ist keine angemessene Antwort auf die Gewalt. Jede Antwort, die zivile Opfer zur Folge hat, verliert ihre Rechtfertigung. Terrorismus kann nicht stillschweigend hingenommen werden, wenn der Westen einen kommerziellen oder politischen Nutzen davon hat. Es kann nicht sein, dass die russische Regierung ihren Völkermord in Tschetschenien jetzt als Teil der "Anti-Terror-Koalition" mit westlicher Unterstützung fortsetzt. Es kann nicht sein, dass die chinesische Regierung ihre blutige Unterdrückung der muslimischen Uiguren in der Provinz Xinjiang nun mit Billigung des Westens fortsetzt. Wir erinnern daran, dass Diktaturen wie in Irak, Iran und Sudan, die ebenfalls schwere Verbrechen begangen haben, von westlichen Regierungen mit Waffen hochgerüstet wurden; wir erinnern daran, dass Italien Waffen an die Kriegsparteien im Bosnienkrieg geliefert hat, dass das serbische Regime von Italien technologische Unterstützung erhalten hat.

Aus diesem Grund fordern wir Sie dazu auf, die Durchsetzung der Menschenrechte zum festen Bestandteil der Bekämpfung von Terrorismus zu machen, wie wir Sie auch auffordern, sich dafür einzusetzen, dass die Ungerechtigkeiten der Weltwirtschaft beseitigt werden und nicht ganze Erdteile in einem parakolonialen Zustand der Ausbeutung gehalten werden. Solange der Westen diese Ungerechtigkeiten trägt und zur täglichen Gewalt gegen ganze Völker schweigt, hat er keine Berechtigung, sich als "zivilisiert" zu bezeichnen.

Mit freundlichen Grüßen



Siehe auch:
Massaker an den Hazara
LinkDie Taliban in Mazar-e Scharif im August 1998. Von Andreas Selmeci
Die Freunde der Taliban
LinkAusländische Interessen in Afghanistan. Von Michael Pohly
Hat der Islamismus eine Zukunft?
LinkNur durch Gewalt halten sich die Mullahs an der Macht. Von Andreas Selmeci
Afghanistan ohne Chance?
LinkExterne Mächte haben die nationale Einigung bisher verhindert. Von Michael Pohly
Afghanistan
LinkVergessen wir nicht die Menschenrechte! Von Mateo Taibon
Afghanistan:
Link"Die USA haben Bin Laden erfunden". Von Matthias Abram
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