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Diskriminierung von Sinti und Roma in Italien

Rassismus muss durch eine angemessene Integrations- und Wohnpolitik überwunden werden

Bozen, 11. Juli 2008

Roma-Gedenkfeier in Verona, 8. April 2002. Foto aus Romano Lil, http://romanolil.blog.tiscali.it/.
Roma-Gedenkfeier in Verona, 8. April 2002. Foto aus Romano Lil, http://romanolil.blog.tiscali.it/.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist in grosser Sorge über dem immer feindlicherem Klima gegenüber den Minderheiten der Sinti und Roma in Italien. Die Erklärungen verschiedener Politiker und administrativer Verwalter erinnern allzu gefährlich an die vergangen geglaubte Zeit des Faschismus, als in Italien Rassengesetzte erlassen wurden. Die heutige Lage ist äußerst besorgniserregend, denn anstatt an eine Integrationspolitik der Sinti und Roma zu denken, schüren italienische Politiker Rassenhass und billigen Populismus. Eine gefährliche Haltung, die nur dazu dient, Vorurteile sowohl in der Mehrheitsbevölkerung als auch in den Minderheiten weiter auszubauen.

Auch die nur allzu tolerante Haltung der europäischen Institutionen gegenüber der italienischen Regierung lässt die GfbV befürchten, dass es sich dabei um eine stille Zustimmung zu dieser gefährlichen und rassistischen Regierungspolitik handelt. Nicht nachvollziehbar ist auch die "Entrüstung" der Minister Maroni und Frattini über die gestern in Strassburg gewählte Resolution, die sich in Wahrheit nur auf die geplante Gesetzesvorlage, Fingerabdrücke von Sinti und Roma zu nehmen, bezieht. Es dürfte wohl augenscheinlich sein, dass die Aufnahme von Fingerabdrücken einer einzigen Gruppe von Menschen, begründet allein durch ihre ethnische Angehörigkeit, ein klarer und unbestreitbarer Fall von Rassendiskriminierung ist.

Hinter dem so genannten "Problem der Roma" verbirgt sich in Wirklichkeit eine katastrophale Integrations- und Wohnpolitik der italienischen Regierungen gegenüber der Sinti- und Roma-Minderheiten. Während der letzten Berlusconi-Regierung hat die starke Opposition der Lega Nord bezüglich der offiziellen Anerkennung der Sinti und Roma als Minderheit erreicht, dass Sinti und Roma von der offiziellen Liste der italienischen Minderheiten im Rahmen des Minderheitengesetztes 482 von 1999 ausgeschlossen wurden. Die volle Umsetzung des Gesetzes wurde seit seiner Annahme immer wieder stark behindert, im Fall der Sinti und Roma allerdings ist die Situation mehr als kritisch: durch die fehlende gesetzliche Anerkennung als Minderheit können sie nicht einmal auf Mindestgarantien für ihre Rechte hoffen. Die Ausgrenzung von Sinti und Roma in schändlich verfallenen so genannten "Zigeunerlagern" ist in Italien zur Regel und Normalität geworden. Italien ist das einzige Land der Europäischen Union, in dem die öffentliche Hand ein ganzes Netz von Ghettos organisiert und betreibt. Auf diese Weise wird Sintis und Romas jegliche Möglichkeit genommen, im sozialen und öffentlichem Leben mit zu wirken und sich in der Gesellschaft integrieren zu können.

Die heutigen leider erschreckend vorsichtigen Verurteilungen der italienischen Roma-Politik seitens der europäischen Institutionen sind jedoch nicht neu: schon 2005 erklärte die Europäische Kommission für Soziale Rechte (ECOSOC) die Kollektive Beschwerde gegen Italien, die vom Europäischen Komitee für die Rechte der Roma (ERRC) eingereicht wurde, als gültig und bestätigte somit den Vorwurf des ERRC, Italien verfolge theoretisch und praktisch eine Rassenabsonderung der Sinti und Roma im Bereich der Wohnpolitik.

In den letzten Jahren wurde seitens der Regierungen nicht einmal ansatzweise eine Wohnpolitik zu Gunsten von Sinti und Roma versucht; jegliche Verantwortung für die Lösung aller damit verbundenen Probleme wurde an die einzelnen Gemeinden abgetreten. Was erartet uns noch nach den bereits tragischen und erschreckenden Geschehnissen in den Rom-Lagern von Neapel und Mailand im Mai 2008? Und, welche Minderheit wird die populistisch-rassistische Haltung der italienischen Regierung als Nächste treffen?


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/20041026-de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060407de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060920de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050425de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040422de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040823de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041018de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041222ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/041201de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-2/020821de.html | www.gfbv.it/3dossier/errc-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/sinti-rom/rom.html | www.gfbv.it/3dossier/rom-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/linkgfbv.html#rom

* www: www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+MOTION+B6-2005-0273+0+DOC+XML+V0//DE | www.coe.int/t/e/human_rights/esc/4_Collective_complaints/List_of_collective_complaints/ | www.errc.org | www.eumap.org

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