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Libyen: Gaddafi fürchtet um die Macht

Einschüchterung und Verhaftung von Berber-Ureinwohnern in Libyen

Bozen, Göttingen, 17. Februar 2011

Libyen abgeschobene Flüchtlinge in den Hafen von Tripolis. Foto: CIR. Libyen abgeschobene Flüchtlinge in den Hafen von Tripolis. Foto: CIR.

Mehr als ein Dutzend Aktivisten der Berber-Ureinwohner wurden seit Mitte Dezember 2010 in Libyen von Geheimpolizisten aufgesucht, verhört und bedroht. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen berichtete am Donnerstag, zwei junge Menschenrechtler, die für das marokkanische "Königliche Institut für masirische Kultur" (IRCAM) einen Report über die Lage der Masiren (Berber) in Libyen schreiben sollten, wurden am 16. Dezember in ihrer Wohnung in Tripolis von Geheimpolizisten festgenommen. Die Brüder sind seither in Haft. Sie befinden sich zurzeit im Gefängnis von Jdaida. Ihnen wird "Spionage" und "Zusammenarbeit mit Israel" vorgeworfen.

"Die Vorwürfe gegen Mazigh Fathi und Madghis Bouzekhar sind absurd", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "Die Zwillinge, die Mitglieder der masirischen Jugendorganisation "Congrès de la Jeunesse Amazighe" sind, wollten nur die im Ausland wenig bekannte schwierige Lage der Ureinwohner Libyens dokumentieren." In der arabischen Welt hätten solche Beschuldigungen jedoch eine große Tragweite, da die Betroffenen so nachhaltig diffamiert und isoliert werden. Madghis wurde einen Monat lang in Isolationshaft gehalten und dabei immer wieder gefoltert.

"Offensichtlich fürchtet Staatschef Muammar al-Gaddafi ein Aufbegehren der Masiren, wenn er jetzt so massiv gegen engagierte Aktivisten vorgeht, sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Seit Anfang Januar 2011 verfolgt Gaddafi mit wachsender Nervosität die öffentlichen Proteste in den Nachbarstaaten und trifft mit Umbesetzungen innerhalb seiner Armee Vorkehrungen gegen mögliche Umsturzversuche im eigenen Land. Berichten von Nichtregierungsorganisationen zufolge ist es am Mittwoch zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten in der Stadt El Badia gekommen, bei denen vier Menschen starben.

Mit der Anerkennung des kulturellen und historischen Erbes der Masiren tut sich Gaddafi schwer. Mehrfach hat er gedroht, alle Personen, die sich als Nicht-Araber bezeichnen, auszuweisen. "Der exzentrische Staatschef reagiert äußerst empfindlich auf jedes öffentliche Interesse am Schicksal dieser Minderheit", berichtete der Menschenrechtler. So wurde der Politische Sekretär der US-Botschaft in Tripolis, Kuck Reynolds, am 8. November 2010 zur Ausreise aus Libyen aufgefordert, nachdem er sich in der Stadt Yafren im Südwesten des Landes über die Lage der Masiren informiert hatte.

Die Masiren, die rund zehn Prozent der Bevölkerung Libyens stellen und zu denen auch weit mehr als zehntausend Tuareg im Südwesten des Landes zählen, sehen sich nicht als Araber an. Sie pflegen eine andere Kultur, sprechen eine andere Sprache und haben andere Wertvorstellungen als die arabische Mehrheitsgesellschaft.