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Yezidi

Rassenwahn und Religionsfanatismus

Von Khalil J. Rashow

In den yezidischen Dörfern bleiben vielfach nur die alten Menschen zurück. Foto: H. Garrer Die größte Gruppe der Yezidi lebt im Irak. Ihre Zahl wird dort auf mehr als 400.000 Menschen geschätzt. Nach der Machtübernahme der Baath-Partei im Jahre 1968 wurde als Richtlinie der Politik beschlossen, dass die Yezidi "zu ihren arabischen Ursprüngen zurückehren" sollten. Sie wurden als eine vom Islam abgespaltene Gruppe betrachtet. Es wurden Programme entworfen, um die Demographie in den Siedlungsgebieten der Yezidi drastisch zu verändern.

Der Sinjar Bezirk
Anfang 1975 ließ die Regierung die Waffen der Yezidi beschlagnahmen, während zu gleich die arabischen Stämme der Region bewaffnet wurden. Nach der Niederschlagung der kurdischen Nationalbewegung am 9.5.1975 erließ die irakische Regierung den Befehl, alle mehr als 160 yezidischen Dörfer in der Sinjar-Region zu entvölkern und die Dorfbewohner zwangsweise in 12 Siedlungszentren unterzubringen. Die yezidischen Dörfer wurden zerstört, die Quellen und Brunnen zugemauert. Auch die heiligen Stätten und die Wallfahrtsorte der Yezidi wurden zerstört. Sieben der 12 Zentren lagen im Norden des Sinjargebirges, die restlichen fünf im Südendes Gebiets. Das Baath-Regime gab im Rahmen seiner Arabisierungspolitik den yezidischen Zentren arabische Namen. Das Baath-Regime versuchte, die Yezidi zum Übertritt zum Islam zu zwingen. Ihre Siedlungen wurden zu Kasernen. In jeder von ihnen wurden ein Büro der Baath-Partei sowie Niederlassungen des Sicherheitsapparates, der Volksarmee und der Polizei eingerichtet. Um die Bevölkerungsverteilung weiter zu Lasten der Yezidi zu verschieben, wurden drei dieser Zentren, Gir Zerik (= Al Adnania), Xirbe Quewala (= Al Qhattania) und Sipa Schekh Xidir (= Al Gasirah), dem arabischen Regierungsbezirk Al Ba'ag im Süden angeschlossen. Schließlich erließ der Revolutionsrat eine geheime Anordnung, die Bevölkerung in den 100 km südlich des Sinjarbezirkes gelegenen Al Hadir Bezirk zu vertreiben. Dadurch sollte ihr geschlossenes Siedlungsgebiet zerstört, sie selbst sollten unter Arabern angesiedelt werden und letztlich ihre Identität verlieren.

In den yezidischen Dörfern bleiben vielfach nur die alten Menschen zurück. Foto: GfbV Archiv Die Al Scheikhan Region
Das Siedlungsgebiet der Yezidi im irakischen Teil Kurdistans ist ein sensibles und strategisch wichtiges Gebiet an der Schnittstelle des kurdischen Gebirges. Diese mehrheitlich von Yeziden bewohnte Al Sheikan Region befindet sich am Fuße des Chins Bafian Gebirges, 46 km nord-östlich von Mosul. Ab Mitte 1975 setzte hier eine massive Arabisierungspolitik ein. Auch hier wurden die Yezidi aus ihren Dörfern vertrieben und in insgesamt neun Lagern angesiedelt. So wurden zum Beispiel die yezidischen Bewohner von neun Dörfern im Süden und Osten der Region in die Lager Mahat und Pauan vertrieben. An ihrer Stelle wurden arabische Siedler ansässig gemacht und mit Geld und Waffen unterstützt. Die yezidischen Einwohner des Lagers Alrisala stammen aus Ortschaften, die durch den Bau des Mosul-Staudammes (Saddam-Staudamm) überflutet wurden.

Am 16. März 1978 verabschiedete der Revolutionsrat die Anordnung Nummer 358, derzufolge der yezidische Landbesitz in der Scheikhan Region enteignet und auf Araber übertragen werden sollte. Die 15 km nordwestlich von Mosul gelegenen Städte Bashiqa und Bahsani sind zwei der wichtigsten Städte der Yezidi im Irak. Bahsani ist ein bedeutendes religiöses Zentrum mit zahlreichen heiligen Grabstätten. Beide Städte haben zusammen mehr als 15.000 Einwohner. Seit Jahren will das irakische Regime auch hier die demographischen Verhältnissen umkehren und 10.000 arabischstämmige Familien ansiedeln, für die auch 10 Moscheen errichtet werden sollen. Dieser Plan schürt in der yezidischen Bevölkerung große Ängste. Das größte Verbrechen an den Yezidi ereignete sich 1988 im Rahmen der Anfal Kampagne, bei der 182.000 Kurden nach Beendigung des irakisch-iranischen Krieges durch die irakische Armee getötet wurden. Damals verschwanden auch 176 Yezidi, überwiegend Mütter, Kinder und alte Menschen, die sich nach einer Amnestie vom 6.9.1988 der irakischen Armee ergeben hatten. Ihr Schicksal ist bis heute unbekannt, aber viele Indizien deuten darauf hin, dass sie hingerichtet wurden und dass viele von ihnen dem experimentellen Einsatz chemischer Waffen zum Opfer fielen.

Genozid
Unter dem Regime Saddam Husseins wurde die bis dahin weitestgehend funktionierende Eigenversorgung der Yeziden durch die Umsiedlungen und Enteignungen weitgehend zerstört. So mussten Yeziden nicht nur im Sheikhan und im Sinjar Gebiet ihre Dörfer räumen. Acht yezidische Dörfer um die Stadt Dohuk wurden zerstört. Die Einwohner wurden nach Shariya verschleppt. Die in den Dörfern im Elqush-Gebiet lebenden Yeziden wurden gezwungen, in die Dörfer Sheikha und Niseriye umzusiedeln. Die Yeziden aus den Dörfern im Feyde-Gebiet mussten in das Dorf Babire umsiedeln. Im Silivani-Gebiet wurden 13 yezidische Dörfer zerstört. Der yezidische Stamm der Hewiri wurde mit Gewalt aus seinem Gebiet vertrieben. Die Yeziden im Simele-Gebiet mussten ihre 13 Dörfer aufgeben und in das Dorf Khanike umsiedeln. Jeder Yezide, der versuchte, sich der gewaltsamen und unrechtmäßigen irakischen Landnahme zu widersetzen bzw. politisch dieses Thema zu diskutieren, wurde festgenommen, verschleppt und in den meisten Fällen umgebracht. In den neuen Kunstdörfern hat sich die einst gute wirtschaftliche Situation der Yeziden wesentlich verschlechtert. Die Yeziden müssen ohnmächtig zusehen, wie Araber auf ihren zwangsenteigneten Ländereien zu Wohlstand gelangen.

Aus pogrom-bedrohte Völker 213 (3/2002)


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/2007/070815de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040223de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-2/020823de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-2/020611de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/01-3/011116de.html | www.gfbv.it/3dossier/armeni/010720armeni.html | www.gfbv.it/3dossier/kurdi/orianikur.html

* www: www.yezidi.org | http://de.wikipedia.org/wiki/Jesiden | www.kurden.de | www.komkar.org | www.ihd.org.tr/eindex.html

Letzte aktual.: 29.8.2007 | Copyright | Suchmaschine | URL: www.gfbv.it/3dossier/kurdi/yezid-de.html | XHTML 1.0 / CSS / WAI AAA | WEBdesign: M. di Vieste; E-mail: info@gfbv.it.

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