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Indien: Muslime bitten um Hilfe

Sechs Jahre nach Pogrom warten Opfer noch immer auf Unterstützung und Gerechtigkeit

Bozen, Göttingen, 13. November 2008

Indien, Orissa: 'Stop Violence Against Christians Rally'. Indien, Orissa: 'Stop Violence Against Christians Rally'.

Mit einem dramatischen Hilfsappell haben sich 300 muslimische Opfer eines Pogroms radikaler Hindu im indischen Bundesstaat Gujarat an die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gewandt. Seit Mittwoch befinden sich fünf Frauen und sechs Männer der Gruppe im Hungerstreik, den sie so lange fortsetzen wollen, bis die indischen Behörden ihnen endlich eine menschenwürdige Unterbringung garantieren. Bei dem Pogrom waren im Februar 2002 rund 2.000 Muslime ermordet worden. Unter Führung extremistischer Hindu-Organisationen hatten die Angreifer anhand von Todeslisten ganze Stadtviertel gezielt nach Muslimen durchsucht. Mehr als 150.000 Angehörige der religiösen Minderheit aus 990 Dörfern und 150 Städten mussten fliehen. Rund 30.000 von ihnen leben noch heute unter katastrophalen Bedingungen in provisorischen Hütten. Dem Pogrom folgten gezielte Wirtschaftsboykotte, die pauschal gegen muslimische Geschäfte und Firmen gerichtet waren.

"Die von der nationalistischen Hindu-Partei Bharatiya Janata Party (BJP) geführte Landesregierung von Gujarat verweigert diesen 30.000 muslimischen Flüchtlingen die Unterstützung und boykottiert jeden Versuch einer Bestrafung der Verantwortlichen der Ausschreitungen", kritisiert der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Schon vor Jahren seien ihnen von den Behörden Wasserleitungen, Toiletten, Elektrizität, Kanalisation und Schulen versprochen worden, berichtete Javed Vahora, der Sprecher der Hungerstreikenden, in einem Telefongespräch mit der GfbV. Die von ihm vertretenen 300 Muslime leben unter ärmlichsten Verhältnissen in der Stadt Sojitra (Anand Distrikt) in dem im Westen Indiens gelegenen Bundesstaat Gujarat.

"Mehr als 30 Briefe und Petitionen haben wir an die Stadtverwaltung sowie an die Landes- und Bundesregierung gerichtet, doch nichts ist passiert", sagte Vahora. "Die nationalistische Hindu-Regierung von Gujarat behandelt uns wie Menschen zweiter Klasse." Die vertriebenen Muslime hoffen nun, dass Druck aus dem Ausland ihre Lage verbessern wird. Gujarats Landesregierung, die tief in das Pogrom verstrickt war, schürt weiterhin ein Klima der Angst unter Muslimen, die es aus Furcht vor neuen Übergriffen kaum wagen, ihre verfassungsmäßig verbrieften Rechte einzufordern. Die juristische Aufarbeitung der Gewalttaten stockt, obwohl der Oberste Gerichtshof Indiens im August 2004 anordnete, dass 1.594 bereits abgeschlossene Ermittlungsverfahren neu aufgerollt werden müssen. Muslime stellen 13,4 Prozent der Bevölkerung Indiens.