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Streit um Großstaudamm überschattet Gründung des neuen Bundesstaates Telangana in Indien (2. Juni)

Premierminister Modi missachtet Rechte von Ureinwohnern - Generalstreik in Telangana

Bozen, Göttingen, 30. Mai 2014

Adivasifamilie im Flüchtlingslager (Foto: Dr. James Albert, GfbV). Adivasifamilie im Flüchtlingslager (Foto: Dr. James Albert, GfbV).

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat dem neuen indischen Premierminister Narendra Modi vorgeworfen, die Rechte indigener Völker grob zu verletzen. "Ohne Rücksicht auf die Proteste zehntausender Adivasi-Ureinwohner treibt Modi die Zwangsumsiedlung von 300.000 Menschen für das umstrittene Staudamm- und Bewässerungsprojekt Polavaram voran", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Modi erklärte nach seiner Regierungsübernahme das umstrittene Großprojekt zu einem nationalen Vorhaben und verfügte eine Gebietsreform, um den Widerstand der Bevölkerung gegen die Zwangsumsiedlung zu brechen. Der Bundesstaat Telangana, der am 2. Juni 2014 als 29. Bundesstaat Indiens gegründet wird, verliert durch die Reform 205 Dörfer. Aus Protest gegen diesen Eingriff wurde gestern in zehn Bezirken Telanganas ein eintägiger Generalstreik ausgerufen.

Modi hatte schon im Wahlkampf angekündigt, nach seiner Machtübernahme das Polavaram-Projekt mit Nachdruck voranzutreiben. Im Rahmen der ohne Rücksprache mit regionalen und lokalen Behörden sowie mit den betroffenen Dorfbewohnern durchgesetzten Gebietsreform werden ab sofort 205 Dörfer aus dem Distrikt Khammam in Telangana dem Reststaat Andhra Pradesh zugeordnet. Das seit Jahren durch Rechtsstreitigkeiten blockierte Großprojekt sieht den Bau einer 45 Meter hohen und 2,3 Kilometer langen Staumauer vor. Auf einer Länge von 150 Kilometer sollen Dörfer dem Stausee und von zwei Bewässerungskanälen weichen. Das Megaprojekt soll sowohl der Energieproduktion als auch der Bewässerung von Feldern dienen. Rund 85 % der Flächen entlang der beiden geplanten Kanäle sind jedoch schon heute bewässert, wenden Kritiker ein. Insgesamt sind von dem Projekt 276 Dörfer in mehreren Bundesstaaten betroffen, in denen überwiegend Adivasi leben. "Zwar sollen die Dorfbewohner finanziell entschädigt werden, doch in den rund 40 bislang entschädigten Siedlungen führten die Geldzahlungen nur zu neuem Streit und waren schnell aufgebraucht, weil findige Betrüger den Dorfbewohnern unnütze Versicherungspolicen verkauften", erklärte Delius.

Mit der Gründung des neuen Bundesstaates Telangana wird Andhra Pradesh am kommenden Montag rund 115.000 Quadratkilometer und 35 Millionen Einwohner verlieren. Bislang stellten die 6 Millionen Adivasi rund 7% der Bevölkerung Andhra Pradeshs. In Telangana leben besonders viele Ureinwohner von den Adivasi-Völkern der Gond, Koya und Konda Reddy unter der Armutsgrenze. Ihre durchschnittliche Lebenserwartung ist nur 40 Jahre. Von dem neu gegründeten Bundesstaat erhoffen sie sich kaum eine Besserung ihrer katastrophalen Lage, da sowohl Politiker aus Telangana als auch aus Andhra Pradesh ihre Landrechte ignorieren und ihr Land für immer neue Großprojekte nutzen.

"Wir befürchten, dass Modis Regierung weitere Zwangsumsiedlungen plant und ein umstrittenes Kanal-Projekt zur Verbindung von 37 Flüssen realisiert." Das Projekt war unter seiner BJP-Partei entwickelt worden, kam aber mangels Geldgebern nicht voran. Frau Uma Barthi, die neue BJP-Ministerin für die Entwicklung der Flüsse, gilt als große Anhängerin des Mega-Projekts. Menschenrechtler und Umweltschützer bezeichnen die Pläne als irrwitzig.