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Nigeria / Biafra: Mindestens 35 Tote bei blutiger Niederschlagung von Protesten

Unabhängige Kommission soll Gewalteskalation in Nigeria untersuchen

Bozen, Göttingen, 1. Juni 2016

Der Biafra-Aktivist Samuel Ukeje nahm im September 2015 an einer Podiumsdiskussion der GfbV teil. Dort sprach er über die Kriminalisierung friedlicher Demonstranten in Biafra. Foto: Sandy Naake / GfbV. Der Biafra-Aktivist Samuel Ukeje nahm im September 2015 an einer Podiumsdiskussion der GfbV teil. Dort sprach er über die Kriminalisierung friedlicher Demonstranten in Biafra. Foto: Sandy Naake / GfbV.

Nach dem gewaltsamen Tod von mindestens 35 Biafranern im Südosten Nigerias, die bei der blutigen Niederschlagung von Protesten durch Polizei und Militär am Montag ums Leben gekommen sind, hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission gefordert. "Es muss von unabhängiger Seite geklärt werden, wer die Verantwortung für den Einsatz von scharfer Munition trägt und aus welchem Grund auf die Demonstranten geschossen wurde", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Sollte Nigerias Parlament nicht zur Untersuchung der Vorfälle bereit sein, dann werden wir das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen bitten, die Hintergründe der tödlichen Eskalation zu klären. Denn Straflosigkeit wird nur neue Gewalt in Biafra schüren. Eine unabhängige Untersuchung ist dringend erforderlich, um angesichts äußerst unterschiedlicher Darstellungen der Vorfälle die Fakten zu klären und Verantwortliche zu benennen."

Während das Militär seinen harten Einsatz mit der Selbstverteidigung seiner Soldaten rechtfertigt und nur den Tod von zehn Personen einräumt, behaupten Biafra-Aktivisten, bei einem unangemessenen Einsatz der Sicherheitskräfte habe es 35 Tote, 207 Verletzte und 403 Festnahmen gegeben. Die Katholische Bischofskonferenz Nigerias (CBCN) hat das Argument der angeblichen "Selbstverteidigung" der Sicherheitskräfte bereits zurückgewiesen und erklärt, die Tötungen könnten auch nicht durch eine noch so große Provokation gerechtfertigt werden.

Hintergrund der Proteste waren Feiern zum 49. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Biafras von Nigeria am 30. Mai 1967. Aktivisten hatten in ganz Biafra zu Gebetsveranstaltungen in Kirchen und zu öffentlichen Demonstrationen aufgerufen, an denen tausende christliche Biafraner teilnahmen. Sicherheitskräfte drangen auch in Kirchen ein, um Proteste niederzuschlagen und Demonstranten festzunehmen, berichteten Augenzeugen. Die schlimmsten Vorfälle ereigneten sich in der Stadt Onitsha im Bundesstaat Anambra. Dort kamen mindestens 30 Menschen zu Tode.

Zwischen Dezember 2015 und Mitte Mai 2016 sind mehr als 30 Demonstranten in Biafra bei massiven Einsätzen der Sicherheitskräfte getötet worden. "Nach dieser erneuten Gewalteskalation dürfen die Verantwortlichen nicht straflos bleiben" forderte Delius, "denn sonst droht der Südosten Nigerias im Jahr 2017, wenn sich der Beginn des Völkermords in Biafra zum 50. Mal jährt, in Gewalt zu versinken."