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Botswana / Buschleute

Alternativer Nobelpreis für inhaftierten Führer der San in Botswana ist "schallende Ohrfeige" für diskriminierende Ureinwohner-Politik

Bozen, Göttingen, 29. September 2005

Als "schallende Ohrfeige für die Regierung Botswanas und ihre diskriminierende Ureinwohner-Politik" hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die am heutigen Donnerstag in Stockholm angekündigte Verleihung des Alternativen Nobelpreises an den bedeutendsten Vertreter des Ureinwohner-Volkes der San, Roy Sesana, bezeichnet. Der 76 Jahre alte Medizinmann und Vorsitzende der 1992 gegründeten Menschenrechtsorganisation "First People of the Kalahari" (Ureinwohner der Kalahari) mache seit Jahren unermüdlich auf die Vertreibung der Buschleute aus dem Kalahari Wildpark (Central Kalahari Game Reserve) aufmerksam. "Für Botswanas Regierung kommt die Auszeichnung dieses Staatsfeindes Nummer eins äußerst ungelegen, hatte sie ihn doch erst am vergangenen Wochenende gemeinsam mit 20 Mitstreitern verhaften und inhaftieren lassen, als er gegen die Zwangsumsiedlung der San protestierte", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "Wir hoffen, dass der Preisträger nun freigelassen wird, Botswanas Behörden die Ureinwohner nicht länger kriminalisieren und die aus der Kalahari vertriebenen San in ihre Heimat zurückkehren können."

Weit über Botswana hinaus sei die Auszeichnung aber auch wichtig, weil sie auf den Überlebenskampf der indigenen Völker Afrikas aufmerksam mache. So würden auch ihre enormen Anstrengungen gewürdigt, sich in Organisationen zusammenzuschließen, um ein Ende ihrer Diskriminierung zu fordern. Der Aufbau von Selbsthilfeorganisationen der indigenen Völker Botswanas seit Beginn der 90er Jahre sei beispielhaft und ohne Sesanas Engagement undenkbar gewesen. Weltweites Aufsehen habe Sesana bei Reisen in die USA und nach Großbritannien im Jahr 2004 erregt, als er im US-Kongress, beim Permanenten Forum indigener Völker der Vereinten Nationen in New York sowie bei indianischen Partnerorganisationen über die Hintergründe der Vertreibung der San informierte. Sesana, der der Untergruppe der Buschleute der Gana und Gwi angehört, sieht den angestrebten Abbau von Diamantenvorkommen als Hauptgrund für die Zwangsumsiedlung der San aus der Kalahari. Die Behörden begründen die Umsiedlung mit einer angestrebten Verbesserung der Lebensbedingungen der Ureinwohner, die jedoch niemals gefragt wurden, ob und wohin sie umsiedeln wollen. So ist die Vertreibung der San auch Ausdruck der allgemeinen Geringschätzung der heute noch rund 49.000 Buschleute in Botswana, die als Menschen "zweiter Klasse" behandelt werden.

Seit rund 30.000 Jahren leben San als Jäger und Sammler in der Kalahari. Nachdem die Behörden im Jahr 2002 den im Wildpark verbliebenen etwa 2.200 Buschleuten Strom und Wasser abgestellt hatten, um sie zu vertreiben, suchte Sesana Recht vor dem Obersten Gerichtshof. Über seine Klage ist bis heute nicht entschieden. Das Verfahren wurde jüngst auf Februar 2006 vertagt. Erst gestern hat die GfbV 3.000 ihrer Mitglieder gebeten, sich an einer E-Mail- Aktion für die Freilassung Sesanas zu beteiligen. Auch appellierten sie an den Präsidenten Botswanas, endlich die Rückkehr der aus dem Kalahari-Wildpark zwangsumgesiedelten Buschleute zu gestatten. Seit mehr als 15 Jahren setzt sich die GfbV für ein Ende der Diskriminierung der indigenen Völker Botswanas ein.

Zitate von Roy Sesana (Vorsitzender von "First People of the Kalahari")

"Wir wollen nach Hause zurückkehren und über unser eigenes Schicksal selbst entscheiden können".

"Bevor wir umgesiedelt wurden, erreichten unsere Leute ein hohes Lebensalter. Nun gibt es neue Krankheiten und die Zahl der Toten in den Flüchtlingslagern ist hoch".

"Uns wird nicht erlaubt unsere Toten auf den Land unserer Vorfahren zu bestatten. Stattdessen müssen wir sie nahe der Umsiedler-Lager beerdigen".

"Es gibt keine Entwicklungsprojekte für uns - nur einen Plan, die Kultur der Buschleute zu vernichten und das Land für Diamantenschürfer zu räumen, insbesondere für das Unternehmen De Beers".

"Mein Bruder zählt zu denen, die getötet wurden im Kampf für die Rechte unseres Volkes. Vor vier Jahren starb er unter den Schlägen und der Folter von Sicherheitskräften". (Zitat vom Oktober 2004)

"Natürlich ändern sich unsere Lebensbedingungen, aber wir wollen kontrollieren, was passiert - wir wollen selbst entscheiden, ob Bergbau betrieben wird und was mit dem Erlös geschehen soll".

"Die Umsiedlung bedeutet das Ende der Buschleute".

"Ich bin ärgerlich. Wir wollen zu dem Land zurückkehren, weil es unser Land ist, das Land unserer Vorfahren".

"Unsere Regierung sagt, wir würden an unserer alt hergebrachten Lebensweise festhalten, doch sie vernichten unsere Kultur. Es gibt ein altes Sprichwort, das sagt, eine Nation ohne Kultur ist tot. Wir sind am Sterben".

"Wir werden als Bürger zweiter Klasse behandelt: Wir sind nicht wie andere Menschen, die über alle ihre Bürgerrechte und über ihr Recht auf eine eigene Sprache verfügen. Unsere Sprache wird in den Schulen nicht unterrichtet - das ist unmenschlich und entwürdigend. Es gibt für uns keine Zukunft, wenn sich dies nicht ändert".


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050928de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040107de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030926de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030829de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/02-2/020808de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030826de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/03-2/030808ade.html | www.gfbv.it/3dossier/diritto/ilo169-conv-dt.html

* www: www.khoisanpeoples.org | www.ilo.org

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